Bücherzelle in Halle Bücherzelle in Halle: Rettung von Büchern vor dem Altpapier

Halle (Saale) - In Boxen, Regalen, ja sogar in Baumstämmen und Kühlschränken finden gebrauchte Bücher heutzutage eine neue Bleibe. Das entspricht nicht nur dem Tausch-Zeitgeist, sondern ist auch ein Blickfang. So wie die knallrote Telefonzelle auf dem Markt in Halle.
Seit Anfang Juli können Bücher zum Weiterlesen in einem britischen Telefonhäuschen abgegeben und mitgenommen werden. Die öffentliche Bücherzelle ist eine Aktion des Vereins „Freunde der Stadtbibliothek“ und im Osten Deutschlands auch eine kleine Seltenheit. Nur in Plauen gebe es noch eine originale Telefonzelle aus London als umfunktionierter Bücherschrank, bundesweit seien es insgesamt 20, wie Vereinsvorsitzender Wolfgang Kupke sagt.
Abwechslung in der Lese-Zelle
Er ist auch damit beschäftigt, mindestens einmal in der Woche für Abwechslung in der Lese-Zelle zu sorgen. „Romane, Sachbücher, Bildbände, die Leute bringen alles Mögliche hier her. Oft aktuelle und gut Erhaltenes.“ Aber auch „vergilbte“ und „zerfledderte“ Exemplare aus der DDR sowie technische und medizinische Bücher, die längst überholt sind, finden sich sehr zum Unmut von Kupke in dem öffentlichen Bücherschrank wieder. Erst vergangene Woche musste er wieder eine volle Bananenkiste Bücher aussortieren. „Dann ist es eher ein Retten vor dem Altpapier“.
Dabei hoffe der Verein vor allem, Menschen mehr zum Buche zu führen. Weitere „Futterstellen für Lesehungrige“ stehen am halleschen Bergzoo und in Neustadt, in Gelb und noch mit funktionierendem Telefon-Apparat. „Die positive Resonanz hat uns motiviert, auch eine Bücher-Telefonzelle auf dem Marktplatz aufzustellen.“
Viel zu wenig Leser in der Stadtbibliothek
Eine regere Nutzung von Büchern wünscht sich der Verein für die Stadtbibliothek in Halle. „Wir haben viel zu wenig Leser in der Stadtbibliothek“, beklagt Kupke. Gemessen an der Gesamtbevölkerungszahl nutzen gerade mal etwa sieben Prozent der Hallenser das Angebot des kostenlosen Leihens. Das sind etwa 14.000 Leser. Im Vergleich: Deutschlandweit gab es im Jahr 2015 etwa 7,3 Millionen aktive Entleiher in öffentlichen Bibliotheken.
Die Bücherspenden außerhalb der Telefonzelle nimmt der Verein im Riesenhaus in der Großen Brauhausstraße mittwochs zwischen 14 und 17 Uhr entgegen. Auch Bücherbasare werden von Ehrenamtlichen regelmäßig organisiert.
Eine Frage noch: Wie ist die Telefonzelle eigentlich nach Halle gekommen? Das Telefonhäuschen stand Jahre auf einem ehemaligen Kasernengelände der britischen Armee in Hannover. Bis sie eines Tages ein Kantinenbetreiber verkaufte. Sogar britische Münzen klebten noch hinter dem Telefon-Apparat. (mz)