Bodo Meerheim Bodo Meerheim: Linke-Fraktions-Chef im Stadtrat hat sich gegen Corona impfen lassen

Halle (Saale) - Bodo Meerheim, Chef der Linksfraktion im halleschen Stadtrat, hat das Angebot von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) angenommen und sich gegen das Coronavirus impfen lassen.
„Ja, ich gehöre zu jenen zehn Stadträten. Ich habe große Angst, infiziert zu werden und habe zunächst nichts Falsches dabei gesehen“, sagte Meerheim der MZ. Im Nachgang betrachtet, sei es ein Fehler gewesen. „Ich hätte das nicht tun sollen, ich bin aber auch nur ein Mensch.“
Der OB habe in einer Gesprächsrunde mit den Fraktions-Chefs angeboten, dass sich Stadträte impfen lassen können, wenn die Impfkategorie 3 erreicht ist – das sind beispielsweise Mitarbeiter der Justiz oder Polizisten.
„Ich habe diesen Weg für richtig gesehen. Dann kam der Anruf, dass ich mich auch jetzt schon immunisieren lassen könnte. Zweimal habe ich abgesagt, beim dritten Mal bin zur Impfung gegangen. Das ist zwei Wochen her“, so Meerheim.
Parteifreunde kritisierten Meerheims Vorgehen am Samstag. „Ich kann das nicht nachvollziehen und es war zweifelsohne ein Fehler“, sagte Eva von Angern, Linken-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl. „Gerade in Zeiten der Pandemie ist Solidarität geboten. Die aus Halle bekannt gewordene Zahl der zusätzlich Geimpften zeigt, dass wir ein grundsätzliches Problem haben, das dringend geklärt werden muss", so von Angern. Wiegand hatte erklärt, dass in Halle bislang 585 Menschen mit übrig gebliebenen Dosen geimpft worden seien.
Zehn Stadträte in Halle vorfristig geimpft: "fatales Zeichen für Menschen unserer Stadt"
Unterdessen üben SPD und FDP scharfe Kritik am OB und den Räten, die sich geimpft haben. „Die fünf StadträtInnen der SPD-Fraktion haben das Impfangebot der Stadt Halle nicht angenommen. Es gibt eine klare Richtlinie, nach der die Impfungen erfolgen sollen. Wir respektieren diese Reihenfolge und setzen uns dafür ein, dass sie eingehalten wird. Die Tatsache, dass zehn Mitglieder des Stadtrates aufgrund ihrer Funktion eine Impfung erhalten haben, ist ein fatales Zeichen für all die Menschen in unserer Stadt, die zu Risikogruppen gehören und noch auf ihre Impfung warten müssen.
Es ist völlig unklar, wer hier welche Kriterien angelegt hat - und das muss schleunigst transparent aufgeklärt werden. Hier wurde ohne Not Vertrauen verspielt", sagte SPD-Fraktions-Chef Eric Eigendorf.
FDP sieht Rücktrittsgrund für Wiegand
Der stellvertretende Kreisvorsitzende der FDP, Andreas Silbersack, sieht im Handeln des OB einen Rücktrittsgrund. „Sein Verhalten disqualifiziert Herrn Wiegand für das Amt des Oberbürgermeisters.“ Einerseits gebe es viele berechtige ältere Menschen, die dringend eine Impfung benötigen. Sollte es tatsächlich zu spontanen Terminabsagen gekommen sein, hätte sich auch aus ihrem großen Kreis kurzfristig jemand gefundenen.
„Andererseits - und das ist der entscheidende Aspekt - fordert Herr Wiegand seit Beginn der Pandemie in jeglicher Situation von den Hallensern Solidarität ein und drangsaliert die Einwohner mit unverhältnismäßigen Maßnahmen. Beispiele dafür sind die überzogene Schließung des Wochenmarktes, sowie die Ausrufung des Katastrophenfalles im Frühjahr des letzten Jahres.
Sich bereits jetzt vor stark gefährdeten Personen impfen zu lassen, ist vor allem moralisch absolut verwerflich. Wer zum Nachteil der vulnerablen Gruppen unserer Stadt handelt, muss persönliche Konsequenzen ziehen“, so Silbersack. (mz)