Blasorchester Halle-Neustadt Blasorchester Halle-Neustadt: Lehrer und Vater der Musiker-Generationen
Halle/MZ. - Es ist vielleicht nicht entscheidend, aber doch ganz interessant, dass Wolfgang Töpfer das Jugendblasorchester Halle-Neustadt schon dirigierte, als sein Nachfolger Enrico Rummel noch gar nicht geboren war. Dieser Vergleich macht deutlich, dass am 8. Juni, wenn im Steintor-Varieté offiziell der Stab übergeben wird, eine Ära zu Ende geht.
De gestrige Pressekonferenz zum Stabwechsel konnte freilich nur in der Neustädter Humboldt-Schule stattfinden. Denn das Jugendblasorchester (JBO) ist ein Schulensemble, das sich über schwierige Jahre hinweg glänzend behauptet hat. Drei ehemalige Mitglieder des JBO war gestern gekommen - Musiker, die nach der Schulzeit eigene Ensembles gründeten, ohne die die Blasmusik in Halle heute nicht der Rede wert wäre. Holger Lohmeyer, Vorsitzender des Musikvereins Halle-Neustadt, sprach für sie alle: "Im Grunde haben wir das Wolfgang Töpfer zu verdanken." Töpfer selbst lachte verschmitzt aus seinem braun gebrannten Gesicht und erzählte mit leuchtenden Augen von seinem Anwerbungs-System, das letztlich die Existenz des Orchesters gesichert hat. "Jedes Jahr besuche ich alle vierten Klassen Neustadts", sagt er, "und kurze Zeit später kommen 50 Kinder zur ersten Vorstellung".
Dann werden Instrumente ausprobiert und ausgewählt, und bald beginnt der erste Schnupperkurs. Nach fünf Wochen bleiben meist "so 30 Schüler übrig, die dann Unterricht von Profis erhalten".
Was dabei heraus kommt: "In einem Schuljahrgang sind alle Orchesterinstrumente vertreten." Nachwuchsproblemen geht Töpfer, selber Saxofonist, dadurch auf geniale Weise aus dem Weg. "Ich bin eben ein Systematiker", sagt er und grinst. Eigentlich ist Töpfer, der mit seiner Lebensgefährtin in Seeburg lebt, Musiklehrer und unterrichtet noch bis Sommer an der Humboldt-Schule. 1972 hatte er sich jedoch aus dem Lehrerberuf verabschiedet, um das FDJ-Ensemble in Neustadt zu übernehmen - wozu auch das Blasorchester gehörte. Unzählige Konzertreisen und Erlebnisse häuften sich an. 1987 gehörte Töpfer für kurze Zeit sogar zu den wichtigsten Männern der DDR: Er war Dirigent der Musikschau beim Turn- und Sportfest in Leipzig.
Doch Töpfer winkt ab: "3 600 Musiker zu dirigieren, das war nicht das Wichtigste in meinem Leben." Er überlegt kurz: "Am schönsten ist doch, dass so viele von meinen Schüler weiter machen." Ein Leben voll von süßem Nichtstun kann man sich bei Wolfgang Töpfer auch künftig nicht vorstellen. Und in der Tat: Er will im Förderverein des JBO weiter arbeiten und seinen Nachfolger nach Kräften unterstützen. "Aber feste Bindungen, darauf verzichte ich jetzt erstmal", sagt er.