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Zoo feuert Ornithologen Bergzoo Halle feuert Vize-Direktor: Ornithologe muss gehen, weil er tote Vögel versteckt hatte

Von Dirk Skrzypczak 04.07.2017, 09:09
Aus­sichtsturm und Groß­vo­liere sind Wahr­zei­chen des Ber­g­zoos in Halle.
Aus­sichtsturm und Groß­vo­liere sind Wahr­zei­chen des Ber­g­zoos in Halle. Privat/Symbol

Halle (Saale) - Fast vier Jahrzehnte hat Timm Spretke für den Bergzoo in Halle gearbeitet. Sein Fachwissen als Ornithologe wurde überregional geschätzt. Und dann das: Auf dem Höhepunkt der Vogelgrippe im Frühjahr 2017 hatte der 63-Jährige mehrere tote Vögel in einem Kühlhaus des Zoos versteckt und den Fall weder seinem Direktor Dennis Müller noch den Behörden gemeldet.

Offenbar war Spretke in Sorge, dass die Vögel im Zoo vorsorglich getötet werden könnten - aus Furcht vor der Geflügelpest. Als Spretkes Handeln ans Licht kam, wurde er beurlaubt. Mittlerweile hat der Zoo das Arbeitsverhältnis mit seinem stellvertretenden Direktor beendet.

Der Fall schlägt hohe Wellen und führt zu Protesten. „Eine Abmahnung wäre akzeptabel gewesen. Einen solch verdienten Mitarbeiter zu entlassen, ist unserer Meinung nach eine völlig überzogene und respektlose Handlung“, kritisiert Marlis Koser vom Tierschutz-Verein Halle.

Zwar habe Spretke gegen geltende Gesetze verstoßen, „aber doch in der Absicht, dadurch viele Tierleben zu retten und dem Bergzoo eine vorübergehende Schließung zu ersparen“. 26 Jahre hatte der Tierschutz-Verein nach eigenen Angaben mit dem Ornithologen zusammengearbeitet und von seiner Kompetenz und Hilfsbereitschaft profitiert, so Koser.

Geflügelpest-Meldevergehen: Bergzoo Halle beendet Arbeitsverhältnis mit stellvertretendem Direktor

Wie nicht anders zu erwarten, geben sich die Verantwortlichen im Bergzoo einsilbig. „Zu laufenden Personalangelegenheiten geben wir keine Auskunft“, sagte Direktor Müller der MZ. Die Entscheidung, Spretke zu kündigen, hatte Müller gemeinsam mit den Mitgliedern im Aufsichtsrat getroffen. Bei einer derart ernsten Angelegenheit sei es üblich, dass einer Suspendierung die Kündigung folge, heißt es.

Offenbar soll Spretke seine Mitarbeiter angewiesen haben, ähnlich zu verfahren, hört man aus dem Aufsichtsrat. Dass die verendeten Vögel gar nicht der Geflügelpest zum Opfer fielen, sondern wohl durch eine Pilzerkrankung dahingerafft wurden, konnte Spretke auch nicht mehr retten. Der Vize-Direktor war unterdessen für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, soll sich nach MZ-Informationen aber gegen seine Kündigung zur Wehr setzen.

„Aktionsbündnis Vogelfrei“ erkennt keine verwerfliche Handlung Spretkes

Der Zoo verweist auf die Bestimmungen, die generell für den Umgang mit toten Tieren gelten. Demnach müssen alle verstorbenen Tiere pathologisch untersucht werden. Als die Vogelgrippe grassierte, war die Meldepflicht außerdem durch die Behörden angeordnet worden. „Wir achten in Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt und dem zuständigen Landesuntersuchungsamt in Stendal strikt auf die Einhaltung von seuchenrechtlichen Maßnahmen“, hatte der Zoo nach Bekanntwerden von Spretkes Suspendierung im April dieses Jahres erklärt.

Möglicherweise hatte sich der stellvertretende Direktor über die Anweisungen hinweggesetzt, weil er den Fall des Tierparks in Köthen vor Augen hatte. Dort wurden weit über 100 Vögel getötet, nachdem bei einem toten Trauerschwan die Geflügelpest nachgewiesen worden war.

Für das bundesweit agierende „Aktionsbündnis Vogelfrei“ hat Spretke nicht verwerflich gehandelt. „Sofern alle Sicherheitsmaßnahmen eingehalten wurden, gleicht die Aufstallung innerhalb eines Zoos einer geschlossenen Quarantäne.“ Insofern habe Spretke bewusst weder Anrainer noch Wildvögel gefährdet, „sondern das sinnlose Töten der Tiere in seiner Obhut verhindert“. Vielmehr müsse die unsinnige Geflügelpestverordnung, die Bürger zum Begehen von Straftaten nötige, geändert werden.

Der Tierschutz-Verein hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es für Timm Spretke eine Rückkehr auf den Reilsberg geben könnte. Angesichts der Vorwürfe gegen ihn scheint das allerdings aussichtslos zu sein.  (mz)