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Ausbildung Ausbildung: Sollen Spitzensportler Freiplätze an Universitäten im Land erhalten?

Von Walter Zöller 27.08.2019, 07:12
Universitäten, Sportorganisationen und Landespolitiker beraten, ob für Spitzensportler eine Studienplätze freigehalten werden sollten, wenn das Wunschfach einen örtlichen Numerus clausus besitzt.
Universitäten, Sportorganisationen und Landespolitiker beraten, ob für Spitzensportler eine Studienplätze freigehalten werden sollten, wenn das Wunschfach einen örtlichen Numerus clausus besitzt. imago sportfotodienst

Halle (Saale)/Magdeburg - Laufen, schwimmen, springen. Am Morgen Training, dann Schule oder Studium und später noch einmal schwitzen für den Erfolg. Wer als Spitzensportler bei Europa- und Weltmeisterschaften spitze sein will, braucht schon in jungen Jahren nicht nur Talent, Willenskraft und Ausdauer. Er benötigt auch Hilfe - will er zum Beispiel sportliche Höchstleistung und Wunschstudium unter einen Hut bringen.

Genau an dieser Stelle schwelt in Sachsen-Anhalt ein Konflikt, in dessen Mittelpunkt eine Handvoll Studienplätze für Spitzenathleten steht. Derzeit beschäftigen sich die Universitäten Halle und Magdeburg, der Olympiastützpunkt sowie das Innen- und das Wissenschaftsministerium damit. Und Anfang der Woche wird sich sogar der Koalitionsausschuss der Sache annehmen.

Individuelle Begutachtung für jeden Spitzensportler?

Es geht um die Studienfächer an den beiden Unis, für die es einen örtlichen Numerus clausus (NC) gibt. In Halle sind das 53 Fächer, die zu einem Abschluss wie Bachelor oder Staatsexamen führen, und 23 Masterstudiengänge. Und es geht um Spitzensportler, die zu den höchsten Sport-Kadern in Deutschland gehören und deren Notendurchschnitt nicht reicht, um ein solche Numerus clausus-Fach  zu belegen. Es herrscht Einigkeit, dass eine Zulassungsbeschränkung für das Wunschstudium keine Hürde sein darf. Derzeit wird diesen Athleten mit Hilfe der Härtefallregelung der Weg geebnet, sagt Christian Tietje, Rektor der Uni Halle. Dieses Verfahren sei eigentlich für soziale Härtefälle gedacht, wenn sich Studierende etwa dauerhaft um erkrankte Eltern kümmern.

Für jeden Spitzensportler müsse eine individuelle Begutachtung erfolgen. „Diese Regelung ist nicht praktikabel und für Leistungssportler nicht attraktiv“, sagt Tietje. Sie gingen an eine Uni in einem Bundesland, in dem es bereits eine Quote gebe. Diese Regelung sollte auch in Sachsen-Anhalt im Hochschulzulassungsrecht eingeführt werden. Tietje schlägt vor, dass pro Semester an den Universitäten in den Fächern mit örtlichem NC ein Prozent der Studienplätze freigehalten werden. Das sehe auch die Uni Magdeburg, der Olympiastützpunkt und der Landesinnenminister so. „Wir reden über ganz wenige Studienplätze, die so pro Jahr für Spitzensportler besetzt würden“, so Tietje.

Härtefallregelung auch weiterhin Teil des Hochschulzulassungsrechts

Das Wissenschaftsministerium- zuständig für Fragen des Studiums - zeigt sich auf MZ-Anfrage verwundert. Weder Ministerium noch Hochschulen hätten bislang Bedarf für eine feste Sportlerquote gesehen, heißt es. Etwaige Anfragen seien von Seiten der Hochschule unbürokratisch gelöst worden. Aus einer Liste des Innenministeriums vom März 2019 sei zu entnehmen, „dass es in den letzten zwei Jahren keinen Fall gegeben habe, in denen ein Spitzensportler nicht mit seinem Wunschstudium berücksichtigt werden konnte“.

Geht es nach dem Ministerium, soll die Härtefallregelung auch weiterhin Teil des Hochschulzulassungsrechts sein. So könnten Hochschulen flexibel auf Zulassungsanträge reagieren. Zudem werde nicht unnötig Studienplatzkapazität blockiert, wenn eine Quote mangels Nachfrage nicht ausgeschöpft wird. Im Übrigen liege es selbstverständlich im Interesse des Ministeriums, „Spitzensport zu fördern und Sportlerinnen wie Sportler zu unterstützen“.

„Universität und Stadt haben großes Interesse daran, dass Spitzensportler hier wohnen und hier studieren“, sagt Uni-Rektor Christian Tietje. Das trage zum positiven Image der Stadt bei. Bestes Beispiel dafür ist Paul Biedermann. Der Schwimmer wurde unter anderem 2009 in Rom Weltmeister über 400 Meter Freistil. Seine Erfolge sorgten dafür, dass Halle überregional bekannter wurde. (mz)

Kein Quote für Spitzensportler als Standortnachteil?

Andere Töne schlägt das Innenministerium an. „Das Sportministerium unterstützt die Einführung einer Spitzensportlerquote im Hochschulzulassungsrecht“, lautet die Antwort auf eine MZ-Anfrage. In neun Bundesländern gebe es die Quote bereits. Das Fehlen einer solchen Regelung in Sachsen-Anhalt könne „sich als ein Standortnachteil für den Spitzensport im Land erweisen“.

Wie die Positionen überein zu bringen sind, wird sich im Koalitionsausschuss zeigen. Dort werde Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) einen Vorschlag machen, der den wechselseitigen Interessen Rechnung tragen kann, sagte sein Sprecher. (mz)