Auf der Spur des U-Boots «Halle»
Halle/MZ. - Peter Andre, Schatzmeister im halleschen Marine-Verein, ist nie wirklich zur See gefahren. Seine Bewerbung an der Seefahrtschule blieb unbeachtet. Dennoch ließ ihn die Seefahrt nicht los. Im Wirtshaus seiner Eltern an der Berliner Brücke hatte Graf Luckner verkehrt. Und einige von Andres Verwandten hatten es tatsächlich auf die Weltmeere geschafft. Mit ihren Erzählungen und vielen Büchern, vor allem nach der Wende, stillte der Hallenser seine Neugier. Doch das gelang nur teilweise. Ein großes Kapitel der Seefahrtgeschichte blieb lange Zeit im Dunkeln.
"Es gab etliche Schiffe zu DDR-Zeiten und früher, die den Namen ,Halle' trugen", sagt Andre. Beim Küstenschutz, in der Handelsmarine, bei der Fischerei und in der Kriegsmarine fuhren sie. Üblich seien intensive Beziehungen zwischen Besatzung und Partnerstadt gewesen. Hier zu forschen, machte sich der Senior zur Aufgabe. Die "U 403" mit dem Namen "Halle" ist sein erstes Projekt. Er sei sich bewusst, dass er mit seinen Recherchen zu dem auf der Danziger Werft gebauten und im Juni 1941 in Dienst gestellten U-Boot, das das
hallesche Stadtwappen am Turm trug, einen sehr brisanten Stoff anfasse und damit auf viele Kritiker treffen werde. Doch: "Die Patenschiffe - und dazu gehört auch dieses - sind ein Stück der Stadtgeschichte." Es nütze nichts, sie zu verschweigen. Und die Zeit dränge. Noch gebe es Zeitzeugen. Schließlich: "Die Fakten sprechen für sich: positive wie negative."
Das meiste Material hat Andre in Archiven gefunden. Im Laufe seiner Recherchen traf er aber auch Menschen, die ihn berieten und Papiere zur Verfügung stellten. So Heinz Horn aus dem hessischen Vlotho, der bei sieben Fahrten der "Halle" dabei war. Nur bei der achten nicht, als das Boot, das drei Schiffe versenkt hatte, vor Senegal selbst getroffen wurde. Keiner der 50 Mann Besetzung überlebte.
Neben Besatzungslisten und unzähligen Fotos hat Andre unter anderem auch eine Ablichtung des kompletten Schiffstagebuchs. Jede Bewegung ist darin festgehalten - aber auch jede Veranstaltung. So ist im Mai '43, drei Monate vor dem Untergang, die Rede von einem Schallplatten-Wunschkonzert an Bord, in dessen Verlauf 1 300 Mark für kinderreiche Mütter in der Partnerstadt gesammelt wurden. Das zeige, wie konkret die Kontakte zwischen Schiff und Stadt gewesen sein müssen, meint Andre. "Ich arbeite hier also auch ein Stück Vergangenheit von Halle auf."
Ursprünglich sollte Andres Buch in zeitlicher Nähe mit dem 60. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerregime erscheinen. Mit einem Verlag gebe es dazu entsprechende Absprachen. Doch noch immer treffen neue Informationen ein. Noch immer hofft der Autor auch darauf, dass sich eine Spur findet zu Paul Elze, dem einzigen Hallenser an Bord. "Erhalte ich dazu einen Hinweis, dann werde ich das Buchmanuskript sicher noch einmal überarbeiten."