"Arbeit als Kämmerer macht viel Spaß" "Arbeit als Kämmerer macht viel Spaß": Geier kann sich eine erneute Amtszeit vorstellen

Halle (Saale) - Der oberste Finanzer der Stadt, Egbert Geier (54), hat im Moment alle Hände voll zu tun. Er muss bis zum Herbst ein Konzept entwickeln, wie die Kommune zukünftig Schulden abbauen kann. Mit dieser Aufgabe könnte sich entscheiden, ob der Bürgermeister für Finanzen und Personal sowie Stellvertreter des Oberbürgermeisters Ende des Jahres für eine dritte Amtszeit vom Stadtrat wiedergewählt wird. Tanja Goldbecher hat mit dem SPD-Politiker darüber gesprochen, ob er sich dieser Herausforderung überhaupt stellen will und warum Halle das Geld ausgegangen ist.
Seit 13 Jahren tragen Sie die Verantwortung für die Finanzen der Stadt Halle. Wollen Sie sich den Hut noch für eine dritte Amtszeit und damit weitere sieben Jahre aufsetzen?
Egbert Geier: Ich bin für eine weitere Amtszeit offen. Die Arbeit als Kämmerer macht mir viel Spaß, weil sie eine Querschnittsfunktion zwischen allen Fachbereichen der Stadtverwaltung hat – schließlich spielt in allen Bereichen auch Geld eine Rolle. Außerdem habe ich als Bürgermeister die Chance, die Stadt zu repräsentieren, was ich auch weiterhin gern tun würde. Ob ich wieder gewählt werde, entscheiden letztendlich jedoch der Stadtrat und der Oberbürgermeister.
Die Stadt hat in der Vergangenheit einen immer größeren Schuldenberg angehäuft. Mittlerweile liegt der Dispo bei etwa 350 Millionen Euro. Was ist da schief gelaufen?
Es ist nichts schief gelaufen. Wir haben in den vergangenen Jahren stets gesetzeskonform gewirtschaftet und hatten einen ausgeglichenen Etat bei der doppelten Haushaltsführung. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen für die Kommunen im Laufe der Jahre verschlechtert. Die Landesregierung hat zum Beispiel vor Kurzem festgelegt, dass es eine neue Obergrenze für Kassenkredite gibt, die die Kommunen aufnehmen dürfen. Diese Gesetzesänderung zwingt uns nun, ein Konsolidierungskonzept zu erarbeiten, um die Schuldenlast langfristig zu verringern.
Die Landesregierung verlangt, dass die Stadtverwaltung ihre Dispokredite um rund 200 Millionen Euro innerhalb von fünf Jahren reduziert. Ist das überhaupt möglich, und wo gibt es Einsparpotenziale?
Zu dem Konsolidierungskonzept erfolgen derzeit Abstimmungen mit dem Oberbürgermeister und der Verwaltung. Details des Konzepts geben wir erst im Anschluss im Stadtrat bekannt.
Wie konnte es unter Ihrer Führung überhaupt so ein großes Minus entstehen?
Als ich 2006 die Stelle des Kämmerers antrat, betrug die Schuldenlast bereits etwa 280 Millionen Euro. Die Frage, warum es überhaupt zu dieser prekären finanziellen Situation in Halle gekommen ist, kann
nur mit einer historischen Betrachtung beantwortet werden. Nach der Wende war die Stadtverwaltung gezwungen, sehr viel Geld in die Infrastruktur zu investieren. Standards mussten zum Beispiel angepasst werden. Zugleich haben viele Bürger ihre Arbeit verloren, wodurch die Sozialkosten stark anstiegen. Als Folge dieser Faktoren ist die Verschuldung gestiegen, allerdings hat sich auch sehr viel im Stadtbild verbessert.
Eine positive Entwicklung einer Stadt ist nun mal nicht kostenfrei. Die Verschuldung sollte deshalb immer ins Verhältnis dazu gesetzt werden, welche Gegenwerte mit den Investitionen geschaffen wurden. Halle verfügt mittlerweile über ein Vermögen von insgesamt rund 1,9 Milliarden Euro, was Straßen, Brücken und Gebäude umfasst.
2002 gab es bereits ein Konsolidierungskonzept unter den Oberbürgermeisterinnen Ingrid Häußler und Dagmar Szabados. Haben die damaligen Maßnahmen nicht gefruchtet?
Unter diesem ersten Konsolidierungskonzept konnten von 2002 bis 2012 rund 130 Millionen Euro Schulden abgebaut werden. Das wurde zum Beispiel durch Verbesserungen in den Verwaltungsstrukturen und durch Personalabbau erreicht. Zur Verdeutlichung: Während 1990 etwa 11 500 Mitarbeiter für die Verwaltung tätig waren, sind es heute nur noch rund 2.600.
Die Einsparungen hatten aber leider nicht die gewünschte strukturelle Wirkung, da sich die Rahmenbedingungen ständig veränderten. Zudem gibt es bis heute viele Investitionen, die dringend notwendig sind. Ein Beispiel sind die Sanierungen von Schulen und Kitas, die aufgrund der gestiegenen Kinderzahlen umgesetzt werden müssen.
Andere Städte finanzieren solche Investitionen stärker über Gewerbesteuereinnahmen. Bräuchte Halle stärkere Wirtschaftsstrukturen, um wieder ins Plus zu kommen?
Höhere Gewerbesteuereinnahmen würden mit Sicherheit helfen. Für dieses Jahr haben wir mit Einnahmen von etwa 70 Millionen Euro kalkuliert. Im Vergleich zu der Größe der Stadt mit über 240 000 Einwohnern ist das zu wenig.
Könnten sich die Finanzlage der Stadt mit der Ansiedlung von Porsche im Star Park endlich aufbessern?
Langfristig betrachtet, ist die Ansiedlung des Autobauers tatsächlich ein sehr großer Gewinn für Halle. Bis sich die Einnahmen im städtischen Haushalt widerspiegeln, wird wegen der hohen Investitionskosten des Unternehmens sicher noch einige Zeit vergehen. (mz)
