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Angersdorf Angersdorf: Seltener Fund auf Dachboden

Von Ralf Böhme 04.03.2005, 17:08

Angersdorf/MZ. - Wann haben Sie zuletzt auf dem Dachboden gestöbert? Die Wahrscheinlichkeit, dort eine Überraschung zu erleben, ist hoch. Das sagt Hans-Joachim Thomsen aus Angersdorf, gestützt auf eigene Erfahrung.

Beim Aufräumen im Gebälk stieß der Ruheständler zufällig auf einen alten Koffer, der längst vergilbte Zeitungsausschnitte aus der Nachkriegszeit enthielt. Dazu gehörte auch ein Artikel über das einst wichtigste Haus in Angersdorf, den damals 300 Jahre alten Gasthof "Zum Schwan". Erschienen war der Beitrag am 1. September 1948 in der halleschen "Freiheit", dem Vorläufer der MZ. Als Hinweis auf den Autoren gab das Blatt ein Namenskürzel "fht" an. Thomsen: "Das ist jemand gewesen, der sich ganz prima in der Ortsgeschichte auskannte."

Was den Angersdorfer besonders berührte ist der Umstand, das seine Eltern just in dem historischen Gebäude 1938 ihre Hochzeit feierten. Und der Bauernhof, auf dem Thomsen noch heute zu Hause ist, liegt kaum einen Steinwurf entfernt. Beinahe täglich kommt der jetzt 61-Jährige am "Weißen Schwan" vorbei. Allerdings befällt den ehemaligen Lehrmeister jedes Mal großer Wehmut.

Thomsen: "Der Zustand ist ein Riesenjammer." Nur wenig von dem, was der Chronist 1948 lobte, ist noch vorhanden. Die hohen barocken Dächer wirken einsturzgefährdet. Auch die überbaute Toreinfahrt bröselt dahin, eben so scheinen die Tage der historischen Rundbogenpforte gezählt. Schilder warnen vor dem Betreten.

Es gehört schon viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass im "Weißen Schwan" einst ein Kindergarten untergebracht war und über Jahrzehnte die Sänger und Tischtennisspieler übten. Thomsen bringt das Bild des Verfalls mit längst vergangenen Zeiten in Verbindung. So müsse es wohl nach dem 30-jährigen Krieg ausgesehen haben, dessen Auswirkungen auf Angersdorf der Historiker in dem Zeitungsartikel so beeindruckend nahe brachte.

Später stand der "Weiße Schwan" meist auf der Sonnenseite. Weder das legendäre Hochwasser von 1625 noch der Dorfbrand von 1750 konnten ihm etwas anhaben, so dass sogar der Dichter Johann Wolfgang von Goethe 1798 launige Stunden in diesem Gasthof verleben konnte.