Unicum-Wettbewerb Anatomie an der Uni Halle: Deutschlands beste Professorin kommt aus Halle (Saale)

Halle (Saale) - Es ist für viele Medizinstudenten ein schwieriger Schritt: Im dritten Semester müssen sie im Fach Anatomie einen Präparierkurs an Leichen belegen. Sie sehen dann beispielsweise, wie sich die Leber eines Krebspatienten verändert hat und wo sich überall Metastasen im Körper gebildet haben. Sie lernen also den Tod kennen, um später als Arzt Menschen heilen zu können. Und viele müssen sich überwinden, um diesen Teil ihrer Ausbildung zu meistern. „Ich versuche, den Studenten die Angst vor den Kursen zu nehmen. Das geht nur, wenn man ein Ansprechpartner ist - und dies nicht nur während der Vorlesung im Hörsaal“, sagt Heike Kielstein.
Als Direktorin des Instituts für Anatomie und Zellbiologie am Universitätsklinikum Halle forscht die Professorin - und ist in der Lehre engagiert. Offensichtlich mit Erfolg. Denn Heike Kielstein wurde am Mittwoch von der Unicum-Stiftung als Professorin des Jahres in der Kategorie Naturwissenschaften/Medizin ausgezeichnet. Es ist das erste Mal, dass diese Würdigung nach Sachsen-Anhalt geht; und die Wissenschaftlerin ist eine von wenigen Frauen, die sie bislang erhalten haben.
Deutschlands beste Professorin kommt aus Halle (Saale): Heike Kielstein setzte sich gegen 2.000 Konkurrenten durch
Der Auszeichnung waren mehrere Schritte vorausgegangen: Zunächst hatten bundesweit Studenten, Absolventen und Wissenschaftler über 2.000 Vorschläge für die insgesamt vier Kategorien gemacht, eine sechsköpfige Jury von Professoren und Managern aus der Wirtschaft gewichtete und bewertete die Nominierungen und befragte die Kandidaten.
Dabei ging es nach Angaben der Stiftung unter anderem darum, ob sie „Wegbereiter für den Berufseinstieg und die Karrieren ihrer Studierenden sind“. Die Wahl fiel auf Heike Kielstein, weil sie es in besonderer Weise verstanden habe, die Anatomie „in der Ausbildung von jungen Medizinern zu einer attraktiven Lernmöglichkeit zu machen, in der die Grundlagen für die spätere ärztliche Tätigkeit gelegt werden“, wie es in der Begründung heißt.
Deutschlands beste Professorin kommt aus Halle (Saale): Heike Kielstein versucht, ihren Studenten die Angst vor den Toten zu nehmen
Jedes Jahr belegen rund 260 Medizinstudenten die Präparierkurse in der halleschen Anatomie. „Man kann zu Semesterbeginn in der ersten Vorlesung nicht einfach den Studenten sagen: ,So jetzt legen wir los’“, so Kielstein. Es gehe für die meisten um den ersten Kontakt mit einem Toten. Viele Studenten müssten zunächst ihre Ängste überwinden. Und sie müssten dem Leichnam gegenüber den selben Respekt aufbringen, wie später gegenüber ihren Patienten. „Das zu vermitteln, ist eine ganz wichtige Aufgabe“, sagt die Medizinerin.
Kielstein sucht dieses Ziel auf mehreren Wegen zu erreichen. Etwa, indem sie möglichst nicht das Wort Präparat benutzt, so als gehe es um einen x-beliebigen Gegenstand. „Es handelt sich um eine Leiche oder eine Körperspende“, stellt sie fest. An den ersten Kurstagen sind immer ein Psychologe und ein Seelsorger mit dabei. Kielstein selbst sieht sich auch jenseits des Hörsaals als Ansprechpartner für Studenten, die mit der Situation nicht zurecht kommen.
Heike Kielstein von der Uni Halle ausgezeichnet: „Ich brenne für meinen Beruf“
Als sie von der Auszeichnung erfuhr, sei sie zunächst sprachlos gewesen, sagt die Anatomin. Um sich dann zu freuen. „Ich brenne für meinen Beruf“. Dazu zähle auch, Studenten Tipps zur Doktorarbeit zu geben, Kontakte zu anderen Wissenschaftlern zu vermitteln oder - wenn möglich - beim Einstieg in den Beruf zu helfen.
„Meine Tür steht immer offen, Studenten können mich jederzeit auch über das Handy anrufen“, versichert sie. Professoren müssten nicht für die Studenten unnahbar sein. „Das geht auch anders.“ Und das setze sich immer mehr durch. (mz)