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50 Jahre Halle-Neustadt 50 Jahre Halle-Neustadt: GWG-Chefin Kozyk: "Der Imagewandel wird spürbar"

06.07.2014, 18:35
Jana Kozyk auf dem Dach der GWG-Zentrale in Halle-Neustadt.
Jana Kozyk auf dem Dach der GWG-Zentrale in Halle-Neustadt. Silvio Kison Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Die Wohnungsunternehmen haben Halle-Neustadt, die Wohnstadt für in Spitzenzeiten über 90.000 Menschen, in ihrer 50-jährigen Geschichte mit am meisten geprägt. Grund genug für die MZ, mit den Chefs der vier größten Vermieter über Vergangenheit und Zukunft zu diskutieren. Mit GWG-Geschäftsführerin Jana Kozyk sprach Felix Knothe.

Frau Kozyk, in Halle-Neustadt sind immer Menschen aus vielen Gegenden zusammengekommen. Was hat Sie hierher geführt?

Kozyk: Nach dem Abi habe ich 1984 ein praktisches Jahr in Buna gemacht. In Neustadt sind wir öfter zur Disco gegangen. 1991 habe ich bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft gearbeitet und unter anderem die GWG geprüft. Das war eine spannende Zeit.

Wie sicher überall. Aber was hat Neustadt spannend gemacht?

Kozyk: Damals gab es noch keinen Leerstand und auch sonst war von den späteren Problemen noch nicht viel zu merken. Aber in den Unternehmen hatte der große Umbruch begonnen. Alles hatte sich verändert. Es gab neue Gesetze und ziemlich bald auch neue Ansprüche der Mieter an ihren Vermieter.

Jana Kozyk, Jahrgang 1965, ist erst die zweite Geschäftsführerin der Gesellschaft für Wohn- und Gewerbeimmobilien Halle-Neustadt (GWG) nach der Wende.

2006 trat die Ingenieur-Ökonomin die Nachfolge von Udo Mittinger an, nachdem sie seit 1996 verschiedene Leitungsfunktionen im Unternehmen durchlaufen hatte.

Die GWG ist ein kommunales Unternehmen und seit 1990 Nachfolgerin des VEB Kommunale Wohnungsverwaltung. Heute hat die GWG rund 10.700 Wohnungen.

Dennoch hat die GWG schnell begonnen, Wohnungen zu verkaufen.

Kozyk: Man meinte nach der Wende, die Ostdeutschen müssten nun Gelegenheit erhalten, Wohneigentum zu erwerben. Deshalb wurden Wohnungsunternehmen wie wir verpflichtet, 15 Prozent des Bestandes zu privatisieren. Aber privatisieren Sie mal im Plattenbau! In einem Objekt etwa, wo sich 80 Parteien verstehen und auf Maßnahmen im Haus einigen müssen, ist das schwierig. Ein weiteres Hindernis war damals auch das Imageproblem. Teilweise gab es ja Stimmen, die Neustadt aufgeben wollten. Wer kauft in so einem Klima eine Wohnung? Aber das Image bessert sich, und wir verkaufen jetzt im Jahr rund zehn Wohnungen an private Eigentümer. Die Nachfrage ist wieder da.

Sie waren auch die ersten, die ganze Blocks abgerissen haben. Warum?

Kozyk: Das war einfach eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, so schlimm es klingt. Mitte 1997 ging bei uns der Leerstand los, der Höchststand war 2000/2001. Wir haben Monat für Monat registrieren müssen, wie die Mieter weggingen. Auf den Betriebskosten aber blieben wir sitzen. Hinzu kommt, dass sich in halbleeren Gebäuden auch soziale Brennpunkte bilden. Schnell war klar: Etwas muss passieren.

Wie viel noch abgerissen wird, lesen Sie auf Seite 2.

Wie viel werden sie noch abreißen?

Kozyk: Das hängt von der Bevölkerungsentwicklung ab. Wir entscheiden jedes Jahr neu. Wir können deshalb nicht sagen, ob - und wenn ja - welche Gebäude in fünf Jahren abgerissen werden. Beschlossene Sache ist der Abriss unseres Gebäudes in der Bodestraße, wo der Zorn-Krimi gedreht wurde. Das Hochhaus zu sanieren, wäre nicht sinnvoll.

Das heißt, die Verfilmung des zweiten Zorn-Krimis könnte scheitern, weil die GWG den Drehort abreißt?

Kozyk: Wir kennen keine Pläne für eine weitere Verfilmung. Deshalb die Entscheidung, den Abriss vorzubereiten. Aber ich denke, für Zorn finden wir auch was Neues. An uns wird es jedenfalls nicht scheitern.

Halle-Neustadt steht in Zukunft vor einem demografischen Problem. Die Bevölkerung wird älter. Wie reagieren Sie als Vermieter darauf?

Kozyk: Für unsere Senioren ist Neustadt die Heimat. Die wollen so lange es geht, in ihren Wohnungen bleiben. Also müssen wir sehen, was wir dafür tun können. Wir haben mehr Barrierefreiheit geschaffen, bieten aber auch speziellen Service wie unsere Seniorenbetreuung oder die Begegnungsstätten. Auf der anderen Seite erfreuen sich unsere Studentenapartments mit Miniküche großer Beliebtheit. Und für Familien beginnen wir, Wohnungen großräumig zusammenzulegen, über Hausgrenzen hinweg. Wir haben gezeigt, dass das geht, und zwar mit Komfort, den es woanders auch gibt. Die Voraussetzungen auch für junge Leute sind hier hervorragend.

50 Jahre Neustadt: Was sind Ihre Gedanken zum Fest?

Kozyk: Dass es diesmal so viele Beteiligte an den Feierlichkeiten gibt, zeigt die große Verbundenheit der Menschen mit ihrem Stadtteil. In Halle ist das in dem Maßstab einzigartig. Der Imagewandel, auf den wir lange gehofft haben, wird spürbar. Das Tal der Tränen liegt hinter uns. Dass Neustadt sich da durchgeboxt hat, ist schon beachtlich. Klar, wir sind weniger - na und? Von unserer Einwohnerzahl würde manche Stadt immer noch träumen. Und welcher Stadtteil hat ein funktionierendes Kino, eine funktionierende Schwimmhalle und eine bald sehr gut funktionierende Erdgas-Sportarena, Sportvereine noch und nöcher und eine solche Infrastruktur? Das ist einfach genial. Der Stadtteil lebt.

Das lassen wir als Werbeblock mal so durchgehen. Aber Hand aufs Herz: Wie sieht Neustadt in 50 Jahren aus?

Kozyk: Vielleicht ist Neustadt dann noch ein Stück kleiner, aber das, was da ist, funktioniert. Und für die Leute, die hier wohnen, wird es immer noch ihre Heimat sein.