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100 Patienten in zwei Wochen 100 Patienten in zwei Wochen: Hallesche Ärzte planen Operationsmarathon in Westafrika

Von Jonas Nayda 08.08.2019, 05:00
Laura Wendler und Sebastian Starke sind auf Spenden angewiesen, um in Gambia operieren zu können.
Laura Wendler und Sebastian Starke sind auf Spenden angewiesen, um in Gambia operieren zu können. Silvio Kison

Halle (Saale) - Der Arzt Sebastian Starke operiert gerade einen Patienten, als plötzlich im ganzen Krankenhaus der Strom ausfällt. Bis der Not-Generator anläuft, dauert es rund eine Minute. Für den Patienten, der in tiefer Narkose schläft, wird es jetzt kritisch. Zum Glück funktioniert die Beatmungsmaschine manuell. Ein Pfleger pumpt rhythmisch Luft in die Lunge des Patienten. Auch die OP-Lampe leuchtet noch. Sie ist an eine Autobatterie angeschlossen. So kann die Operation weitergehen. Unter diesen Verhältnissen werden in der ASB-Klinik im westafrikanischen Gambia Menschenleben gerettet.

Operationsmarathon: In zwei Wochen insgesamt über 100 Patienten operieren

Geschichten wie diese kann Sebastian Starke viele erzählen. Der 30-Jährige reiste schon als Medizinstudent 2011 und 2012 nach Gambia, um dort in einem Krankenhaus zu helfen. Seitdem hat ihn das Land nicht mehr losgelassen. Kaum ein Jahr ist vergangen, in dem er nicht nach Westafrika gefahren ist, um an der ASB-Klinik den Patienten zu helfen.

Gemeinsam mit seiner Frau Laura Wendler, die ebenfalls Ärztin in Halle ist, wollen die beiden im November 2019 erneut nach Gambia fahren. Dieses Mal haben sie sich vorgenommen, einen wahren Operationsmarathon zu veranstalten. In zwei Wochen planen sie, insgesamt über 100 Patienten zu operieren. Damit das möglich ist, fahren noch drei weitere Ärzte aus Deutschland und der Schweiz im Team mit.

Hallesche Ärzte in Westafrika: „Man muss anders denken, wenn man dort arbeiten will“

In ganz Gambia sind laut Starke nur eine Handvoll Fachärzte registriert. Deshalb sei die Wirkung des Vereins „Drive to Help“ enorm. „Man erfährt unglaublich viel Dankbarkeit, weil es in Gambia nicht selbstverständlich ist, dass es so viele Ärzte gibt, wie in Deutschland“, sagt Starke. In dem kleinen ASB-Krankenhaus, in das die Hilfsmission im November führt, werden jährlich rund 40.000 Patienten behandelt. Dabei gibt es nur zehn Betten und zwei Operationssäle. „Man muss anders denken, wenn man dort arbeiten will“, sagt Starke. Zum Vergleich: Das Universitätsklinikum Halle behandelt ebenfalls rund 40.000 Patienten pro Jahr stationär, hat jedoch 1148 Betten.

Sebastian Starke nahm 2011 als Medizinstudent an der Rallye „Dresden-Dakar-Banjul“ teil. Damals fuhr er mit einem VW-Bus von Dresden bis nach Gambia. Der 2014 gegründete Verein „Drive to Help“ (übersetzt: Fahr, um zu helfen) organisiert regelmäßig Spendenfahrten nach Gambia. Starke will nun auch ohne Rallye der ASB-Klinik helfen. Die nächste Reise nach Westafrika plant er für November 2019.

Mehr Infos zum Verein und zu Spendenmöglichkeiten sind unterwww.drive-to-help.de im Internet zu finden.

Gambia liegt an der Westküste Afrikas in der Subsahara. Das Land ist umschlossen vom Senegal und zählt Schätzungen zufolge rund zwei Millionen Einwohner. Die Vereinten Nationen rechnen Gambia zu den 20 Nationen, die weltweit am geringsten entwickelt sind. Wie Starke erzählt, leiden viele Menschen in Gambia unter den Folgen fehlender medizinischer Therapie. Wenn zum Beispiel nach einem gebrochenen Bein der Knochen schief wieder zusammenwächst, kann das dazu führen, dass der Betroffene nicht mehr richtig laufen kann. Nur eine Operation würde helfen, doch die gibt es in Gambia unter normalen Umständen nicht.

Hallesche Ärzte arbeiten unentgeltlich: Materialkosten per Spenden finanziert

Deshalb wollen Sebastian Starke und Laura Wendler helfen. Sie erstellen schon im Vorfeld der Reise einen Operationsplan. Dort sind alle Patienten aufgelistet, die dringend eine Operation benötigen. In Gambia wird bereits seit Wochen in lokalen Medien für den Operationsmarathon geworben. Die Ärzte arbeiten unentgeltlich und haben sich für die Zeit Urlaub von ihren Jobs in Halle genommen.

Materialkosten für die Operationen, die sie in Gambia durchführen, werden mit Spenden finanziert. Laura Wendler bittet die Öffentlichkeit um Unterstützung: „Wir freuen uns über jeden Euro, den wir gespendet bekommen“, sagt sie. Reisekosten übernehmen sie privat, so fließt jeder Spenden-Cent an das gambische Krankenhaus. (mz)

Zwei Frauen werden mit ihren Kindern in der ASB-Klinik in Gambia behandelt. Sie profitieren vom Verein „Drive to Help“ aus Deutschland.
Zwei Frauen werden mit ihren Kindern in der ASB-Klinik in Gambia behandelt. Sie profitieren vom Verein „Drive to Help“ aus Deutschland.
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