Gröberner See Südstrand am Nordufer in Gräfenhainichen
Wohnen und TourismusNach Jahren des Stillstandes soll nun Bebauung am Nordufer des Gröberner Sees möglich werden. Daran gibt es auch Kritik aus dem Stadtrat.

Gräfenhainichen - Es soll ein Angebot für Touristen werden. Und eines für diejenigen, die gerne am See wohnen wollen und dafür auch das Geld aufbringen können: am Nordufer des Gröberner Sees, das zur Stadt Gräfenhainichen gehört, soll ein Projekt entstehen, das sowohl Zuspruch, als auch Kritik hervorruft.
Der Investor Blausee, der bereits an einigen Regionen in der Region Wohnbebauung und touristische Angebote erschaffen hat, will nun auch den Wittenberger Teil des Ufers besiedeln. Der war bislang tabu. Während auf Bitterfelder Seite bereits mehrere Häuschen und eine Marina entstanden waren, scheiterten ähnliche Pläne bislang am Bergrecht, das eine Bebauung unmöglich machte. Das ist zwar immer noch so, allerdings hat das Bergamt wohl inzwischen signalisiert, eine Baufreigabe möglich zu machen.
Es soll schnell gehen
Da wollen Investor und Stadt nun Tatsachen schaffen. Der Stadtrat beschloss Ende April, dass das Verfahren zur Ausweisung von Wohnbauflächen begonnen werden soll (MZ berichtete). Laut Bürgermeister Enrico Schilling (CDU) will man das Verfahren so beschleunigen.
Investor Blausee plant mehrere Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 24?Wohnungen. Außerdem sollen mehrere Ferienangebote entstehen: Stelzenhäuser im Wasser nebst eigener Marina, Tiny Houses im Uferbereich, sowie mehrere Winzerhäuschen samt Weinberg im westlichen Bereich. Zum Verkauf sollen laut Blausee dann nur die Wohnungen in den Mehrfamilienhäusern stehen.
Zu den Kaufpreisen für diese will sich der Investor noch nicht äußern. „Es wird sicherlich eher im hochpreisigen Segment liegen“, sagt Ronny Meyer, seit über vier Jahren Planer bei Blausee. Alle Wohnungen sollten einen Seeblick haben. Erfahrungsgemäß käme die mögliche Kundschaft für solche Immobilien aus dem Leipziger Raum. Dort hat Blausee bereits einige Seeufer bebaut. Mit Erfolg: Am Kahnsdorfer See im Süden Leipzigs seien die Objekte sämtlich verkauft worden, noch bevor sie gebaut worden waren.
Das Gräfenhainichener Projekt, das unter dem Titel „Natürlich leben am Hainicher Südstrand“ firmiert, soll außerdem mit zwei Stränden aufwarten: einem im Westen der Anlage, der für die breite Öffentlichkeit gedacht ist, und einem weiteren, der inmitten der Anlage liegt. „Beide sollen aber frei zugänglich bleiben. Wir wollen keine Zäune um die Anlage ziehen“, sagt Ronny Meyer.
Trotzdem: Das Projekt gefällt nicht allen. Während CDU-Vertreter im Stadtrat noch argumentierten, dass man mit derlei Projekten den Zuzug von jungen Familien in die Stadt begünstige, hat eine Reihe von Gräfenhainichenern das Projekt in einem offenen Brief kritisiert.
Die langfristigen Planungskonzepte der Stadt sähen vor, dass man den Gremminer See bei Ferropolis für touristische Bebauung nutze, das Nordufer des Gröberner Sees hingegen eher natürlich und als Naherholungsgebiet für die Gräfenhainichener belasse, kritisiert etwa der Grüne im Stadtrat, Michael Ristok. „Da ist mit viel öffentlichem Geld aus einem Tagebau eine wertvolle Naturlandschaft entstanden“, findet er. Deshalb sei es unsinnig, diese Fläche zu zersiedeln und wertvolle Biotope wie die Schilfbestände am Ufer anzugreifen.
Zudem bezweifelt er, dass die Stadt großen Nutzen aus den neuen Bewohnern ziehe. „Welche junge Familie kann sich denn eine solche Wohnung leisten?“, fragt Ristok. Ziel müsse es vielmehr sein, die Innenstadt attraktiv zu gestalten und so Touristen und neue Bewohner anzulocken.
Er glaube auch nicht, dass es lange beim Versprechen von Blausee bleibe, dass alle Areale jederzeit der Öffentlichkeit zugänglich blieben. Dazu müsse man nur an die Seen in Bayern oder im Berliner Umland schauen, wo vielerorts ein Zaun den Zugang zum Wasser versperre, weil die Anwohner wenig Lust haben, ihren Strand zu teilen.
Minimalistisch und naturnah?
Anders sieht das freilich Blausee-Planer Ronny Meyer. Man habe sich gerade darauf fokussiert, eben keine „maximal verdichtete Betonwüste“ zu schaffen, sondern minimalistisch geplant. Kleine Hütten sollten ein naturnahes Umfeld schaffen. Nur 40 Prozent der etwa zehn Hektar großen Fläche sollten überhaupt bebaut werden. In den geschützten Schilfgürtel greife man nur da ein, wo es nicht anders möglich sei und verpflichte sich außerdem zu Ausgleichsmaßnahmen.
Ristok geht das alles zu schnell. Nur wenige Tage hätten zwischen der Vorlage und dem Beschluss gelegen. Es gebe bessere Hebel, um den Bevölkerungsschwund aufzuhalten, findet er. Etwa eine Innenstadt mit Strahlkraft.
