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Melt!-Festival in Ferropolis Melt!-Festival in Ferropolis: Macher betreiben einen enormen Aufwand

Von Andreas Hübner 22.07.2019, 08:51
Die Dessauer Clique beim gemütlichen Frühschoppen: Max Balke (v. l.), Vincente Alvaro Braskin („Winny“), Pascal Bischof und Nico Janik
Die Dessauer Clique beim gemütlichen Frühschoppen: Max Balke (v. l.), Vincente Alvaro Braskin („Winny“), Pascal Bischof und Nico Janik Andreas Hübner

Gräfenhainichen - Winny war am Samstag als erster wach. „Mein Wecker hat 20 nach acht geklingelt“, sagt er und bricht gemeinsam mit seinen Kumpel in kurzes Gelächter aus. „Na ja, der Tag hat eben nur 24 Stunden“, versucht er sich bei Nico, Pascal und Max mit seinem persönlichen Leitspruch für die kurze Nacht sogar noch zu entschuldigen, denn ins Bett ging es erst irgendwann nach drei.

Doch für die vier jungen Männer passt der Wecker-Lapsus genau rein in ihre ganz persönliche „Melt!“-Erfahrung 2019. „Gestern Abend saßen wir dann plötzlich noch im falschen Bus“, bringt Nico eine weitere Panne auf den Tisch. „Im letzten Moment haben wir mitgekriegt, das die nächste Station Dessau gewesen wäre.“

Freundliche Nachbarn

„Eigentlich sind wir ja prima vorbereitet“, schmunzelt Nico und berichtet von Kühlboxen mit „Tonnen“ an Grillfleisch, was nur noch darauf wartet, im Camp lecker gegrillt zu werden. „Und der Grill steht immer noch zu Hause im Flur“, unterbricht Winny die Träumereien. Selbst der Dosenöffner, der in Kombination mit den mitgebrachten Konserven für andere kulinarische Highlights hätte sorgen können, hatte am Freitag die Abfahrt in die Zeltstadt verpasst.

Doch Pleiten, Pech und Pannen scheinen der Stimmung des Dessauer Quartetts keinerlei Abbruch zu tun und der zeitige Frühschoppen, der in erster Linie mit einer von freundlichen Zeltnachbarn gesponserten Obstschale ergänzt wird, passt freilich perfekt in ein Festivalwochenende. „Meine Kumpels sagen, ich soll mich mal auf elektronische Musik einlassen“, kommt Nico ins Plaudern. „Dafür eignet sich das ,Melt!’ mit seiner Vielfalt natürlich am Besten“, erklärt er.

Während mit dem „Full Force“ (dieses Jahr 1.6000 Besucher) auf die verschiedensten Stilrichtungen des Heavy-Metal gesetzt wird und das „Splash“ (30.000) ein ausgesprochenes Hip Hop-Festival ist, bietet der Veranstalter die größte Spannweite an Musikrichtungen auf dem „Melt!“, welches heuer knapp 25.000 Besucher zählt.

„Mir gefällt da einiges auch ganz gut“, teilt der 21-Jährige seine Meinung mit, „hab mir heute im Camp ja auch schon ein paar für mich neue Sachen gewünscht.“ Freitagabend aber war es doch wieder ein Rapper, der ihm am besten gefiel. Im Übrigen begrüßen die vier jungen Männer allesamt die Tatsache, dass die Festivals ohne Papier stattfinden.

„Müll vermeiden ist immer gut! Das Line-up kann man so aber nur online abrufen“, kritisiert Pascal, „und Netz ist gerade hier auf dem Zeltplatz so gut wie nicht vorhanden.“ Da sei das Timing für die Besuche an den Bühnen oft ein Lotteriespiel. „Ein paar Plakate auf den Zeltplätzen selbst“, schlägt Winnie dem Veranstalter als Abhilfe vor.

Nur 24 Stunden

Erstmals hatte sich die Festival- erprobte Clique im Übrigen für das VIP-Camp entschieden. „Ich finde es gut, dass es hier etwas ruhiger ist“, urteilt Nico, „da kann man sich auch mal zurückziehen.“ Noch mehr Party und Gaudi gibt es laut Winnys Meinung freilich auf den anderen Plätzen. „Aber wenn ich unbedingt noch mehr Party haben will, muss ich ja nur über den Zeltplatz laufen und mich irgendwo dazu gesellen.“

Und gerade wegen all der anderen Musikfans sieht Winnie es trotz aller Pannen ganz entspannt. „Für heute Nachmittag borgen wir uns einfach bei irgend jemandem einen Grill“, legt er fest, bevor er mit seinen Jungs noch mal anstößt.

Noch einmal zurück, in das doch so nahe gelegene Dessau zu fahren, kommt für die jungen Männer im Übrigen überhaupt nicht in Frage. Denn auch auf dem „Melt!“ gilt schließlich: „Der Tag hat eben nur 24 Stunden!“

Wie funktioniert die Zeltstadt?

Die drei großen Festivals in Ferropolis, der Stadt aus Eisen bei Gräfenhainichen, stellen die Mitarbeiter der veranstaltenden „Goodlive Festival AG“ aus Chemnitz jedes Mal auch vor enorme logistische Herausforderungen. Um während des diesjährigen „Melt!“-Festivals beispielsweise knapp 25000 Besucher zu beherbergen, entstand entlang der Ferropolisstraße eine komplette Zeltstadt. Dabei kann man bei den einzelnen riesigen Campingflächen durchaus von verschiedenen Stadtteilen sprechen.

Um diese „Herberge“ zu organisieren werden neben unzähligen Hinweisschildern auf dem eigentlichen Festgelände und dem Zeltplatz insgesamt 15 Kilometer Bauzaun aufgestellt. Der gesamte Fußgängerverkehr ist so für die Besucher zweifelsfrei organisiert.

Dabei bilden in erster Linie die Fußgängerbrücke und der riesige Foodcourt auf dem Zeltplatz regelrechte Knotenpunkte. In etwa 800 Meter Entfernung zum Festivalgelände entstand ein Busbahnhof mit regelmäßigen Linien nach Wittenberg, Gräfenhainichen und Dessau sowie verschiedensten Shuttlelinien in die Zeltstädte oder zum Partygelände.

An 45 Food-Ständen, von denen fast die Hälfte auch vegane Optionen anbietet, können sich die Besucher stärken. Außerdem werden insgesamt 250 Toiletten vorgehalten. Schon im Vorfeld verlegte der Elektriker vor Ort 35 Kilometer Stromkabel. Dazu kommen weitere 200 Kilometer Bühnenkabel, denn auch das Spektakel auf bis zu zehn Bühnen kann sich durchaus mit den ganz großen europäischen Festivals messen.

So bietet die Spielfläche der Mainstage den Bands mit 22 Metern Breite und einer Tiefe von zwölf Metern massig Platz für spektakuläre Shows. Für die gewaltigen Lichteffekte in der Arena sind etwa 1700 Beleuchtungselemente zuständig. In diesem Jahr gibt es statt Pyro- eine neue entwickelte Lasershow, um die Bagger und die Arena besonders in Szene zu setzen.

Insgesamt arbeiten über 1000 Personen an einem Festival, vom Auf- bis zum Abbau. Über 3000 Handtücher für Künstler und Künstlerinnen aus aller Welt werden vorgehalten. In der Hoffnung, dass es ihnen in Ferropolis gefällt und sie wiederkommen, werden u. a. für weibliche Acts auch etwa 40 Blumensträuße gut gekühlt aufbewahrt. (mz)