Ärger mit Behörden Ärger mit Behörden: Thies Schröder nimmt im Streit seinen Hut

Gräfenhainichen - Die letzten Festivalbesucher sammeln sich in kleinen Grüppchen zur Abfahrt auf dem Parkplatz hinter dem der See in der Sonne funkelt und die Bagger ihre Schatten auf den Beton von Ferropolis werfen. Mittendrin sind am Montag die Mitglieder der Leader-Aktionsgruppe Wittenberger Land bei ihrem turnusmäßigen Treffen. Und da wird mit Kritik nicht gespart. Die geht insbesondere in Richtung der Bewilligungsbehörden des Landes Sachsen-Anhalt.
Leader, das EU-Förderprogramm, steckt seit Anfang der neunziger Jahre Geld in die Entwicklung der Wirtschaft im ländlichen Raum. In Sachsen-Anhalt wird so gut wie jede Region gefördert, ausgenommen die größeren Städte. Lokale Aktionsgruppen - wie die im Wittenberger Land - erarbeiten Konzepte, die wiederum vom Land genehmigt werden müssen.
Und hier, das machen die Mitglieder am Montag in Ferropolis klar, hakt es. Dennoch will man nun die Werbetrommel rühren für die vorerst letzte Leader-Förderperiode. Denn wie es nach 2021 weitergeht, das ist in der EU bislang noch unklar.
Ärger mit dem Amt
Thies Schröder, Geschäftsführer der Ferropolis GmbH, erklärt gleich zu Beginn der Sitzung seinen Rücktritt aus dem Vorstand der Aktionsgruppe. Er liege mit dem Landesverwaltungsamt derart im Clinch, dass er nicht gleichzeitig mehr in der Leader-Gruppe mitwirken könne, sagt er.
Hintergrund ist ein Streit um eine weitere Organisation, die Schröder leitet. Die Energieavantgarde Anhalt, wollte in der Region eine Beratung für den effizienteren Umgang mit Energie aufbauen. Dafür hatte Schröder EU-Fördermittel beantragt.
Das Landesverwaltungsamt erteilte dem Projekt nach 18 Monaten eine Absage. Zuerst hatte die Behörde beanstandet, dass der Verein Energieavantgarde seinen Sitz in Dessau habe - das nicht als ländliche Förderregion gelte. Also verlegte Schröder den Sitz nach Ferropolis.
Daraufhin habe das Landesverwaltungsamt unangemeldet zwei Prüfer vorbeigeschickt, die feststellten, dass der Verein dort gar kein eigenes Büro habe, sagt Schröder beim Treffen der lokalen Aktionsgruppe.
„Man hat danach dann keine Chance, auf irgendeine Weise zu argumentieren“, beschwert sich der Ferropolis-Chef. Das Fördergeld sei abgelehnt worden. Er habe die Zusammenarbeit im Vorstand der Aktionsgruppe immer geschätzt, sagt Schröder. Doch mit der Behörde gehe es nicht weiter.
Damit nicht genug - auch die Zukunft von Ferropolis stehe auf dem Spiel, ergänzt der Leader-Manager Wolfgang Bock. Denn: Die Investitionsbank prüfe jetzt bereits seit 2017, also seit zwei Jahren, ob gut eine Million Euro für die Sanierung eines zweiten Absetzer-Baggers freigegeben werden darf.
Mit dem Geld soll unter anderem ein Fahrstuhl eingebaut werden, damit auch mobilitätseingeschränkte Gäste den Ausblick von oben genießen können. „Wenn das passieren würde, dann könnten wir auf dem Tagebaugerät lokale Events für 20 bis 30 Leute durchführen“, sagt Schröder.
Ferropolis müsse in allen Größenordnungen Angebote machen, „denn nur so können wir sinnvoll überleben.“ Der Erhalt funktioniere nur über Einnahmen, weil es keine Dauerzuwendungen gebe.
Verschleppte Genehmigungsverfahren - so die einhellige Meinung in der Aktionsgruppe - seien der Flaschenhals bei Leader. Etwa 100 Projekte in Sachsen-Anhalt seien in den letzten Jahren abgelehnt oder aus Verzweiflung der Antragsteller wieder zurückgezogen worden, kritisiert Leader-Manager Bock.
Der Vorsitzende der Aktionsgruppe, Landrat Jürgen Dannenberg (Linke), schlägt vor, das Gespräch mit den Ministerien und auch den Behördenmitarbeitern selbst zu suchen. Oft würde aus Angst vor einem Fehler eine Ablehnung ausgesprochen. Die jetzige Praxis „sorgt für Unmut, weil die Prüfung schon ein Jahr dauert und am Ende möglicherweise eine Ablehnung steht“, sagt er.
Ungewisse Zukunft
Wegen dieser Langsamkeit startet die Aktionsgruppe für die letzten beiden Jahre der aktuellen Förderperiode auch nur noch einen letzten Aufruf zu Förderanträgen.
Für das Jahr 2020 können nun bis zum 15. September Anträge gestellt werden. „Wir erwarten einen engen Wettbewerb um die vorderen Rangplätze bei diesem letzten Aufruf“, sagt Leader-Manager Bock. Die „letzte Runde“, nennt der Experte diese Förderperiode, weil die EU-Staaten sich bislang nicht auf die Ausgestaltung nach 2021 einigen konnten.
Mit der Bilanz seit 2016 sei man sehr zufrieden, ergänzt Dannenberg. 55 Leader-Projekte habe man in den Jahren eingereicht, eine Mehrzahl sei auch erfolgreich abgeschlossen worden und rund 2,2 Millionen Euro der EU seien in lokale Projekte geflossen. Er verabschiedete Thies Schröder aus dem Vorstand. Seinen Platz nimmt der Jessener Dietmar Wartenburger ein.
Informationen unter www.leader-wittenberg.de
(mz)