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Nachgefragt Warum sich Schiedsrichter Rainer Wenzel leidenschaftlich für den Handball engagiert

Schiedsrichter Rainer Wenzel steht seit rund fünf Jahrzehnten auf der Platte. Die Liebe zu seiner Sportart ist immer noch riesengroß.

Von Ralf Kandel 25.05.2021, 10:15
Rainer Wenzel, Handball-Schiedsrichter aus Erdeborn, vor der Sporthalle in Wansleben
Rainer Wenzel, Handball-Schiedsrichter aus Erdeborn, vor der Sporthalle in Wansleben Foto: Ralf Kandel

Erdeborn/Wansleben - Warum sich Rainer Wenzel dem Handball verschrieben hat? Fast verwundert schaut der 61-Jährige angesichts einer solchen Reporterfrage. Dann sagt er: „Ich bin zwar in Eisleben geboren, aber ich habe mein Leben lang in Erdeborn gelebt. Erdeborn ist ein Handballdorf, da kriegt man die Sportart mit in die Wiege gelegt.“ Losgekommen ist Rainer Wenzel von seiner in die Wiege gelegten Leidenschaft ein Leben lang nicht, der Handball hat immer eine wichtige Rolle im Alltag und auch und vor allem an den Wochenenden für ihn gespielt. Und das jetzt mittlerweile gut fünf Jahrzehnte lang.

„Dass ich jeden Tag irgendwas mit Handball zu tun habe, ist eher die Regel als die Ausnahme. Samstag und Sonntag wird gepfiffen, in der Woche gibt es jede Menge schriftlichen Kram, der erledigt werden muss“, sagt er dann auch eher sachlich. Der Reihe nach.

Frühe Begeisterung für Handball

Seit September 1971 ist Wenzel Mitglied beim BSV Fichte Erdeborn und Handballer. „Wir waren zehn Jungs in der Klasse, fast alle haben bei Fritze Eube und Karl-Heinz Lehmann trainiert und gespielt“, erinnert er sich an die Anfänge zurück. Und an die Zeiten, die folgten. Erst in der Jugend, dann im Männer-Team. Und schließlich seit 1985 als Schiedsrichter. Mittlerweile sind es gut 1.400 Spiele, die er geleitet hat. Viele davon gemeinsam mit Rainer Temm, einem Freund aus Kindergartentagen und Mitschüler aus der damaligen Handballklasse. Gemeinsam sind sie längst eines der bekanntesten Schiedsrichterduos aus der Region.

„Es wurden damals Schiedsrichter gesucht. Man hat mich im Verein angesprochen und ich habe ja gesagt. Damals gab es noch keine Fortbildungen. Gustav Wolfer und Eberhard Schmuck waren erfahrene Schiedsrichter. Sie haben mich zu den Spielen mitgenommen. Angefangen habe ich als Zeitnehmer, später dann immer mit einem von ihnen zusammen Spiele geleitet“, schildert er die Anfänge seiner Schiedsrichterlaufbahn.

Rainer Wenzel: „Handball ist ein sehr fairer Sport“

Immer mehr gerät Rainer Wenzel im Gespräch mit dem MZ-Sportreporter ins Schwärmen, die Begeisterung für den Handball, für das Schiedsrichteramt ist ihm anzumerken. „Ich bin jetzt so lange dabei. Wenn ich in die Halle komme, sind alle fair zu mir. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich fair zu allen bin. Ich pfeife niemanden um“, beschreibt Wenzel seine Neutralität auf der Platte. Ohnehin sieht er sich nicht als den „großen Zampano“ auf dem Spielfeld. „Als Schiedsrichter ist man Begleitperson. Spieler und Spiel müssen immer im Vordergrund stehen.“

Für Wenzel ist es ganz einfach auch selbstverständlich, nicht gleich Strafen auszusprechen. „Es gibt im Handball oft Regeländerungen. Man muss da auch mal den Betreuern und Spielern beratend zur Seite stehen. Es ist schon vorgekommen, dass ich bei einem Time-out ihnen etwas kurz erklärt habe. Man muss da nicht immer gleich Karten ziehen. Es ist schließlich unser Hobby, da muss man nicht mit der Brechstange arbeiten. Als Schiedsrichter muss man auch mal wegschauen können, man muss schon ein bisschen Fingerspitzengefühl haben“, beschreibt der routinierte Unparteiische sein überlegtes Handeln auf der Platte.

Und fügt hinzu: „Aber das kommt alles mit den Jahren. Zuschauer und Spieler wissen genau, mit wem sie wie weit gehen können. Und außerdem ist Handball ein sehr fairer Sport. Nach dem Spiel sind viele Dinge vergessen. Kommunikation ist für mich immer wichtiger als Konfrontation. Außerdem hat man im Lauf der Zeit die Mentalität der Spieler kennengelernt. Der Sport lebt von Emotionen, da muss man auch mal ein Wort tolerieren. Es hält sich aber im Rahmen, die Spieler wissen doch längst, dass die Schiedsrichter ihre Entscheidungen doch sowieso nicht zurücknehmen.“

Corona stoppt den Spielbetrieb

Derzeit allerdings kommt Rainer Wenzel wie seine Mitstreiter nicht dazu, seine Routine, Abgeklärtheit und Regelkenntnis auf den Spielflächen im Land zu zeigen. Im Oktober letzten Jahres hat er sein letztes Spiel geleitet. Seitdem sorgte Corona für ein Stoppzeichen.

Angst, nicht fit zu sein, wenn es wieder losgeht, hat der 61-Jährige nicht. „Ich könnte sofort wieder loslegen.“ Mit dem „Loslegen“ könnte es aber, trotz aller in Sichtweite liegenden Erleichterungen zum Sporttreiben noch ein wenig dauern. „Handball ist eine Kontaktsportart und wird nun mal in der Halle gespielt. Das sind zwei wichtige und nicht zu unterschätzende Kriterien. Dazu kommt der enge Körperkontakt, den es beim Handball nun einmal gibt. Ich befürchte, wir sind eine der letzten Sportarten, die grünes Licht bekommen“, sagt Rainer Wenzel und gibt sich dennoch zuversichtlich. „Ich hoffe, dass die Saison im September losgehen kann.“

Bis es endlich weitergeht, bleiben erst einmal Erinnerungen. „Hier in Wansleben herrscht bei den Spielen immer tolle Stimmung. 200 oder 250 Zuschauer sorgen dafür. Zweimal war der SC Magdeburg schon hier in der Halle, da haben die Karten nicht gereicht“, blickt Wenzel zurück.

Akzeptanz der Familie

Dann spricht er von Dingen, bei denen es weitaus weniger spektakulär zugeht: Nämlich der für ihn alltäglichen Arbeit auch abseits der Spielfläche. Zu tun hat der selbstständige Unternehmensberater da ebenfalls reichlich. Seit vielen Jahren arbeitet er ehrenamtlich im Vorstand vom BSV Fichte Erdeborn, ist hier als Finanzwart im Einsatz. Außerdem ist er Vorsitzender des Bezirkssportgerichtes sowie Mitglied im Verbandssportgericht und im Sportgericht des Mitteldeutschen Handballverbandes. Das alles funktioniert natürlich nur mit enormer Rückendeckung durch die Familie. Wenzel ist verheiratet und hat zwei Kinder. „Ohne ihre Akzeptanz wäre dieses Pensum nicht zu leisten“, so Wenzel.

In Sachen Gerichtsbarkeit lobt Wenzel einmal mehr die Fairness der Handballer. „Das ist eine ziemlich konstante Arbeit. Bis auf wenige Ausnahmen geht es ruhig zu. Schlägereien oder so was kennen wir zum Glück nicht. Wenn, dann geht es um Schiedsrichterbeleidigung. Das Strafmaß reicht dann von einer Geldstrafe bis hin zu Spielsperren. Vier Spiele Sperre waren da bisher das Maximum, das war schon ein ziemlich hohes Maß.“

Auch auf die letzte Frage, die der MZ-Sportreporter an diesem Abend vor der zugesperrten Sporthalle in Wansleben stellt, hat Rainer Wenzel eine schnelle Antwort. „Ob mir Handball nach so vielen Jahren noch Spaß macht? Na klar! Ja!. Ich fiebere, dass es endlich wieder losgeht“, sagt Rainer Wenzel. Und strahlt über das ganze Gesicht. Handball, das ist klar, ist nun mal ein Teil seines Lebens. (mz)