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Rustikal essen in Blankenheim: Die Obermühle

Von Ralf Böhme 02.06.2014, 10:54
Hier serviert der Chef noch selbst.
Hier serviert der Chef noch selbst. Jürgen Lukaschek Lizenz

Blankenheim - Nimm dir Zeit! Es lohnt sich, dann und wann die Autobahn zu verlassen. Auch auf der guten alten B80 kommt man voran. Eisleben, Wimmelburg, Blankenheim - da ein Hinweisschild: Obermühle 200 Meter. Wer nicht Acht gibt, rollt vorbei. Nur eine Lücke im üppigen Grün gibt den Blick auf das Anwesen frei.

Der rustikal anmutende Hof, zu dem eine Töpferei gehört, wirbt wie in längst vergangenen Zeiten: durchgehend warme Küche, von 11 bis 22 Uhr. Abseits bevölkerter Touristenpfade und Reisewege erscheint das fast als Luxus. Machen wir die Probe aufs Exempel.

Entspannung auf Omas großem Sofa in der „Obermühle“

Um diese Zeit sind nur wenige Plätze besetzt. Der Wirt ist gleich zur Stelle. „Sie haben die Wahl“, sagt Peter Kunze, der seit vielen Jahren hier das Geschäft führt. Einladend sind die Tische unter großen Sonnenschirmen im Biergarten. Doch uns zieht es, warum auch immer, ins Haus. Blank gescheuerte Dielen, schwere Tische mit abgeschliffenen Holzplatten.

Blickfang ist jedoch ein großes Sofa wie aus Omas guter Stube. Wer sich auf dem roten Samt niederlässt, kann den Blick schweifen lassen. In aller Ruhe. Draußen im Garten blühen die gleichen Blumen, die hier in Vasen den Gastraum schmücken. In der Mitte steht ein großer grüner Kachelofen. Was ist mit der großen Uhr über der Küchentür? Die Zeiger rücken nicht weiter. Ist die Uhr stehen geblieben? Nein. Aber hier tickt man anders als in der Stadt, wie auch die rasch überschaubare Karte belegt.

Cabernet Sauvignon Savoy und Kloster Andechs Weizen

Bodenständige Küche ist angesagt. Was Ackerbau und Viehzucht im Südharz hergeben, kommt in Topf und Pfanne - auch einige leichte vegetarische Gerichte sind im Angebot. Wer die Karte von hinten nach vorn liest, bleibt zuerst bei den ausgewählten Wein-Offerten „hängen“.

Verheißungsvoll: Cabernet Sauvignon Savoy, ein Tropfen aus einem der elitären franzosischen Anbaugebiete. Das macht neugierig, auch wenn der wohltemperierte Schoppen etwas teurer als gewohnt ist - 5,30 Euro. Tiefrot, dunkel auch im Geschmack, mit einem Schmelz von schwarzen Johannisbeeren, so lässt sich der Genuss vielleicht am ehesten beschreiben. Und er prägt sich ein, bleibt im Gaumen-Gedächtnis.

Übrigens: Auch Biertrinker werden positiv überrascht sein. Ausgerechnet im tiefsten Mansfelder Land wartet immer ein Fass mit feinem Hefeweizen aus dem Kloster Andechs in Bayern. Der halbe Liter kostet 3,50 Euro. Nach derlei Kostproben fallen andere Entscheidungen natürlich leicht.

Frisch zubereiteter Rinderbraten und deftige Maisschaumsuppe

Dunkler Wein zu dunklem Fleisch. Da ist man immer auf der sicheren Seite. Also notiert sich die flotte Kellnerin einmal Rinderbraten nach Art des Hauses und für 16,70 Euro. Was die Frau dabei versichert, lässt aufhorchen: Alles, aber auch wirklich alles werde frisch zubereitet. 20 bis 30 Minuten könne es deshalb schon dauern.

Indes, die Wartezeit lässt sich verkürzen - mit einer deftigen Suppe, für die die Töpfe quasi schon auf dem Herd stehen. Drei Varianten. Das klingt erst einmal nicht nach Vielfalt: Gemüsebouillon, Soljanka und Maisschaumsüppchen. Letzteres ist ein kleines Kunstwerk. Da verbrennt sich niemand die Zunge.

Was den Koch vom Hobby-Koch unterscheidet, zeigt sich jedoch am ehesten daran: Mit dem pürierten Mais mischt sich so vieles, dass die Geschmacksnerven vollauf und auf das Angenehmste zu tun bekommen. Der Gast wechselt in seinen Ahnungen zwischen Knoblauch, Chili, Curry, Oliven, Koriander, Limette und Sahne. Dieser Mix sorgt für einen unverwechselbaren, jedoch auch kaum beschreibbaren Geschmack.

Portionen für Obersteiger

Wie die Zeit vergeht... Gerade erfährt man, wie die ehemalige Wassermühle nach 1990 zu neuem Leben erweckt ist, schon steht das Hauptgericht auf dem Tisch. Daran gibt es nun keinen Zweifel mehr: Das ist keine Mini-Portion für den Bergknappen, sondern ein Gelage für den Herrn Obersteiger. Die Kartoffeln sind handgeschält. Verfeinert mit Zwiebeln haben die Pilze in der Pfanne ihre ideale Farbe erreicht.

Der erste Happen überzeugt bereits. Das Rindfleisch erweist sich als ungewöhnlich zart. Geschmacklich ist seine Eigenart erhalten geblieben, aber insgesamt unaufdringlich. Auch bei diesem Meisterstück spielt der Küchenchef mit Gewürzen, sogar eine Erinnerung an grünen Ingwer ist erlebbar.

Die Soße verrät den Könner. Eine Anleihe bei Sternekoch Alfons Schuhbeck erscheint wahrscheinlich. Vielleicht genügt da aber auch ein Rückgriff in Oma Lucies Rezepte-Kästchen - nach dem Motto „Gutes bleibt immer gut“.

Angama-Töpferei als künstlerisches Highlight

Dieser Spruch trifft auch auf die dem Gasthaus angeschlossene Töpferei zu. Reimar und Carola Krüger - zur Wendezeit die Erwerber des einsamen Gehöfts - schaffen dort Einzigartiges. Ein Abstecher, um es zwischen Hauptgang und Kaffeetafel kennenzulernen, genügt nicht. Das Künstlerpaar widmet sich nämlich der hierzulande seltenen Kunst der Anagama-Töpferei, die eigentlich in Japan beheimatet ist. Mehrere Studienaufenthalte im Fernen Osten haben Krügers in dieses Vorhaben investiert.

Erster Blickfang: der riesige Holzbrandofen im Garten. Um fest zu werden und seine aufregende Färbung zu erhalten, bleiben die von Krügers geschaffenen Stücke vier Tage und Nächte darin. 25 Festmeter Holz werden verheizt, damit die Temperatur nicht absinkt. Das Ergebnis, auf Muscheln gebrannte Keramiken, versetzt nicht nur Fachleute ins Schwärmen.

Hoch im Kurs stehen beispielsweise große Vasen mit aufregenden Glasuren, die dann allerdings auch nicht ganz billig sind. Groß - das kann dann schon einmal eine Höhe von 65 Zentimetern und mehr bedeuten. Traditionell am letzten Juni-Wochenende lädt die Töpferei zu Tagen der offenen Türen ein. Auch auf ausgewählten Märkten sind Krügers mit ihren Angeboten unterwegs.

Obstkuchen auch außer Haus

Obstkuchen mit Sahne ist nicht Obstkuchen mit Sahne. Da ist man schon manchmal reingefallen. In der Blankenheimer Obermühle, wo zuweilen nur zwei Sorten angeboten werden, tendiert das Risiko vermutlich immer gegen Null.

Ob Apfel, Pflaume, Kirsche oder Rhabarber - schmeckt wie bei Muttern, würde der Berliner hier sagen und sich noch ein zweites Stück bestellen. Daheimgebliebene sollte man indes nicht vergessen. Kuchen gibt es auch außer Haus, genau wie die köstliche Konfitüre mit Früchten aus dem Obermühle-Garten. (mz)

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