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Projekt "Dehnungsfuge" in Eisleben Projekt "Dehnungsfuge" in Eisleben: Flüchtlinge und Sprayer verschönern Glascontainer

Von Susann Salzmann 11.07.2016, 14:13
Knapp zwei handvoll 16- bis 18-jährige, unbegleitete Flüchtlinge sind stolz auf den zuerst fertiggestellten Glascontainer in der Glumestraße.
Knapp zwei handvoll 16- bis 18-jährige, unbegleitete Flüchtlinge sind stolz auf den zuerst fertiggestellten Glascontainer in der Glumestraße. Salzmann

Eisleben - Zu einem Dutzend arbeiten Sprayer an vier Einsatzstellen in Eisleben. Die Graffitisprühdosen in den Händen haltend und Mundschutz, wegen der giftigen Gase, tragend, zieht die Gruppe neben Blicken der Passanten auch die zunächst skeptischen Blicke zweier Polizisten der Direktion in Eisleben an.

Projekt „Dehnungsfuge“

Das kreative Zwölfergespann hat kurz vor der Stippvisite den zweiten Sprühstandort in der Magdeburger Straße bezogen, als die zwei Polizisten vorfahren. Das Treiben an den Glascontainern, die nahe der Grundschule stehen und im Rahmen des Projektes „Dehnungsfuge“ mit Graffiti-Mustern optisch aufgewertet werden, ist derweil in vollem Gange.

Eine schöne Idee, würdigt einer der beiden Polizeibeamten das Unterfangen. Doch liegt dafür auch eine Genehmigung vor? Die kann Kathrin Lau, Theaterpädagogin und Koordinatorin des Projektes, schnell nachweisen. Die emsigen Helfer, zu denen gut zwei handvoll 16- bis 18-jährige, unbegleitete Flüchtlinge aus Somalia und Afghanistan zählen, arbeiten ohne Unterbrechung beinahe unbeirrt weiter.

Geometrische Formen statt Schmierereien

Nach und nach verschwinden die unansehnlichen Schmierereien auf den insgesamt acht Glascontainern. Der blaue Lack ist längst getrocknet. Geometrische Formen dank Schablonen flugs aufgesprüht. Im Hintergrund läuft arabische Musik.

Das bringt den 17-jährigen Shamshir Safi aus Afghanistan unter anderem auf die Idee, die Namen der Beteiligten in der Heimatsprache Farsi auf den Containern anzubringen. „Und auch ein Gedicht“, setzt der 17-Jährige hinzu. In Hockstellung beginnt er, die persischen Schriftzeichen seitlich aufzumalen. „Eine deutsche Übersetzung wird es auch geben“, hakt Danilo Hallo ein.

Der Sprayer der Freiraumgalerie Halle ist mit seinem Kollegen Viktor Sobek für die gestalterische Umsetzung verantwortlich. Spaß macht es allen geflüchteten Jugendlichen, bestätigen sie. Für ein gutes Gefühl sorge insbesondere das Wissen, dass es eine sinnvolle, gute Sache ist, freut sich der 17-jährige Rahmat Hassani, ebenfalls aus Afghanistan.

Bestätigungen durch Passanten

Melancholie – nämlich beim Auftragen des Friedens-Gedichtes auf der Containerwand – hält sich nur kurz. Die Bestätigungen kommen am laufenden Band durch die Passanten. „Eine Frau ist sogar zwei mal in kurzer Zeit zum Glascontainer gekommen, hat etwas hineingeschmissen, nur um zu sehen, wie es geworden ist“, lächelt Lau. Der Vorteil für die Beteiligten: Erfolgserlebnisse in kurzer Zeit, sich auch untereinander besser kennenzulernen – trotz bestehender Sprachbarrieren. Auf Verbalitäten liege beim Sprayen aber ohnehin kein Fokus.

Die Passanten loben in hohen Tönen. Eine Eisleberin habe sich sogar das Gestalten der Altkleidercontainer gewünscht, erinnert sich die Theaterpädagogin zurück und beruft sich auf weitestgehend positive Erfahrungen der Öffentlichkeit. Nur einmal in der Anfangsphase, sagt Lau, habe sich eine Anwohnerin über die neuen Farbtupfer in der Stadt empört. Viel stehe der Altkleidercontainerumgestaltung nicht entgegen. In jedem Fall müssten sich die Eigentümer damit einverstanden geben.

Zählt man die zwei umgestalteten Glascontainer in der unteren Glumestraße und die zusätzlichen vier in der Helbraer Straße mit, so seien laut Lau in den letzten Wochen etwa 30 Glascontainer in der Lutherstadt verziert worden. (mz)