1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Mansfeld-Südharz: Mansfeld-Südharz: Natur über Mansfeld wie entfesselt

Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Natur über Mansfeld wie entfesselt

Von BURKHARD ZEMLIN 27.05.2010, 18:18

Mansfeld/MZ. - - Vor 90 Jahren am 27. Mai tobte ein Gewitter über dem Mansfelder Land, verbunden mit wolkenbruchartigen Niederschlägen. Mansfeld, die Kreisstadt des Mansfelder Gebirgskreises, war bereits einen Tag zuvor von einem schweren Gewitterregen heimgesucht worden, der zahlreiche Häuser in Mitleidenschaft gezogen hatte. Doch was jetzt über die Bevölkerung hereinbrach, war eine einzige Katastrophe.

"Seit Menschengedenken ist Mansfeld von einem solchen Unglück nicht heimgesucht worden", schrieb der fassungslos wirkende Chronist und fügte hinzu, dass Tag und Nacht Pumpen im Einsatz waren, um Unmengen Wasser und Schlamm aus Kellern, Höfen und Stallungen zu befördern.

Auch aus anderen Gemeinden wurden schwere Schäden gemeldet. In Volkstedt, wo zeitweilig ein regelrechtes Wildwasser auf der Straße strömte, konnten mehrere Frauen gerade noch gerettet werden. In Möllendorf wurden mehrere Pferdewagen von der Flut mitgerissen, die Menschen hatten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen können. In Ahlsdorf, Benndorf, Blumerode, Gorenzen, Ziegelrode und Vatterode ein ähnliches Bild. In Thondorf stand das Wasser fast einen Meter hoch. Bei Siersleben glichen die Felder einem großen See. Aus Hettstedt wurden überflutete Keller gemeldet.

Doch die eigentliche Tragödie ereignete sich in Augsdorf, wo das Gewitter ebenfalls mit Macht tobte. Hier wurde ein sechsjähriger Junge mitten auf der Straße vom Blitz erschlagen: Friedrich Moher. Seine Mutter war starr vor Schreck, als das Unglück geschah. Sie hatte auf der Dorfstraße die Gänse heimgetrieben, um sie vor dem nahenden Unwetter in Sicherheit zu bringen, als der Blitzstrahl vom Himmel schoss und ihr das Kind nahm.

Die Natur war eine knappe halbe Stunde über Teilen des Gebirgskreises wie entfesselt. Die Stadt Mansfeld am Fuße des Schlossberges bot danach ein einziges Bild der Verwüstung. 25 Häuser wurden so sehr in Mitleidenschaft gezogen, dass akute Einsturzgefahr bestand. 70 weitere Häuser hatten geringere Schäden davongetragen. Die ganze Habe von etwa 400 Familien und Gewerbetreibenden lag buchstäblich unter Schlamm begraben.

Der Schaden allein in Mansfeld wurde nach einer ersten Bestandsaufnahme auf 20 bis 30 Millionen Mark geschätzt. Landrat Bormann, der tags zuvor noch der Meinung war, dass die Stadt die Flutschäden mit eigenen Kräften werde meistern können, rief die Bezirksregierung um Hilfe. Oberpräsident Hörsing beorderte Militär ins Katastrophengebiet, 80 Pioniere, deren Einsatz wenige Wochen nach dem Kapp-Putsch auch auf Vorbehalte stieß. Nicht jedoch bei den vom Unglück Betroffenen, diese waren heilfroh über die Hilfe. Paul Wernicke, Paul Boehmert, Paul Haake, Richard Horn, Karl Herzog, Franz Pellegrini, E. Diesel, Maria Gröper, Marie Traue und viele andere unterzeichneten eine Erklärung, in der sie die Hilfe der Reichswehr-Pioniere ausdrücklich hervorhoben. Man war sich einig: "Wenn sie nicht gekommen wären, wir wären alle im Schlamm versunken."