Mansfeld-Südharz: Mansfeld-Südharz: Einzigartige Schätze in Eisleben

Eisleben/dpa. - Für Pilger auf dem Lutherweg ist die St.Annenkirche in Eisleben noch fast ein Geheimtipp. Immerhin beherbergtdas Gotteshaus mit 29 Relieftafeln aus weißem Sandstein die einzigeSteinbilderbibel nördlich der Alpen. «Mittlerweile kommen jährlichrund 3000 Besucher zu uns», sagt Kirchenführerin Bärbel Kettner. Dieknapp einen Meter hohen und einen halben Meter breiten Reliefblöckewurden vom münsterländischen Künstler Hans Thon Uttendrup im Jahr1585 geschaffen.

Auf 23 Tafeln sind alttestamentliche Themen von derSchöpfungsgeschichte bis zur Sintflut und dem Erreichen des GelobtenLandes dargestellt. Zudem zeigen vier kleinere Steintafeln dieEvangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes. Auf den restlichenzwei Tafeln sind die österliche Auferstehung von Jesus Christus undder Tod als Zeichen der Vergänglichkeit irdischen Lebenszu sehen. «Die biblischen Geschichten wurden für die damaligenleseunkundigen Menschen bilderbuchhaft und sehr plastischdargestellt», erklärt Kettner.

Auftraggeberin für das spätmittelalterliche Kunstwerk war GräfinMargaretha Fürstin zu Braunschweig-Lüneburg (1534-1596). Sie habeauch die Erweiterung der Annenkirche um ein Langhaus und denKirchturm veranlasst. Zudem wurde das Innere des Gotteshauseskünstlerisch ausgestaltet. «Dazu gehörte der farbenprächtigeGipsstuck mit Szenen aus dem Leben Christi am Kanzelkorb und dieDeckenmalerei im Mittelschiff», sagt Kettner.

Ursprünglich wurde die Annenkirche mit einem Eremitenkloster derAugustiner 1513 von Graf Albrecht VII. von Mansfeld-Hinterort für dieBergarbeitersiedlung der Eislebener Neustadt gegründet. Aus Geldnotseien bis 1516 nur der Chorraum, das ist der Platz um den Altar, unddas Klostergebäude errichtet worden. «Martin Luther (1483-1546)weilte als Augustinermönch und Distriktvikar seines Ordens in denJahren 1516 und 1518 im Kloster», sagt die Kirchenführerin.

Bei bautechnischen Untersuchungen im Jahr 2008 wurden auf demDachboden des ehemaligen St. Annenklosters sieben kleine Kammern, indenen einst die Mönche gelebt und gebetet haben, zufällig entdeckt.Das sei einzigartig, weil an anderen Luther-Orten wie Wittenberg undErfurt, derartige Mönchszellen im Originalzustand nicht mehrvorhanden sind. Die rund 500 Jahre alten Mönchszellen hatten dieJahrhunderte fast im Originalzustand überdauert. «Luther könnte ineiner der Mönchszellen gewohnt haben», sagt Gemeindepfarrer ChristophHellmich. Das Kloster neben der St. Annen-Kirche wurde im Zuge derReformation 1523 wieder aufgelöst und später unter anderem als Schulegenutzt.

Die Kirchengemeinde will den historischen Ort in den nächstenJahren der Öffentlichkeit zugänglich machen. «Bis jetzt zeigen wirBesuchern die Mönchszellen nur auf Nachfrage, weil der baulicheZustand einen Tourismus im größeren Stil nicht zulässt», sagtHellmich. Für die komplette denkmalpflegerische Sanierungund Neugestaltung des ehemaligen Klostergebäudes und heutigenPfarrhauses sind im Architektenentwurf fünf Millionen Euroveranschlagt. «Der Umbau kann aber nur schrittweise erfolgen», sagtHellmich.

Ein konkreter Beschluss richtet sich nach den Ergebnissender Bauuntersuchung im nächsten Jahr, sagt der Pfarrer. «Mit Blickauf das 500-jährige Reformationsjubiläum im Jahr 2017 erscheint essinnvoll, das Ensemble als Pilgerherberge mit einer Tagungs- undBegegnungsstätte zu nutzen. Schließlich kreuzen sich in Eisleben derJakobsweg, der Lutherweg sowie der Fernwanderradweg», sagt Hellmich.In den ehemaligen Mönchszellen werde es eine Ausstellung über Lutherin der Reformationszeit geben.

Luther wurde am 10. November 1483 in Eisleben geboren. Er lebteviele Jahre in Wittenberg, wo er am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesengegen den Ablasshandel an das Hauptportal der Schlosskirchegeschlagen haben soll. Dies galt als Beginn der Reformation. Lutherstarb am 18. Februar 1546 in Eisleben. Sachsen-Anhalts Luther-Stättensind Unesco-Welterbe.

St. Annen Kirchengemeinde: Annenkirchplatz 2, 06295 LutherstadtEisleben