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Litfaß-Säule 2.0 Litfaß-Säule 2.0: Eisleber Firma entwickelt einzigartiges Info-System

Von Jörg Müller 23.04.2017, 11:00
Sebastian und Frank Wrba (von links) haben mit ihrer Firma WSE eine multimediale Litfaß-Säule entwickelt.
Sebastian und Frank Wrba (von links) haben mit ihrer Firma WSE eine multimediale Litfaß-Säule entwickelt. Jürgen Lukaschek

Eisleben - Das ist der Vorteil einer Computertechnik-Firma: „Einer unserer Mitarbeiter sitzt in Halle, einer in Magdeburg“, sagt Sebastian Wrba (28). In Eisleben seien hochqualifizierte Informatiker nun einmal Mangelware. Und auf diese Fachleute ist die WSE GmbH, die er gemeinsam mit seinem Vater Frank Wrba (56) leitet, zunehmend angewiesen. Das Unternehmen, das 1990 mit dem Verkauf von Funk- und Telefonanlagen angefangen hat, ist heute eine bundesweit tätige Spezialfirma für Kommunikations- und Sicherheitstechnik. „Wir beschäftigen uns immer mehr mit Software-Entwicklung“, so der Seniorchef.

Säule soll über Internet, Funk oder eigenes Netzwerk gesteuert und bespielt werden

Neuestes Produkt ist eine „multimediale Litfaß-Säule“, wie Wrba sagt: eine wetterfeste Informations-Stele, die über das Internet, Funk oder ein eigenes Netzwerk gesteuert und bespielt werden kann. „Wir sind die Einzigen, die so ein System anbieten.“ Bislang könnten bei Info-Monitoren, wie sie zum Beispiel in Arztpraxen oder Geschäften im Einsatz sind, die Inhalte, wie Videos oder Werbung, nur über Daten-Sticks geladen werden.

Erfinder der Litfaß-Säule war der Berliner Druckereibesitzer und Verleger Ernst Litfaß (1816 bis 1874). Er soll sich über das wilde Plakatieren in Berlin so geärgert haben, dass er den Behörden vorschlug, überall in der Stadt Anschlagsäulen aufzustellen. Am 5. Dezember 1854 erhielt Litfaß nach jahrelangen Verhandlungen vom Polizeipräsidenten die Genehmigung für 150 „Annoncier-Säulen“. Litfaß hatte ursprünglich Buchhändler gelernt, versuchte sich dann aber als Schauspieler und gründete ein Theater. Nach dem Tod seines Stiefvaters 1846 übernahm er dessen Druck- und Verlagshaus. Die Angaben, wie viele Litfaß-Säulen heute noch in Deutschland stehen, schwanken von 50.000 bis 75.000. In Eisleben waren es nach letzter Zählung vor einigen Jahren 16, in Hettstedt nur noch eine. (mz)

„Mit unserer Technik kann zum Beispiel ein Bäcker mit mehreren Filialen kurz vor Feierabend in seinen Läden eine Werbung laufen lassen, dass er seine Brötchen drei Cent billiger verkauft“, so Wrba. Auch für touristische Informationen, etwa einen interaktiven Stadtplan mit Sehenswürdigkeiten und Öffnungszeiten, biete sich das System an. „Wir sind gerade dabei, eine Stele auf den Brocken zu liefern.“ Mit weiteren Orten im Harz sei man im Gespräch.

Die WSE-Informatiker, die freilich nicht alle auswärts, sondern durchaus auch am Firmensitz in der Eisleber Freistraße arbeiten, haben bereits vor Jahren ein eigenes Informationssystem entwickelt. „Das sind übrigens wirklich solche Computer-Nerds, wie man sie sich immer vorstellt“, sagt Sebastian Wrba, der selbst Informatik studiert hat. Das heißt zum Beispiel, dass die Programmierer gern erst mittags anfangen, dafür dann aber auch mal bis zum frühen Morgen arbeiten. Gegen das ebenfalls sprichwörtliche Chaos an den Arbeitsplätzen setzt der Geschäftsführer allerdings seinen „angeborenen Ordnungssinn“.

Aufbau von Leitstellen für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst als Hauptgeschäftsfeld der Eisleber Firma

„Wir sind auf einem Nischenmarkt mit harter Konkurrenz tätig“, sagt Frank Wrba. Dementsprechend hoch sei der Druck für das kleine Unternehmen mit 16 fest angestellten sowie je nach Auftrag weiteren freien Mitarbeitern, mit Innovationen die weitere Existenz zu sichern. Ein Hauptgeschäftsfeld ist der komplette Aufbau von Leitstellen für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst sowie die Ausrüstung von Einsatzfahrzeugen. „Wir haben gerade die Schulungszentren der Polizei in Sachsen-Anhalt mit unserem System ausgestattet“, so Wrba.

Zum anderen hat die Eisleber Firma in den vergangenen Jahren ein Funknetz für die Binnenschifffahrt entwickelt und aufgebaut. Es umfasst rund 500 Funkanlagen sowie mehrere Leitstellen in ganz Deutschland. Das Netz wird rund um die Uhr von Eisleben aus technisch betreut. In Bernburg hat WSE jetzt eine Anlage zur Fernbedienung von Schleusen gebaut. (mz)