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In Auschwitz Schuhe von Häftlingen gereinigt

Von ROMAN HAEUSGEN 16.09.2009, 16:29

HALLE/MZ. - verwenden. Sie streichen ein Weggeländer im Walbecker Zoo. Neben diesen jungen Leuten, die zur Verschönerung des beliebten Ausflugszieles beitragen, sind andere ihrer Gruppe in Wippra auf der Jagd nach dem schädlichen Borkenkäfer, und weitere machen aus einem verwilderten Steingarten im Kolping-Berufsbildungswerk eine attraktive Anlage.

Zum wiederholten Mal ist Kolping Station im so genannten Auschwitz-Begegnungs-Projekt. Denn dieses gemeinsame Arbeiten von insgesamt 21 Jugendlichen im Mansfelder Land ist Teil des Gegenbesuches von jungen Polen in Deutschland. In der anderen Richtung ist stets Oswiecim der Einsatzort. "Wir haben dort verschiedene Arbeiten ausgeführt", erzählte Mittwoch Jürgen Riechers. Der Sozialpädagoge aus Hannover betreut die acht Jugendlichen, mit denen er aus der niedersächsischen Landeshauptstadt ins Manfeldische gekommen ist. Zu den Arbeiten in der Gedenkstätte des Holocaust gehörte auch das Reinigen und Konservieren von Schuhen von Menschen, die einst in Auschwitz inhaftiert waren und zu Tode gekommen sind. "Das hat sich bei uns tief ins Bewusstsein gegraben", so der Mann vom Jugendamt Hannover, der in einer Berufsbildenden Schule benachteiligte Jugendliche im so genannten Berufsvorbereitenden Jahr (BvJ) unterrichtet. Von dieser Schule ist auch Bernd Eßlinger mit nach Walbeck gekommen. Gemeinsam mit der Kolping-Ausbilderin Regina Kreitel und jungen Auszubildenden hatten sie gehörig zu tun, den recht verkrauteten Steingarten auf dem Kolping-Gelände wieder zutage zu fördern.

Entstanden sei das Begegnungsprojekt, das sowohl vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk als auch der Stadt Hannover finanziert wird, nach einem Besuch junger Niedersachsen 1994 in Auschwitz. Seit dem erfolgen die Treffs wechselseitig und seit einigen Jahren ist auch Wurzen mit Einsatzort, wo sich das Netzwerk für demokratische Kultur mit einbringt. "Wir sind seit 2007 dabei", ergänzte Frau Kreitel. Insgesamt seien bisher 1 400 Jugendliche in dem gemeinsamen Projekt betreut worden.

Natürlich geht es nicht nur um das gemeinsame Arbeiten, das auf Begegnung und Verständigung zielt. Die Freizeit gehört ebenfalls der Gemeinsamkeit. So besuchen die jungen Leute unter anderem das Bergbau-Museum Wettelrode, aber auch die KZ-Gedenkstätte Buchenwald. Im Sinne der Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus, Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Gewalt wird auch der Aufenthalt bei Kolping gestaltet. Dort gibt es eine Ausstellung zu Auschwitz, wozu unter anderem ein Abbruchstein aus dem Krematorium der Vernichtungsstätte gehört.

Doch auch an das KZ Langenstein-Zwieberge, einer Außenstelle von Buchenwald, wird erinnert. Noch in dieser Woche wird der Film "Nackt unter Wölfen" vorgeführt. "Und ein ehemaliger Häftling will uns über die Strapazen des mörderischen Lagerlebens berichten", so Riechers.