Fußball-Sommercamp Fußball-Sommercamp: Jugendliche aus München und Eisleben trainieren eine Woche lang

Eisleben - Rüdiger Heid verschränkt die Arme vor der Brust und lässt seinen Blick über den Fußballplatz des MSV Eisleben schweifen. Dabei nickt er zufrieden und sagt: „Die Bedingungen hier in Eisleben sind wirklich hervorragend, sogar besser als letztes Jahr in Carcassonne.“ Auf dem Platz spielen derweil 60 Kinder aus München und Eisleben Fußball.
Einige kicken, andere lernen unter Anleitung erfahrener Trainer sich aufzuwärmen. „Bunt kickt gut“ ist ein europaweit einzigartiges Modell des organisierten Straßenfußballs, das 1979 in München entstanden ist. Jetzt gastiert es in Eisleben.
„Ich habe das Projekt damals gegründet, um junge und wilde Flüchtlinge vom Balkan zähmen zu können“, erklärt der gelernte Geograf mit einem Lächeln. Ihm ging und geht es dabei nicht nur darum, dass die Jungs und Mädels Fußball spielen, sondern auch darum, dass sie soziale Kompetenzen erlernen.
Grundlage für Projekt ist interkulturelle Münchner Straßenfußball-Liga
Grundlage dafür ist die interkulturelle Münchner Straßenfußball-Liga, die „Bunt kickt gut“ ins Leben rief. Ligen gibt es inzwischen auch in Dortmund, Berlin, Niederbayern und Würzburg.
Die Liga bietet Kindern und Jugendlichen aus einem schwierigen sozialen Umfeld - vorwiegend aus Familien mit Migrationshintergrund - eine sinnvolle und ihre Entwicklung fördernde Freizeitgestaltung. Über die Jahre konnte Heid mit seinem Projekt schon unzählige Preise entgegennehmen. Am Sonntag erst bekam das Projekt eine weitere Auszeichnung von der Deutschen Bank verliehen.
Highlight ist jedes Jahr das Sommercamp, das „Bunt kickt gut“ ausrichtet. Dieses Jahr ist Eisleben das Ziel gewesen, am Dienstag reisen die Teilnehmer wieder ab. Angelika Althaus vom Kinder- und Jugendhaus „Moskito“ ging auf Heid zu und schaffte es zusammen mit der Stadt, das Camp in die Lutherstadt zu holen. Der MSV Eisleben stellte dabei seinen Fußballplatz.
„Ich mache mit, weil ‚Bunt kickt gut’ für mich eine zweite Familie geworden ist“, erklärt Ribar Murad. Der Münchner ist nicht zum ersten Mal beim Sommercamp dabei. „Leider kann ich mit meiner Familie nicht verreisen, aber mit ‚Bunt kickt gut’ und all den coolen Leuten“, so Ribar. Es werde zwar Fußball gespielt, der Sport stehe aber nicht im Vordergrund.
Kontakt und Zeit mit Freunden steht bei Teilnehmern im Vordergrund
„Fußball ist nicht die Number eins. Vielmehr ist es der Kontakt und das Zeitverbringen mit meinen Freunden, worum es mir beim Camp geht“, so der 15-Jährige. Die vielen Ausflüge würden ihm zwar auch viel Spaß machen, wären aber nicht so wichtig. „Es ist wirklich der Zusammenhalt innerhalb der Gruppe, da kann auch mal einer der Ausflüge blöd sein, Spaß haben wir immer“, sagt er mit einem Lachen im Gesicht.
Während am Vormittag schweißtreibende Trainingsaktivitäten im Vordergrund stehen, gibt es nachmittags verschiedene Ausflüge. Abends beteiligen sich die jungen Straßenfußballer an verschiedenen Arbeitsgruppen. Am Sonntag gab es auf dem Platz des MSV Eisleben ein großes abschließendes Turnier.
Jedes teilnehmende Kind hat zuvor einen Teilnehmerbeitrag von 200 Euro entrichtet - Kinder, deren Eltern sich den Betrag nicht leisten konnten, wurde mittels eines Fonds unter die Arme gegriffen. „In diesen 200 Euro stecken auch 50 Euro Kaution, die wir zurückbekommen, wenn wir uns benommen haben“, erklärt Ribar. Heid ergänzt daraufhin, dass es durchaus sein kann, dass es auch nur 20 Euro zurückgibt - der Betrag ist variabel, je nach dem Verhalten des Kindes.
Kinder sind in Arbeiten des Projekts „Bunt kickt gut“ mit eingebunden
Ein ganz wichtiger Eckpfeiler für das „Bunt kickt gut“-System ist das Thema „Partizipation“. Die Kinder sollen in den Prozess des Camps, aber auch in die Arbeit des Projekts eingebunden werden. „Deshalb geben wir beispielsweise zwei Mal im Jahr den ‚Buntkicker’ heraus“, erklärt Heid. Dabei handelt es sich um ein Fußballmagazin, das von den Aktivitäten des Vereines berichtet.
Abdullah Biyik ist einer der vielen Redakteure, der an dem umfangreichen Magazin mitarbeitet. Er wechselt ständig zwischen seiner Video- und einer Spiegelreflexkamera und hält die Aktivitäten auf dem Platz mit den Kameras fest. Sind alle Bilder im Kasten, überspielt er sie direkt auf einen Laptop. „Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, ich bin schon seit 2000 dabei - es ist wie eine Familie“, sagt der 24-jährige Münchner. (mz)
