Ferien in der DDR Ferien in der DDR : Ein Ferienjob für ein Paar Sandalen

Eisleben - Als es in Eisleben auch die „Jugendmode“ im HO-Einzelhandelskaufhaus gab, kam Bewegung in das Angebot ansprechender Bekleidung für Jugendliche. So fanden sich dort mitunter auch gute Jeans der Marke Lee oder Plateauschuhe/-Sandalen aus Italien.
Das waren tolle Angebote, aber für eine Schülerin viel zu teuer - die genannten Sandalen kosteten etwa 75 DDR-Mark. Also wurde ein Job gesucht und bei der Deutschen Post gefunden.
Sechs Mark am Tag
Der Vorteil war, dass man nicht nur in den Ferien dort Geld verdienen konnte, sondern auch jeden Sonntag. Das Zauberwort lautete: Zeitungen austragen.
Zu Beginn der Sommerferien 1968 konnte ich somit eine Sonntagstour im Bereich des Eisleber Plans und der dazugehörigen Nebenstraßen übernehmen. Zugestellt wurden etwa das „Neue Deutschland“, die „Neue Zeit“, der „Neue Weg“ oder die Bauernzeitung.
Die Tageszeitung des Bezirkes Halle, die „Freiheit“, gab es an diesem Tag nicht und somit belief sich der Zeitaufwand auf etwa zwei Stunden. Zeitiges Aufstehen am Sonntag , trotz des Jugendtanzes jeden Samstag bis 0.30 Uhr im Wiesenhaus, war kein Problem, denn die sechs Mark pro Sonntag waren Grund genug.
Rein rechnerisch musste man so für die „Traumsandalen“ ein Vierteljahr arbeiten. Und es war schon auch Glück, wenn man sie dann noch bekommen hat.
Nach Beendigung der 8. Klasse, ein Jahr später, konnte ich erstmals zusätzlich auch eine Tour in unserem Wohngebiet übernehmen. Diese große Tour umfasste rechts und links der Katharinenstraße zwei große Wohngebiete.
Da gab es nach den vier Wochen Urlaubsvertretung für die Zustellerin etwas über 400 Mark. Das war viel Geld, da Brutto gleich Netto war.
In seltenen Zeitungen geschmökert
Nun wurden alle auf dem Markt angebotenen Zeitungen morgens zu uns nach Hause geliefert und man sortierte erst mal die Zeitungen nach den Straßen und Namen.
Mit dabei waren auch manche Wochen- oder Monatszeitschriften, die man nicht so einfach als Abo oder am Kiosk bekam. Da wurde dann schon mal schnell in die Modezeitung „Sybille“ oder das Magazin geschaut.
Natürlich gehörten auch alle Postsendungen, wie Karten und Briefe, zu den Aufgaben der Postmitarbeiter. Mit Postkarre und Tragetasche ging es so bereits gegen 7 Uhr los.
Diese Arbeit machte in den Sommerferien durchaus Spaß und wenn um 10 Uhr das Stadtbad öffnete, war ich schon wieder im Ferienmodus.
Diese Urlaubsvertretung, immer im gleichen Gebiet, machte ich noch bis 1977, also auch nochmals mit dem Diplom in der Tasche, bevor ich die „zwangsvermittelte“ Anstellung im Einzelhandel in der Konsumgenossenschaft Eisleben antrat.
Schuhe hielten nicht lange
Alles zusammen gerechnet, habe ich elf Monate meiner Berufstätigkeit bei der Post gearbeitet. Später war ich meinen Eltern sehr dankbar, dass ich früh gelernt habe, dass man sich selbst anstrengen muss, um ein Ziel zu erreichen. Auch wenn es nur um moderne Bekleidung geht.
Übrigens: Die eingangs erwähnten italienische Sandaletten gingen schließlich im Sommerurlaub 1973 in Ungarn auf dem Weg zu einem Konzert der Band „Omega“ in Siofok unreparierbar kaputt. (mz)