Erinnerungen an Eisleber Wiese Erinnerungen an Eisleber Wiese: Margot Mielitz organisierte das Volksfest in der DDR

Eisleben - „Den Anblick werde ich nie vergessen. Am Montagabend noch alles schillernd und bunt und am nächsten Tag, wenn die Schausteller abgereist waren, eine Mondlandschaft“, sagt Margot Mielitz heute rückblickend. Viele Jahre, zuletzt 1990 war sie beim Rat der Stadt Eisleben verantwortlich für die Organisation und Durchführung des Wiesenmarktes.
„Unter welchen Bedingungen wir damals gearbeitet haben, kann sich keiner mehr vorstellen“, so die 89-Jährige. Jedes Jahr sei der Festplatz neu geschottert worden. Und wies im nächsten Spätsommer doch wieder Loch an Loch auf. „Der Kraftverkehr hatte ja dort unten seine Busse und Lkw abgestellt und das Gelände auch zu Fahrschulzwecken genutzt“, weiß Margot Mielitz. Und so wurde das Terrain immer wieder aufs Neue zerwühlt.
Margot Mielitz war erstmals 1967 für den Wiesenmarkt verantwortlich
Ihre Erinnerungen an die Wiese reichen freilich viel weiter zurück als bis ins Jahr 1967, in dem sie erstmals als Marktmeisterin an der Seite von Stadtrat Otto Schmidt zum Einsatz kam. „Als ich Kind war, haben wir in der Martinsstraße gewohnt. Und bei uns machten immer die Wiesenmarktbesucher aus den Grunddörfern, die zu Fuß über den Berg kamen, Rast. Sie haben ihren Pflaumenkuchen ausgepackt und sich noch einmal gestärkt.
Nicht nur im Mansfelder Land fiebern die Leute jetzt schon wieder dem dritten Wochenende im September entgegen. Es ist bald wieder Wiesenzeit und vom 15. bis 18. September befindet sich die Lutherstadt garantiert wieder im Ausnahmezustand. Anlass genug, für einen Moment inne zu halten und zurück zu blicken.
Liebe Leser, jetzt sind Sie gefragt. Welches sind Ihre schönsten Erinnerungen an den Wiesenmarkt, waren Sie mal im Umzug dabei oder haben Sie hinterm Grill gestanden?
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Als Margot Mielitz 1967 zum ersten Mal mit den Hut auf hatte, war nicht nur das Marktmeisterbüro in einem zweirädrigen Bauwagen spartanisch eingerichtet, sondern auch die hygienischen Bedingungen katastrophal. „In der Einsatzleitung des Kraftverkehrs gab es eine Toilette. Da standen die Frauen mit ihren Kindern an. Die Männer haben irgendwo auf dem Platz hinter den Schaustellerwagen ihr Geschäft verrichtet.“
Ein einziges Telefon habe es im Büro gegeben und eine Trafostation. „Die zweite hat dann später eine Feierabendbrigade in Eigenleistung errichtet“, sagt Mielitz. Stadtelektriker Willi Ernst ist noch per Steigeisen auf die Holzmasten geklettert und hat Lampen eingeschraubt. „Und abends um zehn kam die Kehrbrigade.“ In der Regel habe es an den Ständen nur Würstchen und Hähnchen gegeben. „Das war immer eine Sauerei. Von vorne bis hinten lagen Brötchen, fettige Servietten und Knochen verteilt.“ Mit Laubbesen sind die Frauen diesem Unrat zu Leibe gerückt. Und auch das Feuerwerk zu organisieren, brachte seine Probleme.
Organisation des großen Volksfestes war nicht einfach, manchmal halfen Schüler beim Aufbau
„Wir haben dann bei Schaustellern gesammelt, große Cognacschwenker zum Beispiel oder ein paar Flaschen Schnaps. Dann sind wir nach Silberhütte zur Pyrotechnik gefahren, um den Direktor zu überreden“, lacht Margot Mielitz. So gab es meist nicht nur Feuerwerk, sondern auch gleich vier Pyrotechniker dazu. Die buddelten das Ganze am Montagmorgen auf einem Acker an und zündeten abends alles per Hand. Aber wehe, es hatte geregnet. Dann stand auch das große Versorgungszelt der HO (Handelsorganisation) schnell mal 20 Zentimeter unter Wasser.
„Was denken Sie, wie viel Paar Schuhe ich im Laufe der Jahre auf der Wiese gelassen habe?“ Und wie schwierig es war, gegen Ende der DDR den Festplatz zu bestücken. „Es waren ja zur gleichen Zeit Feste in Dresden und Magdeburg“, so Margot Mielitz. Die dauerten länger und so gab es mehr zu verdienen. Von mangelnden Transportkapazitäten einmal abgesehen. „Achterbahn können wir schicken, hat der Staatszirkus gesagt, aber ihr müsst euch um den Aufbau kümmern.“ Also wurden in einem Jahr mal 200 Bergschüler mobilisiert, welche die Achterbahn am Bahnhof vom Zug abluden, auf Lkw verfrachteten, dann auf der Wiese abluden und beim Aufbau halfen. „Das hat aber auf Dauer nicht funktioniert“, so Margot Mielitz, die 1987 die erste Wiesenmarktzeitung drucken ließ. Viele Erinnerungen bewahrt sie in einem dicken Album auf. Auch einen Wiesenmarktball hat es zu dieser Zeit gegeben.
Und 1987 eine Art Händlermeile. „Es gab da tausend kleine Dinge aus der Konsumgüterproduktion der Betriebe und viele Sachen, die bei Hobbys entstanden waren, zum Beispiel Handarbeiten, Drechselarbeiten oder Keramik.“ 1989 ist Margot Mielitz in Rente gegangen, hat sich aber im Wendejahr sowie 1990 noch einmal vor den Wiesenmarktkarren gespannt. (mz)