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Erfolgreiche Nichtschüler Erfolgreiche Nichtschüler: Im zweiten Anlauf zum Hauptschulabschluss

Von Beate Thomashausen 19.06.2018, 11:26
Schüler Hannes Kamke mit Schulleiterin Carmen Ehrich bei der Zeugnisübergabe.
Schüler Hannes Kamke mit Schulleiterin Carmen Ehrich bei der Zeugnisübergabe. Jürgen Lukaschek

Eisleben/Sangerhausen - „Zeigen Sie Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. Das wächst mit jedem Erfolg, den Sie erleben. Und ihr Abschluss ist ein Erfolg, der Ihnen sagt: Ich kann was. Ich schaffe das. Ich bin gut.“ Wie sehr sie mit ihrer Laudatio zur Zeugnisausgabe bei Hannes Kamke ins Schwarze getroffen hatte, konnte Schulleiterin Carmen Ehrich gar nicht wissen.

Die Rektorin der Eisleber Katharinenschule erlebte den 22-Jährigen nämlich nur eine ganz kurze Zeit. Hannes Kamke war einer von zwölf sogenannten Nichtschülern aus dem ganzen Landkreis, der seine Prüfung für den Hauptschulabschluss an der Katharinenschule ablegte.

Zwölf Jugendliche wollen Hauptschulabschluss nachholen

Die zwölf Jugendlichen, die über den Bildungsträger GfM im aktuellen Schuljahr den Hauptschulabschluss erlangen wollten, sind zwischen 17 und 24 Jahren alt. GfM-Mitarbeiterin Ulrike Hesse erklärte: „Sie absolvierten bei uns eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme, kurz BVB, mit dem Ziel, den Hauptschulabschluss zu erreichen.“

Einige besuchten dafür die Förderschule und ein anderer Teil die Sekundarschule, so wie Hannes Kamke, der unbedingt seinen Hauptschulabschluss schaffen wollte. „Er hatte es auch wirklich nicht leicht“, sagt Michaela Kamke, die ihren Sohn selbstverständlich zur Zeugnisübergabe begleitete, denn die vergangenen Jahre waren für Mutter und Sohn eine schwere Zeit.

Drogen und Alkohol hatten Hannes fest im Griff

Dabei hatte alles so normal angefangen, Grundschule, Gymnasium, dann Sekundarschule. Auch, dass Hannes in der achten Klasse eine Ehrenrunde drehen musste, ist eigentlich noch nichts, was jemanden aus der Bahn wirft. Aber Alkohol und Drogen schafften es, den Jugendlichen schließlich völlig abstürzen zu lassen. Die verzweifelte Mutter hatte damals keine Chance, ihren Sohn zu erreichen.

Durch Entgiftung und Therapie kehrte er Schritt für Schritt wieder ins Leben und damit auch zu seiner Mutter zurück. Das war Ende 2016. Beide können heute ohne etwas zu beschönigen über diese Zeit sprechen. Wie hart sie gewesen sein muss, ist Michaela Kamke anzusehen, die ihren Sohn mit Tränen in den Augenwinkeln anlächelt und ihm Mut macht: „Jetzt kannst du alles schaffen. Schritt für Schritt.“

Therapie beendet, Schulabschluss nachgeholt

Nach der Therapie wollte Hannes unbedingt einen Schulabschluss in der Tasche haben und ist froh über das Angebot der GfM. „Die Lehrer haben ganze Arbeit mit uns geleistet“, findet er, schränkt aber ein, dass mancher vielleicht nicht so ernsthaft bei der Sache gewesen sei. „Aber ich wollte unbedingt.“ Also schwitzte er wieder über Mathe, Deutsch, Biologie, Geschichte und Sozialkunde, um auch wirklich die Prüfungen zu schaffen.

Hannes’ nächstes Ziel ist nun die Führerscheinprüfung. „Da habe ich ein bisschen Bammel davor“, sagt der groß gewachsene junge Mann. „Ich habe das Fahren noch nie ausprobiert. Ich hoffe, dass ich das packe.“ Seine Mutter ist da sehr zuversichtlich. Nach all den Etappen, die ihr Sohn bis jetzt schon zurückgelegt hat, um wieder im Leben anzukommen, glaubt sie nun fest an ihn. „Du schaffst das. Du kannst alles schaffen“, sagt sie mit einer Zuversicht in der Stimme, die den Sohn spürbar ruhiger macht.

Schulabschluss mit Durchschnitt 2,2 geschafft

Mittlerweile ist nicht mehr nur seine Mutter sein Anker. Er hat eine Freundin gefunden, die zu ihm steht. Und er zu ihr. Dass sie bereits drei Kinder in die Partnerschaft mitbrachte, stört ihn keineswegs. Er meint vielmehr, dass eine Familie und Verantwortung genau das sei, was ihm gefehlt habe.

Für sich und seine neu gewonnene Familie will er dem guten Schulabschluss nun auch eine Lehrausbildung und später eine feste Anstellung folgen lassen. „Ich dachte bisher, das ich Kinderpfleger werden sollte, aber mein Praktikum im BVB hat mir gezeigt, dass ich sehr gerne im Bereich Großküchen arbeiten möchte. Ich hoffe, dass das klappt“, sagt Hannes Kamke.

Sein Zeugnis mit einem Durchschnitt von 2,2 spricht dabei unbedingt für ihn. Und hier legte ihm Schulleiterin Carmen Ehrich in ihrer Laudatio ans Herz: „Ihr Abschluss ist ein großer Erfolg. Sie haben allen Grund dazu, selbstbewusst zu sein.“ (mz)