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Traktor-Tanz für Holland Eisleben: Bauern protestieren mit Traktoren aus Solidarität für Holland

Von Felix Fahnert 19.12.2019, 09:25
Eisleben: Der Protest am Mittwoch fand auf einer Brücke über der B180 statt - gut sichtbar für Lkw- und Autofahrer.
Eisleben: Der Protest am Mittwoch fand auf einer Brücke über der B180 statt - gut sichtbar für Lkw- und Autofahrer. Felix Fahnert

Eisleben - Pünktlich um 16:30 Uhr setzt sich die Kolonne der PS-Kolosse in Bewegung. Die Traktoren fahren auf die kleine Brücke, die über die B 180 bei Eisleben führt. Die Motoren tuckern, ihre Lichter blinken, Lkw- und Autofahrer auf der Bundesstraße unter ihnen hupen. Landwirt Sven Krienitz aus Burgsdorf ist mitten im Geschehen. Gleich drei Traktoren aus seinem Betrieb sind dabei, um ein Zeichen zu setzen. „Wir unterstützen heute die holländischen Bauern“, sagt Krienitz entschlossen.

Protest der Landwirte: Solidarisierung mit Holland

Der Unmut der Landwirte ist groß. Sowohl in Holland, wo am Mittwoch massive Proteste stattfanden, als auch hierzulande. Das wollen die Bauern rund um Sven Krienitz zeigen - und haben sich mit den holländischen Kollegen solidarisiert. „Wir ziehen doch alle an einem Strang“, sagt Krienitz. „Den deutschen Bauern geht es ja nicht besser.“

Es ist Zeit, etwas zu tun, darin sind sich am Mittwoch alle Landwirte einig. Gegen die Agrarpolitik, die immer mehr Bürokratie und Auflagen mit sich bringe - und gegen die Pauschalurteile. „Landwirte werden für alles verantwortlich gemacht.

Dieses Bauern-Bashing muss aufhören.“ Vor allem die Politik in Berlin und Brüssel sei für die Missstände verantwortlich, mit denen Landwirte zu kämpfen hätten. „Man hat es immer schwerer heutzutage. Die Bauern haben sich lange viel gefallen lassen.“ Nun aber sei es genug.

Kein Verständnis für EU-Regeln

Es geht dabei etwa um Düngeregeln, die hierzulande verschärft werden sollen. Das Versprühen, Vergraben und Auskippen von Gülle und Festmist auf Feldern würde dadurch erschwert. Die EU zwingt Deutschland zu diesem Schritt - doch Krienitz hat wenig Verständnis. „Es wird nicht in allen Ländern gleich gemessen“, klagt er über die Giftstoffe im Grundwasser. Dadurch seien die Bauern in Deutschland im Nachteil.

Für Landwirt Karsten Scheffler aus Bösenburg geht es um das grundsätzliche Bewusstsein für Landwirtschaft. „In einer Woche sitzen alle am Gabentisch. Doch wir sind die, die das Essen produzieren.“ Viele Leute hätten einfach die Verbindung zum Land verloren, so Scheffler.

Sorge macht den Landwirten auch der „Green Deal“, den die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) jüngst präsentiert hat. Der Einsatz von Pflanzenschutz soll darin wohl halbiert werden. „Das bringt dann noch mehr Auflagen für uns“, sagt Krienitz. Ein weiteres Problem sei das Freihandelsabkommen, das die EU im Sommer mit Südamerika geschlossen hat.

Soziale Medien: Die Landwirte vernetzen sich

Dadurch würden Lebensmittel aus Staaten importiert, die völlig andere Umweltstandards hätten. „Man sollte lieber auf regionale Produkte setzen“, so Krienitz. In der Politik fehlten vielen schlicht die Kenntnisse über den Agrarsektor. „Auch der CO2-Preis wird uns alle noch treffen“, befürchtet Karsten Scheffler.

Dass es zu der Aktion in Eisleben gekommen ist, verdanken die Landwirte den sozialen Medien, über die sie sich wie überall in Deutschland vernetzen. „Ich finde es toll, dass es auch kein Klassendenken gibt. Ob Bio-Bauern oder konventionelle Landwirte, ob Ost oder West, alle sind dabei“, sagt Sven Krienitz. Das Protestieren gehört mittlerweile fast zu seinem Leben als Landwirt dazu. Bei den Protesten der vergangenen Wochen war er dabei, unter anderem auch in Magdeburg und in Berlin.

Bauern hatten zuletzt im ganzen Land für Aufsehen gesorgt. In Berlin verursachten Ende November mehr als 8.000 Traktoren ein Verkehrschaos. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging daraufhin auf die Bauern zu. Sie sicherte ihnen mehr Mitsprache beim Umweltschutz zu und würdigte sie als „einen ganz wichtigen Teil der Gesellschaft“. (mz)