1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Das Haar der Berenike gibt den Astronomen Rätsel auf

Das Haar der Berenike gibt den Astronomen Rätsel auf

Von HELGA LANGELÜTTICH 15.03.2010, 19:21

HETTSTEDT/MZ. - Klaus Rockmann, seit 1984 Hobby-Astronom und seit 1994 Mitglied des Vereins der Sternenfreunde Aschersleben, führte die Gruppe zunächst vor Ort, das heißt zur Kanzel, über deren Aufgang die Kugel recht unauffällig thront. "Ich habe mich intensiv mit Kanzel und Orgel beschäftigt - aber die Kugel ist mir so lange nicht aufgefallen, bis sie 2003 bei Renovierungsarbeiten heruntergenommen, gesäubert und so die Malerei darauf entdeckt wurde. Und dann war es Liebe auf den ersten Blick - ich nannte sie die erste Graffiti-Malerei in Hettstedt", so Rockmann.

Seither versucht er, Herkunft und Künstler sowie das Jahr der Herstellung herauszufinden, da es keinerlei schriftliche Nachweise darüber gibt. Bekannt ist inzwischen lediglich, dass es sich um ein Unikat handelt. Die Malerei muss einmal mit blauer Farbe überdeckt gewesen sein, wovon noch Reste zu finden waren. Seit sieben Jahren beschäftigt den begeisterten Astronomen die Kugel. Darauf sind alle Tierkreiszeichen, dazu 13 Sternbilder des nördlichen Himmels zu sehen.

Diese Bilder konnten sich die Besucher der Veranstaltung mit Hilfe von Laptop und Beamer ansehen. Betrachtet man die Kugel, stellt man fest, dass man die Sternbilder so sieht, wie wir sie von unten aus sehen - wir scheinen die Bilder aus dem Inneren der Kugel heraus zu betrachten.

Rockmann erklärte, dass eventuell mehr als ein Maler für die dort gezeigten Figuren verantwortlich sein könnte. Eine Reihe der menschlichen Figuren sind streng bekleidet, einige aber unbekleidet. Dabei sind die Motive ikonenhaft aufgebracht, was im 9. bis 12. Jahrhundert üblich war. Die Sternbilder entsprechen der klassischen griechischen Mythologie, so Rockmann, bis auf eines: das "Haar der Berenike" (270-221 a.C.n. = vor der Zeitrechnung), das nicht von den Griechen übernommen wurde. Es wird die Frage aufgeworfen: Woher wusste der Künstler von diesem Sternbild, das erst im Mittelalter von den Arabern in deren Sternbild aufgenommen wurde?

"Wenn man eine Frage geklärt hat, kommen zehn neue dazu - aber das ist das Interessante", lächelte Rockmann. So könnte die Malerei älter als 1587, aber jünger als 1882 sein. Die Hettstedter Kanzel wurde 1587 geschaffen und wurde erst 1905 auf ihren jetzigen Standort gebracht, wie aus einer Schrift von Karl Hofmann aus dem Jahr 1931 hervorgeht. Doch wann die Kugel aufgebracht wurde, ist nicht bekannt.

Parallelen zur Hettstedter Kugel seien in der Eisleber Annenkirche sowie im Dom von Münster zu finden, jedoch ohne Malerei. "Unsere Himmelskugel ist einmalig - ihr Geheimnis zu lüften, dafür werde ich weiter am Ball bleiben", versprach Rockmann, der das große Interesse an der Astronomie Anfang der 80er Jahre durch ein Jugendlexikon seiner Kinder gewonnen hat, das ihn nicht mehr los lässt und den gelernten Koch viele Stunden seiner Freizeit beschäftigt.

Den Zuhörern seiner Ausführungen versprach er, sie zu informieren, sobald er neue Erkenntnisse gewonnen hat.