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Bürgermeisterwahl in Hergisdorf Bürgermeisterwahl in Hergisdorf: Ungeöffneter blauer Brief könnte für Neuwahl sorgen

Von wolfram bahn 13.05.2015, 16:42
Das Corpus Delicti: der nicht geöffnete blaue Brief eines Wählers.
Das Corpus Delicti: der nicht geöffnete blaue Brief eines Wählers. bahn Lizenz

hergisdorf - Solch ein Fall dürfte bisher einmalig im Lande sein: Die Bürgermeisterwahl in der Gemeinde Hergisdorf muss nach Lage der Dinge wiederholt werden. Auslöser dafür ist eine Briefwahlstimme, die nicht gezählt wurde. Eine Wahlpanne mit fatalen Folgen, denn die beiden Bewerber um das Amt trennt nur eine Stimme.

Detlef Schade, 59 Jahre alter Gastwirt aus dem Ortsteil Kreisfeld, hatte beim Wahlgang am 19. April insgesamt 322 Stimmen erhalten. Sein Herausforderer, Elektromeister Jürgen Colawo (54) lag mit der knappsten aller Abstände dahinter. Wenn die fehlende Briefwahlstimme auf ihn entfallen sollte, hätte es ein Patt und damit eine Stichwahl gegeben. Doch der liegen gebliebene blaue Brief darf jetzt nicht mehr geöffnet werden. „Das wäre eine Verletzung des Wahlgesetzes“, so Claudia Renner, die zuständige Fachbereichsleiterin in der Verbandsgemeinde Mansfelder Grund - Helbra, zu der Hergisdorf gehört.

Eine Mitarbeiterin ihrer Abteilung hatte einen Tag nach der Wahl bei der Durchsicht der Wahlunterlagen neben den 62 geöffneten Umschlägen zur Briefwahl auch jenen entdeckt, der noch verschlossen war. Sie hatte sofort den Kreiswahlleiter und den Gemeindewahlleiter Norbert Born von dem ungewöhnlichen Fund in Kenntnis gesetzt. Wie es dazu kommen konnte, dass dieser Brief vergessen wurde, konnte nicht mehr geklärt werden.

Gemeinderat entscheidet

„So etwas hat noch keiner von uns erlebt“, sagte Born. Er war 21 Jahre lang Bürgermeister von Hergisdorf, trat aber nicht mehr an, um sich auf seine Arbeit als Landtagsabgeordneter der SPD zu konzentrieren, wie er sagte. Ungeachtet der fehlenden Briefwahlstimme hatte der Wahlausschuss am 21. April den Ausgang der Wahl bestätigt. Allerdings ohne, dass die Mitglieder von dem gefundenen Brief etwas gewusst haben, was bis heute bei einigen der Mitglieder für erheblichen Unmut sorgt.

Denn eine Woche später hatte Born den Wahlausschuss noch einmal einberufen, um zumindest im Wahlprotokoll festzuhalten, dass im Wahllokal in Kreisfeld ein Brief nicht geöffnet wurde. Es sei ein Fehler gewesen, den Wahlausschuss nicht gleich informiert zu haben, räumte Born auf Nachfrage ein. Ihm sei aber klar gewesen, dass nur der Gemeinderat das Wahlergebnis für gültig erklären könne. Die verworrenen Umstände des Prozederes sind besonders Colawo, der davon nur über den Buschfunk erfuhr, mächtig aufgestoßen. „Das sieht für mich nach Täuschung aus“, erklärte er am Dienstagabend auf einer außerordentlichen Sitzung des Gemeinderates.

Sie wurde einberufen, um einen Ausweg aus der vertrakten Situation zu finden. Inzwischen liegen nämlich auch vier Einsprüche gegen die Bürgermeisterwahl vor, einer davon stammt vom unterlegenen Colawo. Nach Ansicht der Kommunalaufsicht des Landkreises sind die Einsprüche begründet, denn der Ausgang der Wahl könnte durch die nicht ausgezählte Briefwahlstimme Einfluss auf das Wahlergebnis haben, wie ein Vertreter bei der Beratung sagte.

Der Gemeinderat soll nun am 3. Juni über die Gültigkeit der Wahl entscheiden. Und man darf davon ausgehen, dass die Wahl danach innerhalb von vier Monaten wiederholt wird. Über diese Verfahrenweise waren sich alle einig, auch „Wahlsieger“ Schade. „Es ist ärgerlich, aber ich geben keinem die Schuld“, sagte er nach der Sitzung der MZ.