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Besitzer des Hotels "Graf von Mansfeld" Besitzer des Hotels "Graf von Mansfeld": Finanzamt sitzt Hartmut Heger im Nacken

Von Wolfram Bahn 24.06.2016, 13:30
Heger (l.) beim Empfang zum „Zehnjährigen“ des Hotels.
Heger (l.) beim Empfang zum „Zehnjährigen“ des Hotels. Archiv/Lukaschek

Eisleben - Die Nachricht schlug im Hotel „Graf von Mansfeld“ in Eisleben ein wie eine Bombe: Hartmut Heger, der Besitzer des Grundstückes am Markt 56-58 und Eigentümer des Hotels, ist zahlungsunfähig. Das Amtsgericht in Gera hat aus diesem Grund gegen ihn ein Insolvenzverfahren eröffnet. Damit bekommt die Geschichte um den umtriebigen Geschäftsmann, der die Lutherstadt einst zum Touristenmagneten entwickeln wollte, ein neues, überraschendes Kapitel.

Forderungen von fast drei Millionen Euro

Dabei geht es um Forderungen von fast drei Millionen Euro. Um seine Gläubiger zufriedenzustellen, will Heger nach eigenem Bekunden „Gebäudekomplexe verkaufen“, wie er auf Anfrage erklärte. Nicht veräußern will er aber seine Besitzungen in Quedlinburg, zu denen das Hotel „Zum Bär“ und auch das Haus gehört, in dem sich die Stadtinformation befindet.

Steht also die Zukunft des renommierten Hotels am Eisleber Markt auf dem Spiel? „Davon kann keine Rede sein“, entgegnet Mona Gödecke. Sie war früher die rechte Hand von Heger in Eisleben und ist seit 2010 die Geschäftsführerin der Betreibergesellschaft, die das erste Haus am Platz verwaltet. „Das Hotel läuft sehr gut“, sagte sie der MZ. Und außerdem habe sie langfristige Mietverträge, die auch ein neuer Eigentümer nicht einfach kündigen könne, erklärte Gödecke.

Insolvenzantrag 2015 gestellt

Doch die drohende Pleite ihres einstigen Gönners lässt natürlich auch sie nicht unberührt. „Ich bin deswegen schon in Kontakt mit ihm“, räumte die Hotelchefin auf Anfrage ein. Immerhin wurde der Insolvenzantrag bereits im Oktober 2015 gestellt. Und zwar vom Finanzamt. Dort soll Heger mit einer halben Million Euro in der Kreide stehen. Dazu gesellen sich auch weitere Schulden bei anderen Gläubigern.

Rund drei Millionen Euro waren bei der ersten Gläubigerversammlung am 8. Juni zusammengekommen. Insolvenzverwalter Dirk Herzig von einer Kanzlei aus Chemnitz hatte den gesetzlich vorgeschriebenen Termin anberaumt. Im März ist das Insolvenzverfahren gegen Heger eröffnet worden. Über den wahren Grund der Zahlungsunfähigkeit rätselt der Fachanwalt noch. Heger hat nach seinen Angaben an dem Verfahren bisher nicht mitgewirkt. „Die meisten Informationen haben wir von dritter Stelle erhalten“, sagte er der MZ. Immerhin gebe es jetzt aber einen Gesprächstermin, so Herzig weiter.

Firmengeflecht über Deutschland

Neben dem Hotel in Eisleben erstreckt sich das Immobilien- und Firmengeflecht Hegers über ganz Deutschland. So gehören ihm in Quedlinburg, Rudolstadt und Saalfeld etliche Grundstücke. In Thüringen hat der Mann, der aus Friesland stammt, mit seinen Geschäften in Ostdeutschland begonnen. Die führten ihn in den 1990er Jahren in die Lutherstadt. In Eisleben erwarb er das frühere Stadtschloss der Mansfelder Grafen. Er sanierte das Haus Nr. 56, in dem einst die Chefetage des Mansfeld-Kombinates saß, und richtete dort das Hotel „Graf von Mansfeld“ ein. Es erwarb sich schnell einen guten Ruf.

Prominente wie der Showmaster Thomas Gottschalk oder die Schauspieler Sean Bean („Herr der Ringe“) und Till Schweiger sowie der ARD-Chefreporter Fritz Pleitgen sind hier abgestiegen. Auch dank der geschickten Vermarktung des Hauses.

Erinnerungen an die DDR

Heger und Gödecke beließen in den Zimmern alte Bilder oder andere Accessoires, die an die DDR-Zeit erinnern. So eine Bebel-Büste und ein Gemälde des ersten Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck. Jede Unterkunft erhielt dadurch ihre eigene Note. Auch ein Lutherbild wurde restauriert und aufgehängt. Es ist ein Fingerzeig auf die zahlreichen Besuche des Reformators im Stadtschloss der Mansfelder Grafen, in dem er bei seiner letzten Stippvisite in Eisleben im Jahre 1546 sein Leben aushauchte.

Sogar vor dem russischen Revolutionsführer Lenin schreckte Heger nicht zurück. Er und seine Hotelchefin wollten das alte Café Krawczyk am Plan wiederbeleben. Auf dem Platz stand einst das Eisleber Lenindenkmal. Kommunisten hatten es am 2. Juli 1945 beim Einmarsch der Roten Armee aufgestellt, um sich die neuen Machthaber gewogen zu machen. Dazu erfanden sie den Epos von der heldenhaften Rettung der Statue aus den Klauen der Nazis. Das stellte sich nach dem Untergang der DDR und Recherchen des MZ-Fotografen Andreas Stedtler als Legende heraus. Für Heger war das genau der Stoff, um daraus die Idee vom „Café am Lenindenkmal“ zu kreieren. Da die Stadt das Original aber als Dauerleihgabe ans Deutsche Historische Museum in Berlin vermachte, wollte er eine originalgetreue Kopie vorm Café aufstellen.

Das Vorhaben scheiterte, weil man sich nicht mit der Erbengemeinschaft und der Stadt über neue Parkplätze einigen konnte. Ein Privatier aus Weinheim hat das frühere Bankhaus der Eisleber Diskontogesellschaft inzwischen ersteigert und Dach und Fassade originalgetraut saniert. Doch das Gebäude steht nach wie vor leer. So wie große Teile des Stadtschlosses, das noch immer Heger gehört. Im Jahre 2008 zog sich der Landkreis dort aus den angemieteten Räumen zurück. Das Kreisinformationszentrum wurde geschlossen.

Vision einer lebendigen Eisleber Innenstadt

Auch die Idee, dort die Mansfeld-Galerie unterzubringen, ging nicht auf. Noch hatte Heger danach Hoffnung, dass sich seine Vision von einer lebendigen Eisleber Innenstadt erfüllt. Er ermutigte Hausbesitzer, ihre Immobilien zu sanieren. Und er hatte am Markt 5 eine eigene Stadtinformation eingerichtet. Die gab er später wieder auf. Das Haus, in dem nun ein Dessous-Geschäft angesiedelt ist, hat der Unternehmer mittlerweile an Gödecke verkauft, wie sie der MZ bestätigte.

Nach den geplatzten Plänen mit der Stadtinformation und dem Lenin-Café tauchte Heger in Eisleben ab. Der Hotelier zog sich nach Quedlinburg zurück. Sein Abschied aus der Lutherstadt hatte sich bereits angedeutet, als das Projekt „City-Center“ gestorben war. Es sollte das Zugpferd zur Belebung der Innenstadt werden. Statt des Einkaufsmarktes steht nun ein neues Wohnhaus am Knappenbrunnen. Heger hat die Stadt für das Scheitern dieses Vorhabens verantwortlich gemacht.

Schon seit etlichen Jahren wurde er nicht mehr bei gesellschaftlichen Anlässen gesichtet. Dabei hat er im Jahre 2011 das zehnjährige Bestehen des Hotels noch groß mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gefeiert. Und immerhin trug Heger lange Zeit zur Wieseneröffnung das Kostüm eines Ratsherren und schritt damit an der Spitze des Festzuges. Bei seinem letzten Auftritt vor fünf Jahren ließ er durchblicken, dass er seine geschäftliche Tätigkeiten nach Kaliningrad, dem früheren Königsberg, verlagern wolle. Seither war von Heger nichts mehr zu hören. Bis jetzt der Pleitegeier über dem einstigen „Zampano“ aufstieg. (mz)

Das Haus am Markt 5 beherbergte früher eine Stadtinfo.
Das Haus am Markt 5 beherbergte früher eine Stadtinfo.
Lukaschek