1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Eisleben
  6. >
  7. Bahnhof Eisleben: Bahnhof Eisleben: Zu niedrige Bahnsteige stellen für Rollstuhlfahrer Probleme dar

Bahnhof Eisleben Bahnhof Eisleben: Zu niedrige Bahnsteige stellen für Rollstuhlfahrer Probleme dar

Von Jörg Müller 20.01.2017, 10:00
Rollstuhlfahrer Reinhard Schönefeld fährt öfter Zug. Er hatte bis jetzt in Eisleben noch keine Probleme beim Ein- und Aussteigen.
Rollstuhlfahrer Reinhard Schönefeld fährt öfter Zug. Er hatte bis jetzt in Eisleben noch keine Probleme beim Ein- und Aussteigen. Jürgen Lukaschek

Eisleben - „Eigentlich ist die Bahn eine gute Alternative zum Auto“, sagt André Neutag, „aber nicht so!“ Neutag und seine Freundin Katharina Kohnen haben kürzlich eine „enttäuschende und frustrierende Erfahrung“ machen müssen: Elektro-Rollstuhlfahrer können laut Deutsche Bahn AG nicht mit dem Zug nach Eisleben fahren.

Zu niedrige Bahnsteige machen Ein-und Ausstieg für mobilitätsbehinderte Menschen unmöglich

Grund: Wegen der zu niedrigen Bahnsteige sei der Ein- und Ausstieg „leider nicht möglich“, so die Auskunft der DB Regio AG auf eine Anfrage Neutags. „Das kann doch nicht sein“, so Neutag zur MZ. Gerade im Lutherjahr 2017 müsse die Lutherstadt Eisleben doch auch für mobilitätsbehinderte Menschen mit der Bahn erreichbar sein.

Neutags Freundin leidet an einer Muskelschwäche-Krankheit und sitzt deswegen im Rollstuhl. Er selbst ist nicht betroffen, engagiert sich aber ehrenamtlich im Landesvorstand Sachsen-Anhalt der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke. Von Dresden aus, wo seine Freundin wohnt, sind die beiden regelmäßig mit der Bahn unterwegs. „Meistens fahren wir spontan“, so Neutag, der an der Hochschule Zittau/Görlitz Heilpädagogik/Inclusion Studies studiert.

Die Deutsche Bahn bietet über ihre Mobilitätsservice-Zentrale behinderten Menschen Beratung bei der Reiseplanung und Ticketbestellung an. Auch eine Sitzplatzreservierung ist möglich. Während der Bahnreise organisieren die Mitarbeiter bei Bedarf Hilfe beim Ein- und Umsteigen.

Anfragen unter Telefon 0180/651 25 12 (6 bis 22 Uhr); E-Mail: [email protected]

Die Bahn empfehle allerdings, dass behinderte Menschen ihre Fahrten möglichst vorher bei der Mobilitätszentrale anmelden, damit das Servicepersonal beim Ein- und Aussteigen helfen kann. Als Neutag und seine Freundin kürzlich von Dresden über Halle und Eisleben nach Mansfeld fahren wollten, wandten sie sich deshalb an die Mobilitätszentrale. Und erfuhren, dass die Reise nicht angemeldet werden könne, weil der Ausstieg in Eisleben nicht möglich sei.

Der Höhenunterschied zwischen Bahnsteigkante und Fahrzeug betrage 28 Zentimeter - zulässig seien nur 24 Zentimeter. „Merkwürdigerweise wurde uns als Alternative vorgeschlagen, in Wansleben am See auszusteigen“, so Neutag. Von dort gebe es allerdings gar keine Verbindung nach Mansfeld. „Wir sind dann trotzdem gefahren“, sagt Neutag. „Wir haben uns mit Abellio verständigt, und es hat funktioniert: Wir konnten über eine mobile Rampe in Eisleben aussteigen.“ Von dort sei es dann problemlos mit dem Bus weiter nach Mansfeld gegangen. „Sogar die VGS hat Niederflurbusse, um Rollstuhlfahrer transportieren zu können.“

Bau neuer Bahnsteige erst ab 2020 in Planung

Die Bahn AG, die für die Schienen-Infrastruktur zuständig ist, kann keine Hoffnung auf eine baldige Lösung des Problems machen. Wie die Pressestelle des Unternehmens in Leipzig auf MZ-Anfrage mitteilte, sollen ab 2020 neue Bahnsteige gebaut und zwei Aufzüge errichtet werden. „Damit wird eine stufenfreie Erreichbarkeit der Bahnsteige und ein stufenfreier Einstieg in die Züge möglich sein.“ Bis dahin sei „ein Mobilitätsservice leider nicht möglich“.

Das Verkehrsunternehmen Abellio Rail Mitteldeutschland, das unter anderem die Linie Halle-Eisleben-Kassel betreibt, empfiehlt Behinderten, sich vor einer Fahrt an der Hotline zu melden. „Wir versuchen unser Möglichstes“, so Abellio-Sprecher Matthias Neumann zur MZ. In Eisleben seien die Bahnsteige nicht nur „extrem niedrig“, sondern auch sehr schmal.

Deshalb liege die mobile Rampe relativ steil. „Das ist sowohl für den Rollstuhlfahrer als auch für den Kundenbetreuer nicht einfach“, so Neumann. So weit er wisse, habe es bisher aber keine Probleme beim Ein- und Ausstieg gegeben. „Wir können an der Situation nichts ändern und müssen versuchen, damit fertig zu werden.“ (mz)