Aryzta in Eisleben Aryzta in Eisleben: Backwaren-Konzern schafft 120 neue Jobs

Eisleben - Die vier mitteldeutschen Werke des Backkonzerns Aryzta befinden sich auf Wachstumskurs. Von Eisleben aus werden spezielle Brötchen und Brote sogar bis nach Japan verkauft. Warum rechnet sich sowas? Und ist es ökologisch sinnvoll? MZ-Redakteur Steffen Höhne sprach in Eisleben mit dem neuen Aryzta-Europa- und Deutschland-Chef Sebastian Gooding.
Aryzta hat am Standort Eisleben im Frühjahr 40 Mitarbeiter des insolventen Fahrradherstellers Mifa eingestellt. Kann man Fahrradbauer schnell zu Bäcker machen?
Sebastian Gooding: Es hat sehr gut funktioniert. Wir haben ein ausgezeichnetes Schulungssystem und dadurch konnten wir eine solch große Integration umsetzen. Wir suchen ja generell nicht nur Back-Fachleute, sondern auch Mitarbeiter in der Logistik und in der Technik.
Sie beschäftigen allein in Eisleben inzwischen 1.700 Mitarbeiter, in ganz Deutschland rund 3.000. Wie schwer ist es, neue Mitarbeiter zu finden?
Gooding: Bisher hat das relativ gut geklappt. Wir suchen jetzt aktuell noch 120 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wir schon bis Dezember einstellen wollen. Natürlich wird es schwerer, passende Mitarbeiter zu finden. Die Arbeitslosenquote liegt in der Region zwar noch bei über zehn Prozent. Aber es tut sich was. Die Quote sinkt weiter, wir leisten dazu auch einen wichtigen Beitrag. Wir bieten ja tolle Jobs und gute Löhne an. Ich bin insgesamt ganz optimistisch. Zudem bieten wir auch auf allen Ebenen und in allen Bereichen Karrierechancen an - auch in Management-Funktionen. Es gibt bei uns sehr gute Möglichkeiten für engagierte fähige Leute.
Haben auch Langzeitarbeitslose bei Ihnen eine Chance?
Gooding: Ja natürlich, wenn die Bereitschaft da ist, anzupacken. Wir sind hier ein Team und suchen Team-Mitglieder.
Über die Ausbildung können Sie den Bedarf nicht decken?
Gooding: Wir haben aktuell in Mitteldeutschland bereits 115 Auszubildende in unseren Werken. Zuletzt war ich erst mit den fünf Jahrgangsbesten essen. Wir müssen denen nicht nur einen ordentlichen Verdienst bieten, sondern auch ein Umfeld, in dem es Spaß macht zu arbeiten und man langfristig sein Leben planen kann. Wir dürfen diese jungen Leute nicht verlieren, die sind ganz wichtig für uns. Wenn ich noch 50 Azubis mehr hätte in den Bereichen Technik und Produktion wäre ich noch glücklicher. Ich will aber vor allem erreichen, dass immer mehr von unseren Auszubildenden in das Führungsteam hineinwachsen.
Die Firmenpolitik von Aryzta sah zuletzt aber anders aus. Im vergangenen Jahr wurde das Werk in Klötze im nördlichen Sachsen-Anhalt geschlossen und 500 Mitarbeiter entlassen. Bereuen Sie das schon?
Gooding: Fakt bleibt, dass der Standort keine gute logistische Anbindung hatte und der Anlagenbestand veraltet war. Im sehr preisintensiven Wettbewerb hatte das Werk keine guten Karten mehr. Ich arbeite dafür, dass die mitteldeutschen Standorte ihre gute Perspektive weiter ausbauen können. Unsere Mitarbeiter und unsere Kunden sollen zufrieden sein.
Welche Kunden beliefern Sie mit Tiefkühlbackwaren?
Gooding: Wir reden über drei Milliarden Stück und mehr pro Jahr, die wir an Kunden in ganz Westeuropa ausliefern. Hinzu kommen Märkte wie die USA, Australien und Japan. Die lieben unsere Backwaren mit deutschem Mehl und deutscher Butter. Hergestellt in deutscher Qualität und Fachkompetenz. Alles „Made in Germany“.
Warum liefert Aryzta Brötchen bis nach Japan?
Gooding: Unser Name steht ganz einfach für Qualität - und das öffnet weltweit Türen. Für die Märkte in Übersee liefern wir eher anspruchsvollere Produkte wie Oliven-Ciabatta oder Zwiebel-Speck-Brot.
Ist es ökologisch sinnvoll, die Teilchen um die halbe Welt zu verschiffen?
Gooding: Deutschland ist eine Export-Nation, das macht den wirtschaftlichen Erfolg aus - in allen Bereichen. Wir produzieren hier in Sachsen-Anhalt und Thüringen nach den höchsten Standards und sehr zuverlässig. Wir sind qualitativ einfach voraus. Einige Spezialitäten werden im Aryzta-Konzern nur bei uns hergestellt. Zudem sind wir einer der weltweit größten Produktionsstandorte von Croissants.
Wie lange halten die tiefgefrorenen Teiglinge?
Gooding: Die Mindesthaltbarkeit liegt je nach Produkt zwischen drei und sechs Monaten. Die werden ja direkt nach der Produktion eingefroren. Produziert wird wie bei jedem kleinen Bäcker mit Hefe, Mehl, Salz und Wasser - unsere Anlagen sind nur viel größer.
Immer mehr Supermärkte besitzen Backstationen, beflügelt das den Absatz?
Gooding: Wir sind ein Anbieter und der Trend nützt uns sicher. Europaweit brauchen die Handelsketten große Mengen und hervorragende Qualität. Als führender Produzent in Europa können wir diese Anforderungen auch erfüllen. Aus meiner Sicht haben die Märkte nicht damit angefangen, weil sie sich Backtechnik ins Haus holen wollten, sondern weil der Verbraucher die Produkte – frisch und warm - nachfragt. Das spricht für Tiefkühlbackwaren an Backstationen in den Märkten insgesamt.
Dennoch hatte der Aryzta-Konzern zuletzt Probleme. Es gab Gewinnrückgänge, der Vorstand trat zurück. Begründet wurde das mit Problemen in den USA, aber auch in Deutschland. Was lief schief?
Gooding: Der neue Vorstand war schon bei uns. Wir haben gemeinsam alle Werke besucht. Unsere Gespräche waren sehr gut und erfolgreich. Und der Vorstand arbeitet sehr eng mit uns zusammen.
Dann anders gefragt: Was wollen Sie künftig besser machen?
Gooding: Meine Prioritäten sind - auf der Grundlage eines guten Geschäftspartners – ganz klar: effizient zu produzieren, unsere Kunden zu begeistern und in konstruktiver und aktiver Partnerschaft mit unseren Mitarbeitern auf allen Ebenen zu arbeiten, um diese Ziele auch zu erreichen. (mz)
