Zehn Tage Dauerstress Zehn Tage Dauerstress: Hohe Zahl an Einsätzen zerrt an den Nerven der Freiwilligen Feuerwehr Roßlau

Dessau-Roßlau - Am Dienstag stellte sie den Wecker auf Viertel Fünf, weil sie mit ihrer Mutter vor deren Dienst noch einmal reden wollte. Die beiden Frauen frotzelten: Na, noch kein Alarm heute? Rund zwei Stunden später meldet sich Sabrina Reicherts Pieper.
Wieder geht es in den Wald mit der Freiwilligen Feuerwehr Roßlau. Ein Glutnest ist zu löschen. Es könnte sein, dass das Nest beim Brand vom Montag nicht entdeckt wurde oder aber dass Feuer sich neu entfacht hat.
Sabrina Reichart ist seit fünf Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr Roßlau Feuerwehrfrau. 168 Einsätze absolvierten die 56 aktiven Kameraden in diesem Jahr. Eigentlich ist das auf den ersten Blick ein normales Aufkommen. Normal ist aber nicht, was die Kameraden aus Roßlau, Meinsdorf, Rodleben, Waldersee, Kochstedt und allen anderen Wehren der Stadt in diesen Tagen erleben.
In den letzten zwei Wochen blieb kaum ein Tag ohne Einsatz
Die letzten zehn Tage waren hart. „Es verging kein einziger Tag ohne Alarm“, sagt Thomas Ritter, Roßlaus stellvertretender Feuerwehrchef. Er schildert, wie der permanente Einsatz an den Nerven zerrt. Ritter ist im Beruf wie in seiner Freizeit Feuerwehrmann.
Wenn er nicht gerade einen 24-Stunden-Dienst bei der Feuerwehr der Stickstoffwerke Piesteritz leistet, dann waren er und viele andere Kameraden im Stadtgebiet gefragt - bei Feldbränden, teils ausgelöst durch Erntearbeiten, bei Waldbränden, bei Hilfeleistungen für den Rettungsdienst aber auch nach Brandstiftungen im Wald hinter dem Roßlauer Krankenhaus.
Tag für Tag, eine Woche lang hatte Familie Ritter einen gemeinsamen Grillabend geplant. „Daraus ist bis jetzt nichts geworden“, schildert Ritter und ist froh, dass es „zu Hause so viel Verständnis gibt“. Seine Partnerin ist ebenfalls Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Roßlau.
Gefordert waren die Roßlauer Feuerwehrleute auch beim Bombenfund in der Dessauer Hermann-Löns-Straße
Gefordert waren die Roßlauer Feuerwehrleute unter anderem am 3. Juli nach einem Bombenfund in der Dessauer Hermann-Löns-Straße. Die Gruppe, der Sabrina Reichert angehörte, klingelte in den Wohnungen und an den Haustüren und forderten die Bewohner auf, sich in Sicherheit zu bringen.
Nach zwei Stunden war der Trupp mit Reichert erneut unterwegs und überprüfte, ob wirklich alle ihre Häuser verlassen haben. Zu diesem Zeitpunkt ahnte noch niemand, dass der Tag noch viel mehr abverlangen wird.
Die Kameraden wurde gegen 15 Uhr zu einem Feldbrand bei Tornau gerufen. Ein zweites Fahrzeug rückt nach Mühlstedt aus, denn auch dort soll es brennen. Es brennt aber der Wald bei Serno. Der Tag endet erst gegen 22 Uhr nach mehr als zehn Stunden Einsatz. Der 4. Juli beginnt mit einem Feueralarm um 4.24 Uhr. Wieder fahren die Feuerwehren nach Rodleben. Am Nachmittag folgen zwei weitere Einsätze. Nach 21 Uhr leisten die Helfer Tragehilfe für den Rettungsdienst.
Der 8. Juli beginnt für die Einsatzkräfte 8 Uhr und endet gegen 21.30 Uhr
Die Anspannung bleibt auch am 5. Juli, als die Roßlauer Feuerwehr kurz nach 13 Uhr nach einem Unfall auf der Elbebrücke eine eingeklemmte Person aus einen Pkw befreien muss und Betriebsstoffe von der Straße aufnimmt. Der Sonnabend, 7. Juli, ist gerade einmal eineinhalb Stunden alt, als der Wald in der Lukoer Straße brennt.
Es bleibt nicht der einzige Einsatz. 13.42 Uhr brennt Wald hinter Roßlau, Richtung Streetz. Der 8. Juli beginnt für die Einsatzkräfte 8 Uhr mit Feueralarm im Wald in der Birkenallee und endet gegen 21.30 Uhr mit dem Löschen eines Containers in der Werftstraße.
Frust auf Feuerteufel nimmt bei den Feuerwehren immer mehr zu
Der Frust nimmt zu, als ein Feuerteufel wie am Vortag zuschlägt. 1.15 Uhr am 9. Juli ist für einige Feuerwehren die Nacht vorbei. Denn in der Birkenallee von Roßlau brennen rund 1.000 Quadratmeter Wald. Die Einsatzkräfte arbeiten mit Wärmebildkamera und finden weitere Glutnester.
„Wir sind dafür da, den Menschen zu helfen, aber nicht, um einem Brandstifter das Feuer auszumachen“, sagt Roßlaus Feuerwehrchef Enrico Schammer. Er ist sich sicher: „Die Polizei wird dem Unbekannten irgendwann das Handwerk legen.“ (mz)