Zehn Jahre MVZ Zehn Jahre MVZ in Dessau-Roßlau: Neue Liebe für alte Poliklinik

Dessau - Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) des Städtischen Klinikums feiert Geburtstag. Zehn Jahre gibt es die moderne Variante der Poliklinik in der Stadt und es dürfte nur wenige Dessau-Roßlauer geben, denen die Einrichtung nicht schon einmal Retter in der Not war.
Ob mangels eigenem Hausarzt für die Behandlung einer akuten Erkrankung oder im verzweifelten Bemühen um einen Facharzttermin. „Die Akzeptanz des MVZ war von Anfang sehr groß“, schätzt auch André Dyrna, Verwaltungsdirektor des Klinikums und einer der Geschäftsführer des MVZ, ein.
50 Ärzte in 19 Fachrichtungen
Mit zwei Ärzten - einem Allgemeinmediziner und einer Ärztin in der Strahlentherapie - startete das MVZ. Heute arbeiten 50 angestellte Ärzte in 19 Fachrichtungen im MVZ. „Wir sind schneller gewachsen, als wir es jemals erwartet hatten“, blickt Joachim Zagrodnick, Leitender Chefarzt im Klinikum und Geschäftsführer des MVZ, ein bisschen ungläubig auf die rasante Entwicklung der Einrichtung.
Niemals habe er sich vorstellen können, dass in Dessau-Roßlau das MVZ 40 Ärzte beschäftigen würde. Eine solche Dimension hatte Zagrodnick vor zehn Jahren nur Medizinischen Versorgungszentren in großen Ballungsräumen zugetraut.
In Dessau-Roßlau fehlt es nach wie vor an Hausärzten
Gegründet worden war das MVZ am Städtischen Klinikum, um Engpässe in der medizinischen Versorgung zu beseitigen und Synergien zwischen ambulanter und stationärer Behandlung zu nutzen, indem zum Beispiel teure Geräte der Strahlentherapie, Nuklearmedizin, Labortechnik und Pathologie besser und effektiver genutzt werden.
Beides sei erreicht worden, bilanziert André Dyrna. „Wir haben die Lücke geschlossen, die es nach dem Ausscheiden niedergelassener Fachärzte oftmals gegeben hätte“, sagt Joachim Zagrodnick und betont: „Es gibt in Dessau-Roßlau keinen Facharztsitz, der zur Disposition steht.“ Allerdings fehlten nach wie vor Hausärzte.
Wohnortnahe Versorgung aufrecht erhalten
Die Ursache sieht André Dyrna in der Gesundheitspolitik der vergangenen Jahre, die das Führen einer eigenen Praxis erschwert und damit unattraktiv macht.
„Gehen niedergelassene Ärzte in Rente, gelingt nur in seltenen Fällen eine Nachbesetzung“, so Dyrna. Viele Ärzte böten deshalb ihre Praxen vor ihrem Ruhestand dem MVZ an. „Uns fällt es leichter, die Stellen zu besetzen und die Praxis somit weiterzuführen.“
Das wiederum erkläre die vielen Nebenbetriebsstätten des MVZ, die es inzwischen in Roßlau, Waldersee, Vockerode, Oranienbaum, Gräfenhainichen, Wolfen und Bernburg gibt, zusätzlich zur Hauptstelle in der ehemaligen Kinderklinik im Auenweg und der im Sommer eröffneten Betriebsstätte in der Innenstadt, im Dessau Center.
Dank des MVZ, macht Dyrna aufmerksam, sei es auch möglich, nicht wirtschaftliche Praxen weiterzubetreiben und damit eine wohnortnahe Versorgung der Patienten aufrechtzuerhalten. Joachim Zagrodnick sieht genau darin die Hauptaufgabe des MVZ des Städtischen Klinikums.
„Dessau hat den Anspruch eines Oberzentrums, auch in der Gesundheitsvorsorge. Deshalb sollten wir uns überregional verantwortlich fühlen.“
„Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu niedergelassenen Ärzten“
Aktive Akquise habe man nie betrieben, konstatieren die beiden Geschäftsführer. „Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu niedergelassenen Ärzten“, betont Zagrodnick. Vielmehr biete man die Leistung erst an, wenn Arztsitze lange unbesetzt bleiben oder gar nicht mehr besetzt werden können. So will man auch in der Zukunft verfahren.
„Das MVZ wird sich durch die Rahmenbedingungen entwickeln“, sagt André Dyrna. „Wir nehmen uns wenig vor, so war es bisher auch“, ergänzt der Leitende Chefarzt. „Wenn von der Politik der Wunsch kommt, dass wir uns weiter entwickeln sollen, werden wir uns dem nicht verschließen“, so Zagrodnick.
Anfragen von Stadträten und der Ortsbürgermeisterin gebe es bereits aus Roßlau, wo sich nach dem Wegfall des Krankenhauses durchaus eine Versorgungslücke aufgetan habe. „Wir sind gerne bereit, diesen Standort zu stärken.“
Den eigenen Nachwuchs ausbilden
Nicht dem Zufall überlässt die Leitung des Städtischen Klinikums Dessau und des MVZ aber die Nachwuchsgewinnung bei den Allgemeinmedizinern. „Wir bilden selbst aus und bieten mit dem Einsatz in Klinik und Praxis optimale Bedingungen“, so der Leitende Chefarzt.
Fünf junge Assistenzärzte seien derzeit in der Ausbildung zum Allgemeinmediziner. „Das ist eine ordentliche Zahl“, freut sich Joachim Zagrodnick, der für die Fachrichtung einen leichten Aufwind beobachtet. „Vor vier, fünf Jahren hätten wir vielleicht einen ausgebildet.“
Nach der Ausbildung in Dessau-Roßlau zu bleiben, diese Verpflichtung gebe es für die fünf nicht, betont Zagrodnick. „Aber erfahrungsgemäß bleiben die jungen Kollegen dann in der Region, auch damit haben wir ja etwas gekonnt“, spielt er erneut auf die regionale Verantwortung des Städtischen Klinikums Dessau an. (mz)

