Kommt eine zweite Schule? Wieder keine Entscheidung zum Einzugsbereich der Ganztagsschule Zoberberg in Dessau
Die Ganztagsschule Zoberberg muss allen Schülern der Stadt offen stehen. Dies zu beschließen, fällt der Politik schwer. Kommt jetzt zweite Schule in Ziebigk?
Dessau-Roßlau - Eigentlich sind sich alle einig: Die Ganztagsschule Zoberberg für Schüler aus dem gesamten Stadtgebiet zu öffnen, ist nicht nur rechtlich angezeigt, sondern auch gerecht. So jedenfalls sieht das die Mehrheit der Stadtratsfraktionen. Dennoch ziert sich die Politik weiterhin, die Aufhebung der Einzugsbereiche für die beliebte Schule mit dem besonderen Konzept nun auch tatsächlich auf den Weg zu bringen.
Denn das Ganze hat eine ziemlich unpopuläre Kehrseite: Schulkinder aus Kochstedt und Mosigkau müssten künftig mit der ganzen Stadt um die begrenzten Plätze auf der für sie nahe gelegenen Schule konkurrieren. Beide Ortschaftsräte lehnen das weiter strikt ab, da dann teils längere Schulwege auf die Kinder zukommen, die nach der Grundschule keinen Platz ergattern.
Worauf man aber genau noch warten will, wurde nicht so ganz klar
„Ja, Kochstedt muss dann mit der Kirche ums Dorf fahren, wir können aber auch nicht den Rest des Stadtgebietes vor den Kopf stoßen“, bezog Eiko Adamek (CDU) im Hauptausschuss dennoch klar Stellung gegen die Einwände der Ortschaften. Ebenso warb sein Ratskollege Michael Fricke (SPD) für den Beschluss: „Die längeren Schulwege sind unschön, zugegeben, aber hier handelt es sich um eine Angelegenheit der gesamten Stadt.“ Den Dreiklang vollendete Oberbürgermeister Peter Kuras, der den Stadtrat aufforderte, „auch mal gegen den Willen von Ortschaften zu stimmen und die Stadt als Ganzes im Blick zu haben“.
Eine Entscheidung in diesem Sinne wollte der Hauptausschuss aber trotzdem nicht fällen. Schützenhilfe dafür lieferte der Umstand, dass die Neuregelung um ein Jahr nach hinten geschoben wurde und erst ab dem Schuljahr 2022/23 gelten soll. Somit besteht aktuell kein zeitlicher Druck.
Worauf man aber genau noch warten will, wurde nicht so ganz klar. Immerhin erklärten selbst die Kritiker das Unterfangens, die Einzugsbereiche aufzuheben, für sachlich und rechtlich in Ordnung. Denn bliebe alles wie bisher, würde sich aus Sicht der Verwaltung eine Ungleichbehandlung von Schülern aus dem Rest der Stadt ergeben.
„Wir haben noch ein paar Monate Zeit, da sollten wir versuchen, andere Alternativen zu finden“
Was also glaubt die Politik, noch tun zu können? „Wir haben noch ein paar Monate Zeit, da sollten wir versuchen, andere Alternativen zu finden“, forderte Hans-Georg Otto (Pro Dessau-Roßlau). So sei auf dem Weg, eine zweite Schule zu finden, die das Schulkonzept der Zoberbergschule annimmt, noch nicht genug getan worden. Der Ex-OB regte eine Sondersitzung mit den Direktoren öffentlicher Sekundarschulen an und traf auf breite Zustimmung - auch beim Schulamt.
Zwar habe sie bereits mit allen Schulleitern gesprochen, so Schulamtsleiterin Veronika Wendeborn. Und diese sähen keine Möglichkeiten, ihr Schulkonzept zu ändern. Die Direktoren aber noch einmal in den politischen Raum einzuladen, sei eine gute Idee. Hoffnung auf eine Lösung weckte dabei auch Wendeborns Nebenbemerkung, dass der Schulleiterposten der Sekundarschule „Friedensschule“ in Ziebigk derzeit vakant sei. „Vielleicht können wir hier gemeinsam mit dem Landesschulamt jemanden finden, der dem Gemeinschaftsschulkonzept zugeneigt ist“, spann OB Kuras den Faden weiter.
Tatsächlich bleiben auch mit einer zweiten Ganztagsschule einige Probleme bestehen
Kritik am jetzt geplanten Vorgehen kam von Florian Kellner (CDU), der den Aufschub der Entscheidung als „Rumgeeiere“ bezeichnete. „Wir drehen uns im Kreis mit den immer gleichen Argumenten. Wir müssen mal entscheiden jetzt. Das Ergebnis wird nicht anders, selbst mit einer weiteren Schule nicht.“
Und tatsächlich bleiben auch mit einer zweiten Gemeinschaftsschule Probleme bestehen. „Dann müssen wir überlegen, ob wir die Stadt in zwei Einzugsbereiche aufteilen oder für beide keine festlegen“, merkte Wendeborn an. Am Ende könne es dann also trotzdem zu Losverfahren kommen.
Insgesamt können pro Jahr 75 Schüler aufgenommen werden
Apropos Losverfahren: Auch bei einer Aufhebung der Einzugsbereiche sollen die Grundschüler der Ganztagsschule ihren Anspruch auf einen sicheren Platz für die weiterführenden Klassen behalten. Über die restlichen Plätze - insgesamt können pro Jahr 75 Schüler aufgenommen werden - soll das Los entscheiden.
„Das ist eine Privilegierung der Grundschüler am Zoberberg“, kritisierte Hans-Peter Dreibrodt (Freie Fraktion). Auch Silvia Koschig (Neues Forum - Bürgerliste) und Michael Fricke sahen darin das Gleichheitsgebot verletzt. Durchaus denkbar also, dass das angedachte Prozedere noch kippt und am Ende alle Plätze per Los vergeben werden könnten. (mz/Daniel Salpius und Danny Gitter)