Von Kuchen bis Podcasts Wie die OB-Kandidaten in Dessau-Roßlau trotz Pandemie auf sich aufmerksam machen wollen
Im Rennen um das Rathaus setzen die Kandidaten auf ganz unterschiedliche Formate. Es wird ein ungewöhnlicher Wahlkampf in einer ungewöhnlichen Zeit.

Dessau-Roßlau - Der Wahlkampf um das Oberbürgermeisteramt spielt sich in diesem Pandemie-Jahr vor allem im Internet ab. Die Kandidaten haben ganz unterschiedliche Pläne, um Stimmen für sich zu gewinnen. Welche, schaute sich die MZ an
Robert Reck
Früher gab es an Wahlkampfständen Luftballons oder einen Kugelschreiber abzustauben. Doch das Fehlen von Wahlkampfständen in der Pandemie und die Sättigung aller potenziellen Wähler mit Kulis und Ballons fordern von den Kandidaten neue Anreize. Kuchen zum Beispiel. Selbstgebackenen Karottenkuchen. Über den fachsimpelt der parteilose Wirtschaftsdezernent Robert Reck mit dem ersten Gast seines Podcast-Formats „Reden mit Reck“.
Zu Besuch ist Thomas Stittrich, Inhaber des Cafés Lilly, der sich als Unterstützer Recks outet. Im Gespräch verrät Stittrich, dass er selbst ebenfalls als OB-Kandidat antreten wollte, darauf wegen der großen Schnittmenge zu Reck aber verzichtet hat. In der nächsten Folge will Reck mit einem Gast aus dem Bereich Sport sprechen. Klar, der Kuchen muss ja irgendwie wieder runter...
Karsten R. Lückemeyer
Als Oberbürgermeister qualifiziert mich, dass ich Probleme anpacken will, die Stadt voranbringen kann und... geimpft bin. Will Karsten R. Lückemeyer seinen Wählern das etwa sagen? Jüngst postete er auf seiner Facebookseite ein Bild seines Impfausweises, der eine Immunisierung dokumentiert, durchgeführt in Halle.
Auf die Hinweise, er solle sensible Daten wie die Chargennummer schwärzen, antwortet Lückemeyer: „Leute, das Impfzentrum hat mir weder erlaubt, zu fotografieren noch die Spritze als Trophäe mitzunehmen. Es hat aber ausdrücklich gesagt, ich könne ja den Impfausweis fotografieren und dann veröffentlichen. Und das hab ich getan.“
Sebastian Rumberg
Für den Wahlkampf sicher nicht von Nachteil ist es, wenn man in der Medien- und Kommunikationsbranche arbeitet und sich ohnehin mit dem Thema Werbung auseinandersetzt. Den Plakaten des parteilosen Sebastian Rumberg ist das anzusehen: Hochglanzfotos vom Gebiet rund um den Johannbau zur blauen Stunde, überschrieben mit Rumbergs Herzensthema „Die neue Gründerzeit“ sollen Eindruck machen. Sein Wahlprogramm ist aber natürlich ganz digital im Internet per Dropbox-Link abrufbar. Wer es liest, kann sich gleich noch darin verlinkte Audi-Beiträge von seinen Unterstützern anhören. Rumbergs Motto angesichts dieser digitalen Flut: „Die Zukunft wartet nicht auf uns“.
Roland Bösker
Außen- und Verteidigungspolitik zum Thema in einem Oberbürgermeister-Wahlkampf zu machen, das ist nicht einfach. Außer man war selbst bei der Bundeswehr, wie Roland Bösker. Der schrieb jüngst, es sei ihm eine „Ehre und Freude, afghanische Hilfskräfte der Bundeswehr in unsere Stadt einzuladen, auf dass sie hier mit ihren Familien eine neue Heimat finden“. Hintergrund ist der Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan und die Angst vor Rache der Taliban an den einheimischen Unterstützern der Soldaten.
Wie der Vorschlag bei manch einem ankam, glaubte er offenbar schon vorher zu ahnen und schrieb vorsorglich: „Mir ist klar, dass ich mich damit nicht bei allen beliebt mache. Will ich auch gar nicht. Sachliche Kommentare und Kritik reichen völlig.“
Ralf-Peter Weber
„Die Stimmung an der Basis einfangen“: Der Satz kommt in der Floskel-Hitliste direkt hinter „Gestalten statt verwalten“, entpuppt sich aber immer wieder als hervorragendes Wahlkampfmittel. Das weiß auch Ralf-Peter Weber, der zwar ein grünes Parteibuch hat, aber parteilos antritt. Den Vorsitzenden des Heimatvereins Mildensee hat er genauso besucht wie Dessauer Gastronomen und Kunden auf dem Markt. Teile der Gespräche sind auf Webers Facebookseite zu hören - theoretisch jedenfalls. Denn die entspannte Gitarrenmusik in den Videos ist so laut, dass leider nichts zu verstehen ist. Dafür können die Ergebnisse der Gespräche auf Webers Website nachgelesen werden.
Eiko Adamek
Auf Möhrenkuchen als die Wahlkampf-Waffe setzt nicht nur Robert Reck, sondern auch CDU- Konkurrent Eiko Adamek. In der Osterzeit veröffentlichte er auf seiner Seite ein Rezept für diese spezielle Art Backware und garnierte es mit seinem Wahl-Hashtag, der 2021-Version dessen, was früher ein Wahlspruch war. #malmachen lautet Adameks Motto. Den Wahlkampf führt er aber nicht nur aus der Küche heraus, sondern auch an der Haustür. So wie vor einigen Tagen, als er Flyer und Blümchen verteilte. (mz/Oliver Müller-Lorey)