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Widerstand gegen Naturschutzgebiet Widerstand gegen Naturschutzgebiet: Vor der Mahd das Amt fragen?

Von Annette Gens 21.09.2018, 05:00
Reiner und Christoph Lange und Ortsbürgermeister Gunnar Johannes sind gegen weitere Bürokratie.
Reiner und Christoph Lange und Ortsbürgermeister Gunnar Johannes sind gegen weitere Bürokratie. Lutz Sebastian

Rietzmeck - Eine Karte aus dem Amtsblatt verunsichert nicht nur Reiner Lange aus Rietzmeck. Sie zeigt die Grenzen des künftigen Naturschutzgebietes zwischen Dessau und der Saalemündung. Wenn Lange richtig liest, so trennen sie Grundstücke im Dorf, das an der Elbe liegt.

Laut Plan wäre sein Gehöft geteilt. Das Wohngrundstück bliebe unbetroffen, die dahinter liegende Wiese bis zum Elbufer nicht. Doch wirklich bestätigt wurde das Landwirt Lange bislang nicht. Bis heute muss der ehemalige Spargelbauer von Rietzmeck befürchten, dass der Landwirtschaftsbetrieb Lange, den jetzt Sohn Christoph führt, Einschränkungen in der Bewirtschaftung von Wiesen hinnehmen muss.

Viele kritische Stimmen gegen Verordnungsentwurf

Der vom Land veröffentlichte Verordnungsentwurf zur Ausweisung des Naturschutzgebietes „Mittelelbe zwischen Mulde und Saale“ ist in der Region durchweg mit Befürchtungen verbunden. Dessaus Seesportler kritisieren ein darin formuliertes Badeverbot. Dem Bund für Umwelt- und Naturschutz (Bund) gehen die Regelungen nicht weit genug, er spricht sich andererseits gegen das Badeverbot aus.

In Großkühnau setzen sich Ortschaftsrat und Heimatverein dafür ein, dass die Bürger weiterhin ungehindert an der Elbe entlang mit dem Rad oder zu Fuß Aken oder das Kornhaus erreichen können. In Rietzmeck geht es auch um wirtschaftliche Aspekte.

Einen Bauer Lange gibt es dort seit dem 18. Jahrhundert. Vor einem Jahr hat Christoph Lange den Hof seiner Eltern übernommen. Der Landwirtschaftsingenieur baut vor allem Mais, Zuckerrüben, Weizen, Roggen oder Erbsen an. Er nutzt auch rund 25 Hektar Wiesenflächen nahe der Elbe.

Ortschaftsrat Brambach sieht in Sachen Naturschutz Handlungsbedarf in Ballungsgebieten

Hinter dem Gehöft weidet von jedem Frühjahr bis zum Wintereinbruch eine etwa 20 Tiere umfassende Mutterkuhherde. Gedüngt werden die Elbwiesen bis jetzt nicht. „Wir leben hier mit der Natur“, schildert Lange senior, schließt aber nicht aus, dass Düngen einmal notwendig sein werde. Läge seine Wiese im Naturschutzgebiet, gäbe es Vorschriften, müssten Anträge gestellt werden.

Etwa wie viel Dünger gestreut wird und wann die Wiese gemäht wird. Die Bürokratie, so bangen die Rietzmecker, werde sich wirtschaftlich auswirken. „Wir sind gut ausgebildete Praktiker und sollen künftig jeden Arbeitsschritt beantragen“, weiß Lange senior nur zu gut, dass ein Landwirt von vielen Faktoren, zum Beispiel dem Wetter, abhängig ist und nicht aufs Amt warten kann.

Mit ihrer Meinung stehen die Landwirte nicht alleine. Im Ort wird über Einschnitte diskutiert, sagt Ortsbürgermeister Gunnar Johannes. „Die Natur in unserem Gebiet ist intakt, gerade weil Bürger ihr Umland lieben und schützen. Hierzu braucht niemand diktatorische Zügel.“ Der Ortschaftsrat Brambach sieht in Sachen Naturschutz Handlungsbedarf in Ballungsgebieten. „Man sollte das nicht auf dem Rücken der ländlichen Gebiete tun. “ Die Rietzmecker sehen einen Werteverfall ihrer Flächen und einen Eingriff, der einer Enteignung gleichkomme.

Grenzfrage wird geklärt

Das Landesverwaltungsamt wird Bauer Lange demnächst eine Antwort auf die Grenzfrage geben, versicherte Sprecherin Denis Vopel. Das Amt werde sich mit jeder Stellungnahme auseinandersetzen. Man habe versucht, die dringendsten Fragen in Zusammenkünften zu beantworten. In einigen Fällen konnte eine taggleiche Klärung nicht herbeigeführt werden, so auch im Fall des Rietzmecker Landwirts. Hier sei es zwingend notwendig, nochmals in die Karten zu schauen. (mz)