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Was passiert mit Welterbe Dessau-Wörlitz? Was passiert mit Welterbe Dessau-Wörlitz?: Leiterin Brigitte Mang gibt sich wortkarg

Von Christian Eger 15.06.2018, 09:31
Kulturstiftungs-Direktorin Brigitte Mang (Mitte) rechts neben Ministerpräsident Reiner Haseloff bei der Eröffnung des ersten Teils der Forster-Ausstellung im Festsaal des Schlosses Wörlitz
Kulturstiftungs-Direktorin Brigitte Mang (Mitte) rechts neben Ministerpräsident Reiner Haseloff bei der Eröffnung des ersten Teils der Forster-Ausstellung im Festsaal des Schlosses Wörlitz Jan Wojtas/dpa

Dessau-Roßlau - Kein See, kaum Grün. Nur Autohäuser und Asphalt. Noch bis Ende des Jahres haust die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz in einem Gewerbegebiet am Westrand von Dessau. Dort, wo das Bauhaus kein Denkmal, sondern ein Baumarkt ist.

Die wenigsten Dessauer wissen, dass das Gartenreich vom Junkerspark aus verwaltet wird – so lange bis der Stiftungssitz Schloss Großkühnau restauriert ist. Aber man hört ohnehin nicht viel aus der Welterbe-Stiftung.

Der steht seit Februar 2017 die Österreicherin Brigitte Mang vor. Der Einsatz der Wiener Landschaftsarchitektin, die im nächsten Jahr 60 wird, war als ein Befreiungsschlag gedacht. Internationalität, strategische Entwicklung, gesellschaftliche und wissenschaftliche Vernetzung: Das waren die Schlagworte.

Schlagzeilen machte zuletzt anderes. Ende April überraschte die Kunde, dass die Schirmherrschaft des niederländischen Königshauses über die Restaurierung des Schlosses Oranienbaum endete, obwohl diese noch gar nicht abgeschlossen ist. Die Stiftung erklärte, dass sie nichts dazu erklären werde. Öffentlichkeit als freiwillige Leistung?

Auf ein Jahresprogramm der Kulturstiftung wartet man in diesem Jahr vergeblich

Die mit viel landespolitischer Prominenz eröffnete Ausstellung zu Georg Forsters Wörlitzer Südsee-Sammlung fand ohne Pressekonferenz statt. Die Journalisten lud man zur Eröffnung der Schau, die aber die Hauptsache nicht bietet: die Südsee-Sammlung. Die kommt erst 2019 hinzu. Statt eine vollwertige Schau zu zeigen, präsentiert man zwei halbe, schiebt eine Tagung dazwischen und nennt es Forster-Jahr.

Auf ein Jahresprogramm der Kulturstiftung wartete man in diesem Jahr vergeblich. Das erschien bislang als ein aufwendig gestaltetes, überregional vorzeigbares Magazin, das über Themen und Termine informierte. Das leistet jetzt ein Faltblatt, das die Veranstaltungsdaten nennt.

Als vor drei Wochen die sensationelle Rückführung von 24 im Zweiten Weltkrieg verschollenen Kunstobjekten ins Gotische Haus stattfand, kam das beiläufig über den Deutschlandfunk in die Welt, dann über die Deutsche Presse-Agentur. Die Kulturstiftung trabte in eigener Sache hinterher.

Mangs Mantra: Die Öffentlichkeit wird über eine Sache erst dann informiert, wenn Ergebnisse vorliegen

Marketing ist etwas anderes. Das gezielte Erzeugen von Teilnahme und Interesse auch. Was ist los im Gartenreich?

Ein Gespräch über alles: Was läuft, was nicht? Die Anfrage an die Direktorin bleibt über Wochen ohne Antwort. Personalmangel, heißt es. Aber wieviel Hände braucht die Antwort auf eine Mail? Nach nachdrücklicher Nachfrage klappt es dann doch.

Ein Schreibtisch mit rotem Sessel, davor ein großer Konferenztisch. An den bittet Brigitte Mang. Von Anfang an macht sie sich Notizen vom Gespräch. Das läuft wie ein Mikado-Spiel: sehr kontrolliert. Knappe Frage. Noch knappere Antwort. Mangs Mantra: Die Öffentlichkeit wird über eine Sache erst dann informiert, wenn Ergebnisse vorliegen.

Zum Beispiel zur Frage, wo und wozu in Wörlitz die Stiftung ein „Welterbezentrum“ errichten will, das der „Masterplan“ vorsieht. Ein Haus, das jede Erbestätte brauche, sagt Mang, um zu zeigen, was man biete, wer man sei. Warum in Wörlitz - das Gartenreich ist doch größer? Weil es die Einstiegsstelle für die Touristen sei. Der „prägnanteste Ort im prägnantesten Garten“. Gibt es Wunschplätze, Optionen? Kein Wort dazu. Das Redaktionsarchiv muss helfen: Im Stadtrat wurden 2017 das Gelbe Haus, der Marstall und die Brache neben dem Hotel „Zum Gondoliere“ genannt.

Was lief da in Sachen Oranienbaum-Schirmherrschaft der Niederlande?

Wie steht es um die 2017 geforderte Internationalität? Denn das Welterbe Dessau-Wörlitz hat das große Problem, dass es in der breiten nationalen Öffentlichkeit kaum, in der internationalen fast gar nicht bekannt ist. Man sei in Gesprächen mit Partnern in England, den Niederlanden, Frankreich, sagt Brigitte Mang. Worüber? Fragen Sie nicht weiter.

Was lief da in Sachen Oranienbaum-Schirmherrschaft: Hätte man als Stiftung nicht auf eine Verlängerung hinwirken sollen? Wenden Sie sich an die Niederländische Botschaft, sagt Mang. Die Frage, unter welchen Bedingungen die Schirmherrschaft hätte verlängert werden können, beantwortet die Botschaft nicht. Die teilt mit: „Die Schirmherrschaft wurde im Zuge der damals aktuellen Projekte des Schlosses Oranienbaum für eine begrenzte Dauer übernommen. Man weiß die Arbeit der Stiftung sehr zu schätzen.“

Internationalität, das ist für Brigitte Mang die Ausstellung mit Werken der Malerin Angelika Kauffmann (1741-1807), die im Juli im Haus der Fürstin in Wörlitz öffnen soll. Eine Schau, die sich aus zwei österreichischen Privatsammlungen speist und die also auch in Österreich gezeigt wird. In Bregenz am Bodensee, in der Nähe der Schweiz und von Liechtenstein gelegen, mithin beinahe eine „Drei-, nein Vierländer-Schau“, schwärmt Mang. Das habe es noch nie gegeben, sagt die Direktorin: eine von der Stiftung mitgestaltete Schau im Ausland.

Seit Jahren gibt es die Idee, die Kulturstiftung in eine institutionelle Förderung des Bundes zu überführen

Aber ist das schon ein Aufbruch: eine heute übliche Museums-Kooperation? Ein Faltblatt als Jahresprogramm? Eine halbe Forster-Ausstellung? Reicht das für eine Welterbe-Institution?

Im nächsten Jahr endet der Solidarpakt II, an den die sogenannte „Leuchtturm“-Förderung des Bundes gekoppelt ist, der zur Zeit jährlich 1,2 Millionen an die strukturell unterfinanzierte Stiftung zuschießt. Seit Jahren gibt es die Idee, die Kulturstiftung in eine institutionelle Förderung des Bundes zu überführen. Welche Ziele, welche Wünsche hat die Stiftung? Brigitte Mang sagt nur das: „Ich führe Gespräche.“

Das tun andere auch. Nur findet man nicht zueinander. Der Kulturpolitische Sprecher der Freien Demokraten im Bundestag, Hartmut Ebbing, hatte zuletzt - wenn auch vorerst vergeblich - mehrere Anträge in den Kultur-Ausschuss eingebracht, um für die Stiftung eine zusätzliche Summe von 1,2 Millionen Euro aus dem Kulturhaushalt zu erwirken. Eine Nachricht, die der sachsen-anhaltische FDP-Bundestagsabgeordnete Marcus Faber verbreitet hatte. „Davon weiß ich nichts“, sagt die Direktorin.

Brigitte Mang plant die Zukunft des Gartenreichs nach zehnjährigem Masterplan

Fragt man Brigitte Mang, vor welchen Herausforderungen sie das Gartenreich sieht, antwortet sie: „Ich halte es ganz wesentlich mit dem Masterplan“. Also Welterbe-Auskunft bauen. Das Haus der Fürstin als Ausstellungsbau ertüchtigen. Zehn Jahre soll dieser „Masterplan“ laufen. Zehn Jahre für zwei überschaubare Baumaßnahmen. So lange dauert die mögliche Amtszeit von Brigitte Mang.

Im Herbst soll die lange offene Stelle des Verwaltungsdirektors neu besetzt sein. Möglich, dass das manches entlastet. Ende des Jahres will man den 100. Gründungstag der Stiftung feiern, was im Programm-Faltblatt freilich nicht erwähnt ist. Vielleicht wird es im künftigen Gartenreich-Magazin nachzulesen sein. Das soll von 2019 an wieder erscheinen, aber nur noch aller zwei Jahre. (mz)

Die Kulturstiftung Dessau-Wörlitz ist eine gemeinnützige Stiftung des öffentlichen Rechts und wird aus Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt (rund 67 Prozent) und des Bundes (rund 14 Prozent) gefördert; der Rest des jährlichen 12,5 Millionen Euro-Etats speist sich aus Einnahmen der Stiftung und aus Drittmitteln.

Rund 100 Mitarbeiter beschäftigt die Behörde. Die ist aus der 1918 von Herzog Joachim Ernst von Anhalt (1901-1947) gegründeten und zunächst nach ihm benannten Stiftung hervorgegangen und wurde 1994 wiederbelebt.