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Verfahren am Amtsgericht Zerbst Verfahren am Amtsgericht Zerbst: Geldstrafe nach fahrlässiger Tötung

Von Thomas Steinberg 24.11.2014, 20:38

dessau - Das Auto traf ihn mit Tempo 140. H. hatte keine Chance. Er starb auf der A 9, Kilometer 53,8 Richtung München, kurz hinter der Ausfahrt Köselitz. Am Steuer des Wagens saß der damals 50-jährige Dessauer F. Die Polizei ermittelte gegen ihn, die Staatsanwaltschaft wollte das Verfahren wegen fahrlässiger Tötung vorläufig einstellen. Hätte F. gezahlt, wäre die Sache für ihn erledigt gewesen und er hätte nicht als vorbestraft gegolten. F. zahlte aber nicht, und so war das Amtsgericht Zerbst am Zuge.

Nervenaufreibendes Verfahren

Das Verfahren in Zerbst wurde ein nervenaufreibendes mit vielen Zeugen und mit Gutachtern, die sich widersprachen. Am Ende wurde F. verurteilt, eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 70 Euro zu zahlen, unterm Strich also 5 600 Euro. F. ging in Berufung, die Staatsanwaltschaft ebenfalls. Drei Jahre verstrichen, ehe der Fall das Dessauer Landgericht erreichte, wo er am Montag verhandelt wurde.

Mann wollte nur helfen

H. starb, als er einem betrunkenen Autofahrer helfen wollte. Der war mit seinem Audi auf einen Lkw gerast, das Fahrzeug schleuderte herum. H. bremste, sprang aus dem Auto, lief zu dem Verunglückten. Vielleicht kann man ihm vorwerfen, er habe sich zu wenig um seine eigene Sicherheit gekümmert, er habe zu spät gemerkt, wie sich zwei Autos näherten, auch das von F.

Eltern zeigen sich erleichtert

F. sitzt neben seinem Anwalt, ihm gegenüber als Nebenkläger die Eltern von H. Er meidet ihre Blicke. Der Richter sagt, es wäre besser für alle Beteiligten, die Sache nicht neu aufzurollen, sondern allein über das Strafmaß nachzudenken, 80 Tagessätze seien „nicht angemessen“. Es mag sein, dass der Unfall eine Folge unglücklicher Umstände und F.s Schuld weniger eindeutig war, als es im Zerbster Gerichtssaal festgestellt wurde. Es mag stimmen, dass der Unfall F.s Leben zerstört hat, wie er sagt. Aber er überlässt seinem Anwalt zu erklären: „Wir bedauern zutiefst, dass ein Mensch ums Leben gekommen ist.“ Die Anwältin der Eltern findet F.s Einlassung, die H.s Schicksal völlig ausblendet, zwar „wenig hilfreich“, doch auch sie will ihren Mandanten einen neuen Prozess ersparen. So sträubt sie sich nicht gegen die Absprache zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung, lediglich das Strafmaß neu zu bestimmen, zumal sie juristisch ohnehin kein Mittel gegen dieses Vorgehen hätte. F. wird nunmehr vom Landgericht zu 50 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt. Man mag das sehr wenig finden angesichts des Todes eines Menschen, auch wenn er durch Fahrlässigkeit getötet wurde. Trotzdem scheinen H.s Eltern erleichtert, dass es nun ein Urteil gibt, eines ohne neues Verfahren.

Rechtskräftig ist der Richterspruch freilich noch nicht. Den Verfahrensbeteiligten bleibt eine Woche, Revision einzulegen. (mz)