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Unesco-Antrag in Dessau Unesco-Antrag in Dessau: Werden Laubengänge zum Welterbe?

Von lisa garn 02.02.2016, 20:20
Spielende Kinder in einer Kiesgrube vor den Dessauer Laubenganghäusern im Jahr 1937.
Spielende Kinder in einer Kiesgrube vor den Dessauer Laubenganghäusern im Jahr 1937. stadtarchiv Lizenz

dessau - Die Laubenganghäuser in Dessau-Süd könnten Teil des Unesco-Welterbes werden. Die Kultusministerkonferenz der Länder hat einen entsprechenden Antrag bei der Unesco eingereicht. Bei der Bewerbung geht es um eine Erweiterung der bestehenden Welterbestätte „Das Bauhaus und seine Stätten in Weimar und Dessau“. Hinzukommen soll dabei auch die Bundesschule des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes in Bernau. Die Laubenganghäuser in der Siedlung Törten und das Gebäude bei Berlin hatte der Architekt und zweite Bauhausdirektor Hannes Meyer Ende der 1920er Jahre entworfen.

Konzentration auf erste Generation

Das Kultusministerium Sachsen-Anhalt sieht in Meyers Bauten elementare Bestandteile zum breiteren Verständnis der Schule der Moderne. „Bislang sind die Bauhaus-Stätten in Weimar und Dessau allzu sehr auf die erste Generation der Architekten fokussiert“, so Sprecherin Karina Kunze. Diese steht vor allem für den Gründer Walter Gropius und die so genannte „Weiße Moderne“. Wesentliche Teile des Schaffens der Bauhaus-Schule aber seien unberücksichtigt geblieben. „Die Erweiterung der Unesco-Welterbestätten wird die Siedlungsbauten in Dessau-Süd stärker in den Fokus rücken und Hannes Meyers Architektur als prägendes Element der Bauhausgeschichte verankern.“ Man erhoffe sich neben fachlichen Aspekten eine „erhöhte Öffentlichkeitswirkung und touristische Relevanz“ der kulturhistorisch bedeutsamen Bauten.

Der Antrag liegt seit Montag beim Unesco-Welterbezentrum in Paris vor. Im Sommer 2017 soll dort eine Entscheidung fallen. Die Stiftung Bauhaus hatte den Antrag federführend bis zum Jahreswechsel erarbeitet, das Kultusministerium sowie die Kultusministerkonferenz der Länder übersandten ihn.

Über die Geschichte der Laubengänge lesen Sie auf Seite 2.

Die Gebäude von Hannes Meyer sind bisher noch nicht im Weltkulturerbe vertreten. Er hatte seit 1927 als Meisterarchitekt am Bauhaus in Dessau gewirkt und 1928 die Nachfolge von Gropius angetreten. „Hannes Meyer reformierte das Bauhaus, leitete und entwickelte die Bauabteilung und prägte damit die Ausbildung der Architekten“, sagt Monika Markgraf, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung Bauhaus. „In den Gebäuden, die unter seiner Leitung entstanden, zeigt sich seine radikal funktional-ökonomische Architekturauffassung.“

Die fünf Laubenganghäuser - so bezeichnet wegen der langen Wohnungszugänge - waren in der Siedlung Törten 1929/30 entstanden. Drei stehen in der Peterholzstraße, zwei in der Mittelbreite. Meyer setzte dort sein Konzept „Volksbedarf statt Luxuswohnungen“ um. Es zogen Arbeiter und Angestellte ein, die Miete lag bei 37,50 Mark. Auf 48 Quadratmetern gab es drei Räume sowie Küche und Bad. „Mit der Kombination mehrgeschossiger Laubenganghäuser und eingeschossiger Einfamilienhäuser wurde nicht nur eine städtebauliche, sondern auch eine soziale Durchmischung angestrebt“, so das Kultusministerium. Diese Auseinandersetzung mit der sozialen Frage am Bauhaus und der Anspruch rationaler Gestaltung bezahlbaren Wohnraums um 1930 sei bislang weitgehend unbeachtet geblieben.

„Echte“ Bauhausbauten

Die Häuser sind „echte“ Bauhausbauten, da sie in der 1927 eingerichteten Architekturabteilung entstanden. Das Bauhausgebäude, die Meisterhäuser und die Siedlungshäuser Törten sind dagegen im privaten Baubüro Gropius entworfen worden. „Mit der Erweiterung der Welterbestätte durch die Laubenganghäuser und die Bundesschule des ADGB“, ist Monika Markgraf überzeugt, „wird die Bedeutung des Bauhauses als eine der einflussreichsten Keimzellen moderner Gestaltung und Architektur des 20. Jahrhunderts um wesentliche Aspekte vervollständigt.“ (mz)

Eines der Laubenganghäuser in Süd.
Eines der Laubenganghäuser in Süd.
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