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Umwelt in Dessau Umwelt in Dessau: Bäume fallen auf "letzten Pfiff"

Von silvia Bürkmann 01.03.2014, 10:17
Die Polizei im Einsatz: ein Bürger hat den Baum besetzt.
Die Polizei im Einsatz: ein Bürger hat den Baum besetzt. Ruttke Lizenz

Dessau/MZ - Die Verkehrsschilder sind am Donnerstag aufgestellt worden: Am 28. Februar und am 3. März von 7 bis 16 Uhr Halteverbot in der Luxemburgstraße. Warum das? Wollten die Anwohner wissen und fragten sich durch in den städtischen Stellen. Am Nachmittag war die Katze aus dem Sack: Bäume sollten fallen neben dem alten Impfstoffwerk bis zur Kreuzung Liebknechtstraße.

Die Anwohner des Viertels in Nachbarschaft vom Bauhaus gingen auf die Palme. Und öffneten auch am späten Abend noch die Tür, um eine spontane Aktion für den Erhalt der Bäume mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Die über 60 Namen fassende Liste wurde über Nacht per Fax der Stadt, dem Eigentümer und dem Auftragnehmer zugestellt. Die Bitte aber blieb ungehört: „Fünf nach Acht am Morgen rückte die beauftragte Firma mit Mann und Technik an“, so Anwohner Hans Romahn. Ein kleine Zahl von Protestlern um Wortführer Andreas Kühne sucht das Gespräch mit den Arbeitern, zeigt auf die Unterschriften, fragt nach, argumentiert. Die eine Seite will die Bäume retten und die andere hat einen Auftrag zu erfüllen. Man versteht einander ja ... und sitzt in der Zwickmühle. Anrufe von der Straße aus nach hier und dort, die Helme, Ohrenschützer und Motorsägen bleiben noch unbenutzt.

Der Bewuchs soll weg!

Kurz nach halb Elf aber sind die Verhandlungen erschöpft, alle erreichbaren Chefs und Entscheider gefragt - der Bewuchs soll weg! Zwei Arbeiter lassen die Motorsägen aufheulen und setzen zum Keilschnitt an den Stämmen an. Binnen kürzester Zeit liegt die junge, schlanke Weide mit den samtig-prachtvollen „Kätzchen“ gebrochen am Weg.

Wo Worte nicht reichen, greifen die Protestler zur Tat und schultern die Leitern zum Aufstieg in die Baumkronen: Andreas Kühne und Hans Romahn werden in der Luxemburgstraße zu Baumbesetzern auf einer Wildkirsche und einem etwa 30 Jahre alte Walnussbaum. Der Widerstand ist ein symbolischer. Wird wahrgenommen von den tief enttäuschten Anwohnern, die die kleine, grüne Oase am Straßenrand als Frischluft- oder Schattenspender schätzten. Auch die Mitarbeiter anliegender Firmen beobachten in der Mittagspause das Geschehen neugierig und kopfschüttelnd.

„Die Baumfällungen waren beantragt“, sagt Gabriele Jaquet vom Grünflächenmanagement des Eigenbetriebes Stadtpflege zur Sache. Bei den in Frage stehenden Bäumen in der Luxemburgstraße handele es sich nicht um Straßenbegleitgrün auf öffentlichen Flächen, sondern um privaten Grundbesitz. Hier bereite der Eigentümer (die Sachsen-Anhaltische Landesentwicklungsgesellschaft Saleg - d.R.) bestimmte Flächen und Objekte für den Abriss vor.

"Wir haben die Genehmigung erteilt"

Für fünf Bäume brauchte es auch auf Privatgrund die Fällgenehmigung. Die genehmigungspflichtigen Schutzgüter wurden im Antragsverfahren vor Ort vom Grünflächenmanagement begutachtet. „Wir haben die Genehmigung erteilt für das Fällen von zwei Linden, einer Zierkirsche, eines Spitzahorns und einer Steinweichsel (Felsenkirsche)“.

Für Walnussbaum, Wildpflaume, Weide, Fichte und Feuerdorn brauchte es keine Genehmigung. Es war auch für privat der letzte Tag. Ab heute erlaubt die untere Naturschutzbehörde nur noch Ausnahmen (siehe Fällpause).

In der Luxemburgstraße sind am Donnerstag Bäume gefallen. Die Anwohner wollten das mit Unterschriftensammlungen verhindern. Da dies nichts brachte, kletterten sie gestern auf Bäume, wie Hans Romahn auf einen Nussbaum.
In der Luxemburgstraße sind am Donnerstag Bäume gefallen. Die Anwohner wollten das mit Unterschriftensammlungen verhindern. Da dies nichts brachte, kletterten sie gestern auf Bäume, wie Hans Romahn auf einen Nussbaum.
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