Kunstschatz in der Südschwimmhalle Südschwimmhalle in Dessau: Sorge um die Zukunft der DDR-Betonglasfenster

Dessau - Die Tage der Südschwimmhalle sind gezählt. Sobald der Neubau an der Ludwigshafener Straße im Sommer 2018 öffnet, schließt die alte Halle.
Dabei birgt es im Inneren einen kleinen Kunst-Schatz: das Betonglasfries, entstanden in den 70er Jahren, zwei Meter hoch und 18 Meter breit. Wenn es von Tageslicht durchleuchtet wird, ist das Glasbild ein fast magischer Blickfang. Doch was wird aus ihm, wenn die Südschwimmhalle schließt?
Architekt sorgt sich um Glaskunst
Ein Dessauer Architekt befürchtet, dass das Kunstwerk unwiederbringlich verloren geht. Er drängt nicht nur auf dessen Erhalt, sondern fordert auch eine Umsiedlung.
„Dessau könnte ein positives Beispiel für den Umgang mit bedrohter Betonglaskunst der DDR liefern, wenn es dieses Fries in den Hallenneubau integriert“, schlägt Reibestein vor. Genug Platz böte die neue Halle dafür.
„Diese einmalige Chance zur Sicherung und sinnvollen Wiederverwendung muss jetzt noch rechtzeitig diskutiert, organisiert und im besten Fall auch realisiert werden.“ Das Glasbild zum Thema „Wasser und Mensch“ sei ein beeindruckendes Zeugnis von Kunst am Bau in der DDR.
Beliebtes Material in der DDR
Das Betonglasfries war 1976 in die Volksschwimmhalle in Dessau eingebaut worden. Zu einer Zeit, als das Material seine Hochzeit in der DDR erlebte. Diese spezielle Form der Glasgestaltung verarbeitet Dickglas, auch Dallglas genannt.
Dessen Bruchstücke werden in ein Gerüst aus Beton eingegossen. Das Material ist robust und statisch gut belastbar. In den Nachkriegsjahren wurde die Technik vor allem beim Kirchenbau in Frankreich und Deutschland eingesetzt.
Betonglasfenser wurden auch in Kirchen verbaut
1966 entstand das erste Betonglasfenster in der DDR. In den 70er Jahren wurden dann die meisten Scheiben für Kirchen und Kulturbauten geschaffen.
Für das Dessauer Fenster hatte Reginald Richter den Entwurf gefertigt, er war auch an der Gläsernen Blume für den Palast der Republik in Berlin beteiligt.
Entstanden sind die Einzelteile im Kunsthandwerkerbetrieb Glasgestaltung Magdeburg, der unzählige Arbeiten für die gesamte DDR schuf.
Kein Einbau in neue Schwimmhalle
Für einen Einbau in die neue Halle sieht die Stadtverwaltung allerdings keine Chance. „Bei aller Gefälligkeit passt es dort weder vom Format noch vom Konzept her“, erklärt Sprecher Carsten Sauer.
„Im Gegensatz zur Südschwimmhalle haben wir hier einen schönen Ausblick auf Grünflächen, die bei einer farbigen Verglasung nicht mehr zur Geltung kommen würden.“ Was aus dem Fries wird, ist derzeit nicht klar.
Das gesamte Gebäude soll vermarktet werden: Ob es zu einem Verkauf oder einem Abriss kommt, ist offen. Wahrscheinlich ist allerdings, dass sich für den Bau eher kein Nachnutzer findet.
Glaskunst steht nicht unter Denkmalschutz
Als erhaltenswert jedoch schätzt man das Kunstwerk ein - auch wenn es ebenso wie die gesamte Südschwimmhalle nicht unter Denkmalschutz steht.
„Es ist ein sehr schönes, gefälliges Objekt, dessen Bedeutung aber nicht als überregional wesentlich gesehen wird“, so Sauer. Bei einem Rückbau der Halle will die Stadt das Fensterbild aber sichern.
Reibestein, der auch im Bereich Denkmalpflege einen Abschluss hat, ist da allerdings skeptisch. Selbst wenn die 18 Einzelteile ausgebaut würden - „dann lagern sie irgendwo, werden dreimal umgelagert und können dann aus Platzgründen - da inzwischen beschädigt - entsorgt werden“.
Solche Kunstwerke sind selten geworden
Dieses Schicksal müsse dem Fries erspart bleiben. Ohnehin seien zu viele dieser Kunstwerke in den 90er Jahren zerstört worden. „Durch fachliche Unkenntnis, Desinteresse und mangelnde Sensibilität.
Dabei traf es nicht nur ideologisch durchfärbte, sondern auch politisch neutrale.“ (mz)