1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Statt Stapellauf den Ponton mit Kran zu Wasser gelassen

Statt Stapellauf den Ponton mit Kran zu Wasser gelassen

Von SILVIA BÜRKMANN 29.03.2010, 17:44

ROSSLAU/MZ. - Der Tatort ist auch auf weitläufigem Werftgelände unübersehbar: Hinter der Schiffbauhalle recken sich lange Kranarme in den regengrauen Montagmorgen. Davor lagert ein massiger Stahlblock auf einem Unterflurfahrzeug Kamag, am Autodrehkran mit Stahltrossen angeschlagen und bereit "abzuheben": Ein "Stelzen-Ponton" will zu Wasser gelassen werden.

Am Verladeplatz sind jede Menge Menschen. In Arbeitskluft unter Helmen oder mit Handy und Sprechfunk am Ohr. Und immer mit einem Seitenblick auf die Uhr. Der Stelzen-Ponton soll am frühen Montagnachmittag auf der Wasserstraße Elbe seinen Weg zum Besteller antreten, per Schubverband zunächst elbaufwärts zum Mittellandkanal und dann über verschiedene Kanäle an den Rhein gebracht werden. Ziel ist der Grimberger Hafen in Gelsenkirchen am Rhein-Herne-Kanal.

Im November des Vorjahres hat die Roßlauer Schiffswerft den Auftrag von einem Kunden in Süddeutschland übernommen und verschiedene Teilleistungen an Subunternehmen übertragen. Engster Partner der Roßlauer Schiffswerft wurde die Akener Georg-Placke-Werft. Die Arbeitsteilung der erfahrenen Schiffbauer: Die Roßlauer Werft leistet mit ihrer Technik in der Schiffbauhalle die maschinelle Vorfertigung der Böden und Seitenwände auf Maß und hat im Durchschnitt sechs bis acht Leute im Einsatz. Dann übernehmen die Kollegen aus Aken die Fertigung des Pontons. Seit Januar arbeiten etwa 15 Mann aus Aken am Projekt in Roßlau, so Ralf Pakendorf, Geschäftsführer der Georg-Placke-Werft.

Der Ponton erreicht eine Länge von 28 Metern und ist 9,20 Meter breit. Die Seitenwände des "Bottichs" sind bis zu 2,30 Meter hoch. Insgesamt bringt der Stahlponton 135 Tonnen auf die Waage.

Pontons dienen als "Schwimmkörper" zum Beispiel als Anlegestege für Boote und Schiffe, werden im militärischen Einsatz als Brücken genutzt oder finden als Arbeitsplattformen Verwendung. Und genau das macht künftig auch "Alpine 20", wie das neue Wassergefährt benannt ist.

"Was ein Stelzenponton ist?" Horst Danke, Prokurist und Fertigungsleiter der Roßlauer Schiffswerft, schnaubt unwillig in Richtung des Unwissenden. Auf Arbeitsplattformen kommen ja Bagger und Kräne zum Einsatz, rammen beispielsweise Spundwände in Flüsse oder Kanäle. Gefragt ist Mobilität, um an die wechselnden Einsatzorte zu gelangen. Dort aber braucht das schwimmende Arbeitsmittel Stabilität und Verankerung. Das übernehmen vier hydraulisch betriebene Pfähle, die unter Wasser im Boden fixiert werden, eben die "Stelzen". Alpine 20 erreicht die Klassifizierung der Zone 2. Die erlaubt den Einsatz auf allen Binnengewässern und im Hamburger Hafen. "Alles klar?" Jetzt findet Projektleiter Danke Zeit für ein leichtes Grinsen.

Auf dem Verladeplatz legen die Arbeiter in den gelben Regenjacken (die Akener) und elbgrauen "Blaumännern" (die Roßlauer) Sicherheitsabstand zum Stahlponton ein. Die Trossen zum 500-Tonnen-Kran spannen sich. Hiev up. Der Ponton hebt sich langsam vom Unterflurfahrzeug und schwebt auf die Wasserkante zu. Um 10.30 Uhr taucht das Stahlungetüm behutsam ein. Ohne Burgwelle, ohne Champus. Die Männer nicken einander zu, geben Handzeichen zum Kranfahrer. Guter Job. Alles klar.

Erledigt ist der Job aber noch längst nicht, zügelt Ralf Pakendorf von der Georg-Placke-Werft die Pferde. Jetzt muss der Ponton noch seine Ausrüstung an Bord nehmen. Zuallererst liegen da noch die vier Stelzen-Stahlpfähle (10,80 Meter lang, Durchmesser 0,83) neben dem Roßlauer Werfthafen. Und daneben stapeln sich 200 Bohlen aus Kiefernholz. Die werden als "Baggerbett" verlegt, um die Maschinen nicht auf glattem Stahl rutschen zu lassen. Zu ergänzen bleiben weiter die Verhol- und Koppelwinden.

Für die Tour bis zum Zielhafen haben die Binnenschiffer mit dem Schubverband sechs Tage eingerechnet. Ankunft in Gelsenkirchen soll sein? Natürlich Ostern.