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Spielshow "Leaving Dessau" Spielshow "Leaving Dessau": Dessau ist schön drum herum

Von Thomas Altmann 12.09.2014, 19:24
Tizian Steffen hat die erste Ausreise-Card gewonnen.
Tizian Steffen hat die erste Ausreise-Card gewonnen. David Ortmann Lizenz

DESSAU/MZ - Mag das Streichelgehege auch offen stehen, die Ziege bleibt im Stall, Leopold auf dem Sockel und Boris Malré am bewaldeten Ort. André Bücker wird gehen, Martin G. Berger kommen. Doch der Gewinner heißt Tizian Steffen. Was tut man nicht alles für eine Freifahrt nach Wiesenburg?

Also raus aus dem Land und rein in Folge Eins der Spielshow „Leaving Dessau“, die den Siegern „Green Cards zur Ausreise ins goldene Rest-Deutschland“ verspricht. Während vergleichbare Formate die Erfüllung eines Traumes in Aussicht stellen, erfüllt sich hier Leben, eines von dreien. Denn drei Kandidaten traten an, zur Premiere der Show am Donnerstag im Alten Theater Dessau.

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Die Gründungsväter der „Initiative pro Holzweg“, Martin G. Berger und Tim Sandweg, entwickelten die Show und moderieren nun. Man solle sich, so Berger, auf die Stärken des Landes berufen. Grün sei stark, eine Stärke des Landes der Wald. Ergo solle Sachsen-Anhalt entvölkert, renaturiert, bewaldet werden. Mit der restriktiven Kulturpolitik setze die Landesregierung klare Zeichen einer geplanten Entvölkerung, habe aber ein „Outing-Problem“. Dafür treten nun die Show-Master performativ offenherzig in den Dienst. Und die Dienstkleidung erinnert an Gottschalks letzte, reich bestickte Rache.

Dank an Kuras

In der quirligen Anmoderation klingt auch große Dankbarkeit an, gerichtet auf Dessaus Oberbürgermeister Peter Kuras. „Er ist der Einzige, der verstanden hat, dass wir keine Satire machen“, sagt Berger in Bezug auf vorangegangene Facebook-Diskussionen. Enttäuscht zeigte sich Berger hingegen vom Theater, dort werde die Sache diffamiert, als Satire. Und schon wird es ernst. Drei Spiele werden durchlaufen, dabei gilt es, Zeit zu gewinnen, einen Vorsprung für das Endspiel, einen Ausreise-Parcours; und wer zuerst im Auto sitzt, hat gewonnen.

Eingespielte Clips berichten von der Arbeit der Initiative, von der Sorge um die künftige Auswilderung der Tiere im Tierpark und einer angestrengten Kandidatensuche. Die Ausschreibung wird auch verlesen: Berger wird neuer Generalintendant, besucht im Film das Theater und sitzt zur Probe auf Bückers Stuhl, der wirklich federt, während Bücker natürliche Sympathie bei allem ernsten Spaß behält. Was ist schon der „Ring“? Berger würde „Licht“ geben, Karlheinz Stockhausens Welttheater in sieben Tagen. So könne man untergehen, das Theater stilvoll entvölkern bei international blendender Reputation.

Gespielt wird auch. Hannah Fricke, Schülerin und Gesangstudentin in spe, Tizian Steffen, Abendspielleiter des Theaters und Burghard Duhm, Mitarbeiter am Bauhaus treten an und werden in kurzweiligen Filmchen vorgestellt. Die Kandidaten werfen dann in vager Ahnung und möglichster Annäherung Dartpfeile auf eine Landkarte mit ausradierten Städten, entwickeln eine Werbekampagne zur Initiative und zerlegen brachial ein Möbel in möglichst viele Teile. Im Endspiel heißt es dann: Koffer packen, Reste essen oder, wie symbolträchtig, Pflänzchen pflanzen. Dann sitzt Tizian im Auto. Gewonnen.

Die Show hat alles, was Spielshows haben

Die Show hat alles, was Spielshows haben, gedimmten Glimmer, in Berger einen wachen, eloquenten Moderator und den Charme des Topfschlagens in der Großfamilie mit Präsenzpflicht des Familienvaters, auch Gesangeinlagen höherer Töchter mit dem Duo „Bitonal“. Es gibt pfiffige und längere Momente und dauert ohne Werbung beinah den Abend, was zuweilen spürbar wird. Boris Malré sitzt als Dessauer auf dem Sofa, erzählt von seiner Passion, dem Jagen, und empfiehlt sich so als künftig letzter Mensch am bewaldeten Ort. Der Schlussgesang ist auch nicht schön, wie die ernste Sache selbst. Die Dessauer Spezialitäten aus der Küche liefern zudem weitere Fluchtmotive: Linsen süßsauer, Milchreis mit Wurst.

Morderator
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