Arbeit für Frei.Wild und Goitzsche Front Soundart Recording produziert für Frei.Wild und Goitzsche Front in Dessau

Dessau-Roßlau - Es ist ein von außen unscheinbares kleines Häuschen, in dem die großen Hits entstehen. Abgeschieden am Stadtrand von Dessau steht es, von der Straße kaum zu sehen, ein Sprung nur ist es bis zum Waldrand und am Hoftor weist kein Schild darauf hin, dass hier Ostdeutschlands erfolgreichster Vertreter im Musikgeschäft residiert.
Alexander Lysjakow, Gründer, Betreiber und Inhaber von Soundart Recording, braucht allerdings auch keine Werbung. Der 43-Jährige, lange Haare und Dreitagebart, aus dem beim Lächeln die Zähne blitzen, kann sich vor Nachfrage auch so schon nicht retten.
Gerade noch hat er mit den Bitterfelder Lokalmatadoren von Goitzsche Front deren ersten Platz 1 in den Charts gefeiert. Danach kam schon der Riesenerfolg des Frei.Wild-Albums „Rivalen & Rebellen“, das in den deutschen Jahrescharts auf Platz 2 direkt hinter Schlagerstar Helene Fischer landen wird.
Dann folgte ein Hitparadenplatz 2 für das neue Album der Band Unantastbar. Und gerade jetzt schiebt Lysjakow die letzten Spuren eines Frei.Wild-Live-Albums zusammen, das kurz vor Weihnachten erscheinen soll und auch wieder ganz vorn in Charts landen wird.
„Da ist schon immer mächtig Druck dahinter“, sagt Alexander Lysjakow. Aber nicht zu viel: Am Vormittag waren Sänger Philipp Burger und die anderen Frei.Wild-Musiker da, um den finalen Mix anzuhören. „Alles okay“, schmunzelt Lysjakow nun, „noch ein paar Änderungen, dann geht das Ganze raus.“
Muss auch, denn schon die bisher eingegangenen Vorbestellungen für das Werk werden Lysjakow wohl wieder bescheren, was seit Jahren kaum einmal ausbleibt, wie die Wände im Soundart-Studio zeigen.
Überall hier hängen sie, Goldene Schallplatten und Platin-CDs in logogeschmückten Rahmungen, ein paar stehen auch noch ungehängt herum. „Zu wenig Platz“, zuckt Alex, wie ihn in der Branche alle nennen, die Achseln.
Soundart Recording: So wurde ein Dessauer zum Produzenten von Frei.Wild, Goitzsche Front und Unantastbar
Doch es war ein langer Weg vom Nobody in Anhalt bis zum verlässlichen Goldschmied der Deutschrockstars und zur ersten Adresse für harte Metal-Produktionen im ganzen Land.
Lysjakow, in Treuenbrietzen geboren, aber schon als kleines Kind mit seiner Familie nach Dessau umgezogen, ist musikalisch eigentlich ein Spätstarter.
„Mit 18 oder so“, erinnert er sich, habe er überhaupt erst begonnen, ein Instrument zu lernen. Mit der Dessauer Rockband Down Below, bei der Lysjakow den Bass spielt, macht er dann trotzdem Karriere:
Das Sextett ist über Jahre Sachsen-Anhalts vielversprechendste Rockband. Die Dessauer spielen bei „Rock am Ring“ und im Vorprogramm von Unheilig und einmal holen sie sogar den 3. Platz bei Stefan Raabs „Bundesvision Song Contest“.
Alex Lysjakow weiß aber eigentlich damals schon, „dass mich mehr die technische Seite interessiert“. Lieber als auf der Bühne zu stehen, sitzt er im Studio. Lieber als Bass zu spielen, tüftelt er an Sounds und entwirft komplexe Klanglandschaften. „Ich wollte immer wissen, wie bekommst du eine Atmosphäre eingefangen“, erinnert er sich.
Damals steckt die Computertechnik, die das Regiepult von Soundart heute dominiert, noch in den Kinderschuhen. „Das war alles groß, teuer und unpraktisch“, sagt Lysjakow, der eigentlich am Bauhaus hatte Design studieren wollen, dann aber in Köthen Umwelttechnik belegt. „Das war gar nichts für mich“, sagt er heute.
Soundart Recording aus Dessau sorgt für den guten Klang der harten Deutsch-Rocker
Lysjakow geht nach Berlin, studiert Tontechnik, macht seinen Abschluss und steht dann da. „Es gab keinen Job für mich, leider.“ Oder besser zum Glück, aus heutiger Sicht.
Denn so entsteht der Plan, ein eigenes Tonstudio zu eröffnen. In Dessau, denn Lysjakow will nicht weg wie so viele andere. „Dessau war immer ein Kreativnest“, sagt er, „aber mit Werbetrailern war trotzdem nichts zu verdienen.“
Stattdessen verlegt sich der junge Unternehmensgründer auf Rock- und Pop-Produktionen. „Und eines Tages war eine Dresdner Metalband hier, deren Produzent auch Frei.Wild produzierte.“
Die Südtiroler, heute neben den Toten Hosen, Rammstein und den Böhsen Onkelz Marktführer im Segment harter Rock mit deutschen Texten, sind damals noch eine weitgehend unbekannte Truppe. „Aber als deren Produzent um Hilfe bat, habe ich mir das angehört und gleich gedacht, die Jungs haben was.“
Alexander Lysjakow legt Hand an „Mitten ins Herz“ und das Album wird ein Überraschungserfolg. „Zu Konzerten der Jungs kamen damals bloß 150 Leute, aber wir haben 2.000 Alben verkauft und uns gefreut.“ Lysjakow lacht.
So viele Käufer findet ein Frei.Wild-Album heute pro Tag. Glück für ihn, dass er die Band traf? Glück für die Band, dass sie ihrem künftigen Stamm-Produzenten begegnete? Man sei „zusammen gewachsen“, sagt der Dessauer und meint es mit und ohne Leerstelle zwischen den Worten:
Auf der letzten Tour stand Lysjakow oft hinten in der Halle und fühlte sich fast eingeschüchtert von dem, was aus dem rohen Rock für das „Land der Vollidioten“ geworden ist, wie ein Lied damals hieß. „Eine Riesenmaschine mit 100 Mitarbeitern und riesige Verantwortung“, sagt er.
Die zu tragen, braucht es Vertrauen zueinander. Lysjakow weiß um alle Vorwürfe, die Frei.Wild-Sänger Philipp Burger immer wieder gemacht werden. „Ich kenne ihn jetzt zwölf Jahre“, sagt er, „und ich halte das alles für Quatsch.“
Burger sei ein unglaublich kreativer Mensch, empfindsam und offen, was seine Vergangenheit in einer Skinhead-Band angeht. „Er war 18, er hat sich davon losgemacht und gesagt, dass es ein Fehler war“, sagt Lysjakow. Wenn eine Gesellschaft junge Menschen nicht verlieren wolle, dann müsse sie sagen, „okay, wer glaubhaft neu anfängt, verdient eine zweite Chance“.
Soundart Recording: Mit Frei.Wild kommt der Dessauer Produzent groß ins Geschäft
Alex Lysjakow hat den Tag nie bereut, an dem er die vier Südtiroler zum ersten Mal traf und die unglaubliche gemeinsame Reise in den Rockhimmel begann.
Zwölf Jahre später ist er nicht mehr nur der Mann, der den Aufnahmeknopf drückt, sondern Arrangeur, Berater und kreativer Hinweisgeber nicht nur für harte Rockbands, sondern auch für Schlagerstar Guildo Horn, NDW-Ikone Hubert Kah und die Dessauer Schlagersängerin Annemarie Eilfeld.
Stilistische Berührungsängste kennt Alexander Lysjakow nicht, ganz im Gegenteil. „Ich höre alles“, sagt er, „aber immer analystisch“. Klar, träumt er doch den Traum aller Produzenten: „Einmal irgendwo im Urlaub am anderen Ende der Welt zufällig das Radio anschalten - und es kommt ein Lied, das man selbst produziert hat.“ (mz)