Bilanz nach Eingewöhnungszeit So bewerten die einstigen Konkurrenten Robert Recks erste 100 Tage als Dessau-Roßlauer Oberbürgermeister
Vor genau 100 Tagen trat Robert Reck sein Amt als parteiloser Oberbürgermeister an. Die MZ wollte von seinen einstigen Konkurrenten wissen: Wie schlägt er sich und was hätten sie anders gemacht?

Dessau-Roßlau/MZ - Genau 100 Tage ist es her, dass Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Robert Reck (parteilos) am 1. August 2021 seinen Dienst an der Verwaltungsspitze im Dessauer Rathaus antrat. Im Wahlkampf versprach er, die Wirtschaft und Kultur zu stärken und die Kommunikation zu verbessern. Damit setzte er sich in der Wahl gegen sieben andere Kandidaten durch. Wie schauen sie, nach Recks Eingewöhnungszeit im Rathaus, auf ihren einstigen Konkurrenten? Das haben Daniel Salpius, Heidi Thiemann, Sylke Kaufhold und Oliver Müller-Lorey gefragt.
Eiko Adamek

Am Ende lief es auf einen von beiden hinaus: Der Stadtrat Eiko Adamek oder der Wirtschaftsdezernent Robert Reck. Als Favorit gestartet, musste sich der CDU-Kandidat Adamek im direkten Stechen schließlich deutlich geschlagen geben. Die Niederlage hat er nach eigenem Bekunden gut verarbeitet. „Mir geht es super!“, lässt er wissen. Familie und Freunde hätten ihm damals Rückenhalt gegeben, die CDU ihm das Vertrauen ausgesprochen.
Die Arbeit des neuen OB jetzt schon zu bewerten, sei schwierig, findet Adamek. Reck habe mitten in der Sommerpause angefangen und was in den letzten Wochen vollbracht wurde, habe schon vor dessen Amtsübernahme begonnen. „Das kann man jetzt also nicht alles allein dem Oberbürgermeister anrechnen.“
Hätte er als OB etwas anders gemacht? „Dass ich in so kurzer Zeit etwas anders hätte machen können, glaube ich nicht“, gibt Adamek zu. Er sei jetzt gespannt, wie Reck die Verwaltungsstruktur umbauen wolle. Auch Adamek hatte den Umbau der Verwaltung in seinem Wahlprogramm und wartet nun ungeduldig auf Recks Vorschläge. Ich hatte gehofft, dass wir schon zu Beginn der Haushaltsdebatte darüber sprechen würden. „Gespannt bin ich auch, was in Sachen Stadtentwicklung passiert. Da müssen wir dringend Dinge in Bewegung bringen“, mahnt Adamek. „Ich denke aber, wir können da etwas erwarten in den nächsten Wochen.“
Reck und er hätten sich nach der Wahl jedenfalls gegenseitige Unterstützung zugesagt. Differenzen zwischen ihnen gebe es nicht.
Jakob Uwe Weber

Hoffnungen auf den OB-Titel hatte sich der Mosigkauer Ortsbürgermeister Jakob Uwe Weber gemacht. Am Ende war er vom Wählervotum allerdings so enttäuscht, dass er seinen vollständigen Rückzug aus der Kommunalpolitik zum Jahresende angekündigt hatte. Eine Antwort, wie er Recks bisherige Arbeit einschätzt, gibt es von Jakob Uwe Weber nicht. - Aus Gründen „der politischen Hygiene“ kommentiere er nichts.
Ralf-Peter Weber

Der unabhängige Kandidat Ralf-Peter Weber, der Mitglied der Grünen ist, war als einer der Favoriten für den OB-Posten gehandelt worden. Mit seiner Niederlage habe er sich abgefunden, sagt er. Als Inhaber eines Hotels gebe es genug zu tun. Was seine Bewertung von Robert Reck angeht, sieht er schon in den ersten 100 Tagen - obwohl er diese als „Schonfrist“ bezeichnet - Kritikpunkte. „Ich hätte mir gewünscht, dass das Rathaus offener wird, man ohne Termin hineinkommt und die Wartezeiten weniger lang sind“, sagt er.
Dass Reck offenbar zunehmend aus der regionalen Zusammenarbeit - etwa in Sachen Wirtschaftsförderung - aussteige, sei „bedauerlich“. Die wahre Nagelprobe stehe Reck aber erst noch bevor, sagt Weber: beim Haushalt 2022.
Karsten Lückemeyer

Der auch als „Astronaut“ bekannte unabhängige Kandidat Karsten Lückemeyer will sich nach 100 Tagen noch kein richtiges Urteil erlauben. Zu sehen sei aber bereits jetzt, dass Robert Reck ein stiller OB sei. „Man bekommt nicht viel von ihm mit, aber das ist in Ordnung. Er muss ja nicht im Rampenlicht stehen, um seine Arbeit gut zu machen.“ Ob er das tue, könne man erst später sagen.
Sebastian Rumberg

Im Vorfeld der OB-Wahl hatte ihn mancher gar nicht auf dem Schirm, am Ende aber war der Unternehmer Sebastian Rumberg so etwas wie der heimliche Wahlgewinner. Aus dem Stand schaffte es der in der Kommunalpolitik bislang unbekannte Mann auf den vierten Platz. Rumberg, der nicht nur mit der Waldorfschule Erfolge vorweisen konnte, sondern auch um den Zuzug junger Familien wirbt, hatte vor kurzem um ein Treffen beim neuen Oberbürgermeister gebeten. Dort habe der Medienprofi für seine Wahlkampfthemen geworben, bei Reck aber „keine Begeisterung gespürt. Das finde ich schade“. Rumberg wünscht sich daher, dass vom neuen Stadtoberhaupt „deutlich mehr Impulskraft ausgeht, dass er mehr Signale nach außen setzt, damit junge Familien, Arbeitgeber und Unternehmer in die Stadt kommen“. Dass Dessau-Roßlau immer weiter an Einwohnern verliert, müsse ein Weckruf sein. „Man kann nicht warten, bis die Stadt auf 65.000 Einwohner schrumpft“, sagt der Mann, der erst vor acht Wochen zum dritten Mal Vater geworden ist. Der Mosigkauer will sich selbst aber auch weiter um seine angeschobenen Projekte kümmern. Vor kurzem erst ist er in die FDP eingetreten und will die Fraktionsarbeit im Stadtrat unterstützen.
Frank Lehmann

Der unabhängige Kandidat Frank Lehmann, der sich als engagierter Dessauer um das erste Amt der Stadt bewarb, zeigt sich zufrieden mit den ersten 100 Amtstagen seines einstigen Kontrahenten. „Ich denke, es ist dem OB bisher gut gelungen, die Stadt auf seinen Kurs zu lenken“, findet Lehmann. Als positiv hebt er heraus, dass Reck mit der Bürgersprechstunde ein neues Format des Bürgerdialogs platziert hat und eine wahrnehmbare Präsenz in der Öffentlichkeit hat. Vorteilhaft sei für ihn, dass er die Verantwortung aus der Verwaltung heraus übernommen habe. Das verkürze den Prozess. Für die Zukunft wünscht sich Lehmann vom OB „mehr Transparenz über Ziele, Projekte, Probleme und deren Umsetzung“.
Lutz Büttner

Lutz Büttner, Stadtrat und OB-Kandidat der AfD, blickt ebenfalls positiv auf die ersten 100 Tage des neuen OB. „Er macht seinen Job recht ordentlich“, so Büttner auf Nachfrage. Was auch ihm besonders gut gefällt: „Reck stellt sich den Fragen der Einwohner direkt in seiner Bürgersprechstunde. Das ist super.“ Unter seinem Vorgänger habe es so etwas nicht gegeben. Während man als Bürger bei der Verwaltung oft zwei bis drei Monate auf Bearbeitung von Anliegen warte, reagiere der OB da viel schneller, lobt Büttner. Ihn selbst treibe besonders das Thema um, wie die Jugend in Dessau Roßlau zu halten sei. „Da will Reck kulturelle Angebote schaffen.“ Das sei richtig. „Ich finde den neuen OB unterm Strich also gut und wünsche ihm auch alles Gute. Das kommt von Herzen“, fasst Büttner zusammen.