Schienen an Haustreppe als Hürde Schienen an Haustreppe als Hürde: Roßlauer Wohnungsgenossenschaft will Mieterin mit Handicap nicht helfen

Roßlau - Als Mieterin der Roßlauer Wohnungsgenossenschaft (RWG) ist Annemarie Schaller bitter enttäuscht. „32 Jahre wohne ich hier, habe meine Miete immer pünktlich gezahlt, und wenn ich dann mal etwas will, wird es abgelehnt“, macht die 68-Jährige ihrem Ärger Luft.
Streitpunkt sind die Kinderwagenschienen auf der Hauseingangstreppe. Annemarie Schaller hatte darum gebeten, eine der beiden Schienen für ein paar Wochen abzumontieren, damit sie nach einem Sturz die Treppe benutzen kann.
Die Roßlauerin ist Ende Oktober gestürzt und hat sich dabei die rechte Schulter gebrochen. Eine schmerzhafte und langwierige Angelegenheit. „Ich kann mit dem rechten Arm weder zufassen noch ihn anheben“, schildert die alte Dame ihr Handicap.
„Die Treppe vor unserer Haustür ist für mich ein unüberwindbares Hindernis“
Das heißt, sie kann sich auch nicht am Treppengeländer festhalten, wenn dieses auf der rechten Seite liegt. „Damit ist für mich die Treppe vor unserer Haustür ein unüberwindbares Hindernis, denn ich müsste auf der linken Seite runter und auf der rechten hochgehen, so dass ich mich immer mit der linken Hand abstützen kann.“
Weil die Schiene laut RWG dranbleiben soll, ist die 68-Jährige in den nächsten Wochen immer auf fremde Hilfe angewiesen, wenn sie die Wohnung verlassen will. Tochter und Schwiegersohn kümmern sich sehr, „aber sie sind berufstätig und haben zwei kleine Kinder, die kann ich nicht immer in Anspruch nehmen“, sagt Annemarie Schaller.
Tochter Ines Schaller-Henker ist verzweifelt. „Es muss jetzt immer jemand dabei sein, wenn Mutti versucht, die steile Treppe runterzukommen, das können wir nicht wochenlang realisieren.“ Die junge Frau arbeitet als Tagesmutter in Roßlau, ihr Mann ist als Tagesvater in Dessau tätig. „Wir können also auch nicht zwischendurch mal weg, wenn Mutti zum Beispiel zum Arzt oder zur Therapie muss.“
Seit Ende Oktober von der Roßlauer Wohnungsgenossenschaft vertröstet
Dass die Roßlauer Wohnungsgenossenschaft ihre Bitte ablehnte, ist für die beiden unverständlich. „Die Schienen sind mit Schrauben befestigt, wir würden sie sogar selbst an- und abschrauben“, sagt Ines Schaller-Henker.
Kinderwagen und Rollatoren, für die die Schienen angebracht wurden, seien derzeit im Haus nicht vorhanden, so die Tochter. „Es würde reichen, wenn eine Schiene abmontiert würde, so dass die Radfahrer ihrer Räder noch hochschieben können.“
Vorgebracht hat Familie Schaller-Henker die Bitte schon, als die Mutter noch im Krankenhaus war, also Ende Oktober. „Erst haben sie uns mehrmals vertröstet, dann gesagt, dass sie es nicht machen werden. Mutti müsste dann eben drin bleiben für die Zeit.“
Zustimmung in diesem Fall, könnte weitere Mieter auf ähnliche Ideen bringen
Auf Nachfrage der MZ wollte sich Geschäftsführerin Katrin Torge zu dem Fall nicht äußern, sondern behielt sich die Prüfung und Rücksprache mit dem zuständigen Kollegen vor. Sie deutete aber an, dass sie befürchte, dass bei Zustimmung hundert weitere Mieter kommen könnten, die das auch wollten.
Sie bat darum, das Gespräch am nächsten Tag fortsetzen zu können. Dann sei sie aussagefähig. Die Kontaktbemühungen der MZ am Dienstag liefen bei der Wohnungsgenossenschaft ins Leere. (mz)