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Sandstrände laden zum Baden ein Sandstrände bei Dessau-Roßlau laden zum Baden ein: Experten warnen vor Leichtsinn in der Elbe

Von Silvia Bürkmann 20.07.2017, 14:59
Die Elbe zwischen Dessau und Roßlau.
Die Elbe zwischen Dessau und Roßlau. Archiv/Kehrer

Dessau-Rosslau - Wer an der Elbe lebt, der hat das kostenfreie Freibad vor der Haustür. Das Baden im Fluss hat gerade im Hochsommer seinen Reiz. Allerdings werden die Gefahren der Elbe zu oft unterschätzt. Viele Schwimmer bezahlten solche Badeausflüge in den vergangenen Jahren mit dem Tod.

2016 ertranken bei Schönebeck zwei junge Männer

So kostete im Juni 2016 bei Schönebeck zwei junge Männer ein Flussbad in der Elbe das Leben. Offenbar, weil es sich bei den aus Syrien stammenden Unfallopfern um unkundige oder ungeübte Schwimmer handelte.

Die Wasserschutzpolizei der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt warnt aber auch: „Die Elbe ist als Fließgewässer von Untiefen und Unterströmungen geprägt“, so der Magdeburger Hauptkommissar Olaf Thielecke. Er selbst würde niemals zum Baden in die Elbe steigen: „Der Fluss ist unberechenbar.“ Und der weit bekannte Spruch, bei Niedrigwasser könne man die Elbe in Dresden zu Fuß durchqueren, sei ein gefährlicher Trugschluss.

Elbe ist und bleibt vor allem eine Schifffahrtstraße

Den Beweis hatte im August 2015 der Radio-Moderator Daniel Johé geliefert. Der damals 33-Jährige wollte die nur 54 Zentimeter tiefe Elbe zu Fuß durchlaufen, gesichert von Helfern der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft.

Die ersten Schritte klappten, ab der Flussmitte aber wurde die Strömung zu stark, riss Johé erstmals von den Beinen und schob ihn 300 Meter flussabwärts. Nach zwei Drittel tappte der Herausforderer in die ausgebaggerte Fahrrinne, verlor plötzlich und endgültig den Boden unter den Füßen und gab auf.

An diesen Auftritt erinnert sich auch Klaus Kautz, Chef der Wasserstraßenverwaltung des Bundes (WSV) im Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden. „Das hat klar gezeigt: Die Elbe ist auch bei dem größten Niedrigwasser nicht zu durchlaufen. In der Mitte ist die Strömung einfach zu stark.“

Hinzu kommt: Die Elbe ist eine internationale Binnenschifffahrtsstraße, die von der Berufs- und Sportschifffahrt genutzt wird. Im freifließenden Gewässerabschnitt sind Strömungen, Strudel und ungleichmäßige Strukturen der Elbsohle vorhanden. Und Anlagen wie Buhnen, Deckwerke, Brückenpfeiler oder Senkrechtufer bergen Gefahren für Freizeitsportler.

Das Baden und Schwimmen in der Elbe ist prinzipiell erlaubt. Eine Ausnahme bildet die Stadtstrecke Magdeburg mit einem strikten Verbot. Für ihren Zuständigkeitsbereich von der Staatsgrenze bis zur Saalemündung hat die WSV Dresden die Regeln und Sicherheitshinweise nach Verordnung des Bundes gebündelt.

Bade-Einschränkungen gibt es an Brücken und Wehren

Demnach ist Baden und Schwimmen in der Elbe jeweils 100 Meter ober- und unterhalb einer Brücke, eines Wehres, einer Hafeneinfahrt, einer Liegestelle oder einer Anlegestelle der Fahrgastschifffahrt und im Arbeitsbereich der Geräte und Bagger verboten. Schwimmverbot gilt ebenfalls bis 100 Meter ober- und unterhalb der Überfahrtlinie von Motorfähren oder der Seilanlage von Gierseilfähren sowie 100 Meter ober- und unterhalb der Einmündung der Saale in die Elbe.

Wird eine der Regel nicht beachtet, kann es zu tragischen Unfällen kommen. So erinnert Kautz an den August 2016, als sich ein Stehpaddler an der Gierseilfähre Rathen im Drahtseil verfangen hatte, unter Wasser gezogen wurde und ertrank.

Viele unterschätzen die Elbe und überschätzen sich selbst

Freizeitsportler, die mit ihren Fahrzeugen ohne Zulassung und Fahrerlaubnis die Elbe nutzen können, sollten nach Ansicht der Behörden die grundsätzlichen Verkehrsregeln kennen - wie Fahrradfahrer oder Fußgänger auf der Straße, plädiert Kautz . Aber eben das sei das Problem: „Man unterschätzt die Elbe und überschätzt sich selbst.“

Die Wassersportler aus Dessau und Roßlau wissen ziemlich gut, wie sie mit der Elbe umzugehen haben. „Sie hat durchschnittlich vier bis fünf km/h Fließgeschwindigkeit. Da gilt: Sicherheitsabstand vor passierenden Schiffen. Die werfen einen langen Sichtschatten, in dem der Schiffsführer einen Schwimmer oder Kanuten gar nicht wahrnehmen kann“, sagt Thomas Steinberg von der Junkers Paddelgemeinschaft.

Die macht sich seit zehn Jahren mit verdient um die Ausrichtung und Organisation des Dessauer Elbebadetages. Das Durchschwimmen der Elbe - unter wachsamen Geleit vom DRK auf Motorbooten - gehört zu den Höhepunkten des mehrtägigen Festes am Leopoldshafen Dessau.

Zuletzt fand der Elbebadetag 2016 statt und pausiert 2017. Über die Fortsetzung der Tradition Flussbaden will der Kiez-Verein als Träger und Veranstalter für viele Mitwirkende im Herbst entscheiden und gegebenenfalls die Planungen anschieben.

An der Elbe herrscht Artenschutz in Kernzonen

Wie schön es sein kann, sich an einem heißen Tag im kühlen Fluss zu entspannen, weiß auch Michael Unruh von der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe zu schätzen.

Wenn sich die Menschen umsichtig bewegen und die Wege im Naturschutzgebiet nicht verlassen, spräche „nichts dagegen, ins Waser zu hüpfen“, sagt der Mitarbeiter vom Arten- und Biotopschutz. Dem Menschen müsse nur bewusst sein, dass er sich den wertvollen Naturraum mit anderen Bewohnern teile und nicht für sich allein beanspruchen kann.

In Kernzonen aber achte das Reservat streng auf den Artenschutz. Wie zum Beispiel an der Fohlenweide. So wird der bei Niedrigwasser oft austrocknende Flussabschnitt der Mulde kurz vor der Elbemündung genannt. Die weißen Sandbänke locken immer wieder Sonnenbader heran. Die „Fohlenweide“ aber ist das Brutgebiet für den Flussregenpfeifer. Und der steht während der Brutzeit bis Ende Juli unter dem Schutz des Reservats. (mz)