Sachsen-Anhalt-Tag Sachsen-Anhalt-Tag: Der Mann mit der Gitarre

Dessau/MZ. - "Da ist Feuer drin, das geht richtig gut ab", ist er überzeugt, dass das Lied das Zeug dazu hat.
Dass es bei den Dessau-Roßlauern und ihren Gästen gut ankommt, dafür sorgen die jungen Muldespatzen. Seit März singen die acht 7- bis 10-Jährigen zusammen und haben den Song inzwischen richtig gut drauf, wie Günther Bohm findet. Am 27. Juni wird das Sachsen-Anhalt-Lied im Krötenhof seine öffentliche Uraufführung feiern. Um 18 Uhr sind alle Dessau-Roßlauer herzlich eingeladen dabei zu sein, und den Song vielleicht schon mal ein bisschen einzustudieren - damit das Mitsingen am ersten Juli-Wochenende klappt.
Lampenfieber wird Günther Bohm auch bei dieser Premiere wieder haben. Obwohl er schon weit über 100 Lieder geschrieben und auf die Bühne gebracht hat. "Es ist immer wieder neu", sagt der 69-Jährige, der vor nunmehr 45 Jahren die Singebewegung in Dessau begründet hat.
Das war Pfingsten 1967. Da hatte die "Singegruppe Dessau" ihren ersten Auftritt. Nach zwei Jahren wurde daraus der "Singeklub Freundschaft" und mit diesem zog Günther Bohm nicht nur durch hiesige Lande, sondern feierte auch im damaligen kapitalistischen Ausland viele Erfolge. "Das waren große Erlebnisse für uns damals", schwärmt er noch heute.
Dem Oktoberklub und Perry Friedman hat Dessau seine Singebewegung zu verdanken. Diese hatte Bohm nämlich vor 45 Jahren begeistert. "Das fand ich toll und wollte so etwas auch machen", beschreibt er den Anfang. Damals war Bohm 24 Jahre jung und hätte "nie gedacht, dass es so viele Jahre werden."
Zwölf verschiedene Formationen hat Günther Bohm im Laufe der 45 Jahre geleitet. Nach dem Singeklub Freundschaft (1969-85) folgten die Arbeiterliedgruppe Dessau (86-87), der Singeklub "Kleiner Trompeter" (88-90), die Gruppe Regenbogen und schließlich die Mulde-spatzen mit ihren jeweils wechselnden Besetzungen. Letzte wiederum werden noch lange von ihren gemeinsamen Touren mit Rolf Zuchowski schwärmen.
Ein Mann der großen Töne ist Günther Bohm zumindest in Worten nicht. Doch stolz ist der 69-Jährige dennoch. "Mit meinen Klubs und Gruppen habe ich ein Stück Musikgeschichte in der Stadt geschrieben", denkt er. Die Auszeichnungen mit dem Händelpreis und dem Wilhem-Müller-Kunstpreis der Stadt dürften beredter Beweis dafür sein.
Verändert haben sich in den Jahren der Singebewegung nicht nur die Gesichter in den Gruppen. "Früher sind wir mit Gitarre und Bass losgezogen, heute geht nichts ohne große Technik, wird die Musik vorher im Studio eingespielt". Spaß aber habe es früher genauso gemacht wie heute. Verändert haben sich natürlich auch die Inhalte der Texte. "Die DDR-Singebewegung war sehr politisch geprägt, das ist natürlich heute freier geworden. Aber von Heimatliebe und Freundschaft singen wir auch heute noch."
Im November 1978 fand das 1. Podium des Arbeiterliedes in Dessau statt. Eine international besetzte Veranstaltung, die von Günther Bohm ins Leben gerufen und ein echter Höhepunkt im Kulturleben der Stadt und darüber hinaus geworden war. Zur 12. Auflage am 6. November 1989 waren die Gäste schon angereist, "aber angesichts der Ereignisse im Land haben wir sie wieder nach Hause geschickt", erzählt Bohm.
"Es macht noch immer Spaß", hebt Bohm fast ein wenig verlegen die Schulter. Die Arbeit mit den Kindern und das gemeinsame Singen begeisterten ihn noch immer. "Deshalb freue ich mich auch sehr auf die Arbeit mit der ganz jungen Gruppe jetzt, es ist noch mal ein Neuanfang für mich." Ob es der letzte sein wird, will Bohm indes nicht bejahen. "Von der Bühne werde ich mich langsam zurückziehen und der Jugend Platz machen, aber Texte schreiben und Lieder einstudieren, da sage ich noch nicht Schluss." Und so wundert es auch keinen, der Günther Bohm näher kennt, dass er für die 800-Jahr-Feier Dessaus im nächsten Jahr "ein großes Werk schreiben will".