Rückblick ohne Groll Rückblick ohne Groll: Museum erinnert an die Dessauer NVA zur Wendezeit

Roßlau - Dokumente, Schriftverkehr, Artikel, Fotos, Uniformen, Abzeichen, Stichwaffen, Pistolen und Gewehre haben Peter Blümer und seine Mitstreiter im Militärhistorischen Museum am Roßlauer Finkenherd zusammengetragen, um Besucher auf eine Zeitreise mitzunehmen. „Die Dessauer NVA-Einheiten im Zuge der Wende“ war die Sonderausstellung betitelt, die am Sonnabend und Sonntag der Öffentlichkeit präsentiert wurde.
Blümer, Vorsitzender des Fördervereins des Militärhistorischen Museums Anhalt, hat zur Wendezeit 1989/90 in der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in Dessau gedient. Blümer war Teil des in Dessau stationierten Funkaufklärungsregiments 2.
Im Herbst 1988 rüstete die DDR die seit 1963 in Dessau stationierte NVA-Funkabteilung noch einmal auf
Vom heutigen Verwaltungshochhaus des Landesverwaltungsamtes in der Kühnauer Straße und von einer Funksendestelle in Scheuder fingen im Schichtdienst die Funkaufklärer militärische Sendungen der NATO, ab. In der gesamten DDR waren rund 1.000 Aufklärer im Einsatz, um unter anderem Informationen über Truppenbewegungen, Befehle und Strategien des westlichen Verteidigungsbündnisses in Zentraleuropa abzufangen.
„Ich würde uns nicht als Spione, sondern eher als militärische Aufklärer bezeichnen“, sagt der heute 61-Jährige. Im Herbst 1988 rüstete die DDR die seit 1963 in Dessau stationierte NVA-Funkabteilung noch einmal auf. Ein Zehn-Meter-Parabol-Satellitenspiegel, der noch heute an der Alten Landebahn steht und von den Funkamateuren verwendet wird, sollte die NVA-Funkaufklärer in ihrer Arbeit unterstützen. Die Weichen für die Zukunft waren gestellt. „Es gab schon konkrete Gespräche, unsere Einheit und den gesamten NVA-Standort Dessau bis Mitte der Neunziger weiter aufzuwerten“, erinnert sich Blümer. Doch dann kam der Sommer 1989, der Anfang vom Ende der DDR und der NVA.
„Die Zeit 1989/90 war auch für die NVA-Einheiten in Dessau eine sehr aufwühlende“
„Die Zeit 1989/90 war auch für die NVA-Einheiten in Dessau eine sehr aufwühlende“, berichtet Blümer. „Wenn man damals die Zeitungen gelesen hat, war man doch stark über die geschilderten Umstände verwundert“, erinnert er sich. Dass die NVA die friedliche Revolution mitgetragen hat, ist in der Retrospektive ein glücklicher Umstand.
Das Waffenarsenal war voll, ein Militärputsch nicht gänzlich auszuschließen. Doch auch in Dessau fügte sich die NVA friedlich den Umständen und schrieb sogar Geschichte. Am 31. Januar 1990 wurden eingesammelte Waffen von Kampfgruppen durch Überrollen mit einem Panzer unbrauchbar gemacht und später zur Friedensglocke gegossen.
Bis Ende 2006 blieb Dessau Bundeswehrstandort
Rund 450 Kameraden wurden in Dessau zum 3. Oktober 1990 in ein Bundeswehr-Pionierbataillon überführt. Bis Ende 2006 blieb Dessau Bundeswehrstandort. Das Funkaufklärungsregiment 2 wurde im Zuge der deutschen Einheit nicht mehr gebraucht und aufgelöst.
200 Soldaten, darunter Blümer, wurden entlassen. Losgelassen hat den Diplom-Ingenieur diese Zeit aber bis heute nicht. Als Funkamateur, durch die Vereinsarbeit im Militärhistorischen Museum in Roßlau sowie durch ein von ihm verfasstes Sachbuch zur Funkaufklärung der DDR bleibt er seiner früheren Arbeit verbunden. (mz)