Rosige Zeit fürs Graue Haus Rosige Zeit fürs Graue Haus: Ausstellungszentrum fürs Gartenreich kommt nach Wörlitz

Wörlitz - Fürstin Louise (1750-1811) hätte den nun drohenden Trubel im Grauen Haus mit Sicherheit gehasst. Als sie sich immer mehr von ihrem Gatten Franz entfernt, wird ihr das Haus nahe der Wörlitzer Kirche zum liebsten Rückzugsort.
Hier kann sie sich dem Besucherstrom ihres gastfreundlichen Mannes entziehen; sie ist es leid, ihre Privaträume im Wörlitzer Schloss für Touristenströme verlassen zu müssen, die schon vor mehr als 200 Jahren durch das Landhaus von Fürst Franz von Anhalt-Dessau pilgern und dem Avantgardebau des Architekten Friedrich Wilhelm von Erdmannsdorff huldigen. Am 22. November 1790 macht die Fürstin Nägel mit Köpfen und zieht um. „Graues Kloster“ nennt sie ihren Rückzugsort selbst. Bis wenige Wochen vor ihrem Tod lebt sie dort.
Millionen längst verplant - 2022 soll neues Ausstellungszentrum eingeweiht werden
Heute hört man lieber die Bezeichnung „Haus der Fürstin“, und ab 2022 soll es mit der Ruhe im zweiteiligen Komplex gegenüber vom Wörlitzer Küchengebäude auch endgültig vorbei sein. Dann wird dort das neue Ausstellungszentrum der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz eröffnet. Den entsprechenden Fördermittelbescheid über das Geld für die baulichen Maßnahmen überbrachte am Mittwoch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) persönlich. 3.353.600 Euro wurden der Kulturstiftung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bewilligt. Geld, das komplett verplant ist, denn der Ablauf der grundhaften Sanierung des Gebäudes steht längst fest.
„Die bauliche Einrichtung und Vorarbeiten haben schon begonnen“, erzählt Julia Ott-Stolze, die seitens der Kulturstiftung Dessau-Wörlitz das Vorhaben aus baulicher Sicht betreut. Sie kündigt an, dass das Haus der Fürstin demnächst komplett eingerüstet sein wird und vom Dach bis zum Keller zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Generalsanierung erfährt. „Vorher wurden nur einzelne Räume aufgehübscht“, ergänzt ihr Kollege Robert Hartmann. Zuletzt geschah dies vor zwei Jahren, als mit der Angelika-Kauffmann-Ausstellung die letzte Sonderausstellung im Haus zu sehen war.
Ausstellungszentrum soll das ganze Gartenreich in den Blick nehmen
Im neuen Ausstellungszentrum soll freilich das ganze Gartenreich in den Blick genommen werden. So kündigt es Stiftungsdirektorin Brigitte Mang für die erste Schau im Jahr 2022 an, ein Jahr später plane man eine Antikenausstellung. Laut Mang ist die Sanierung ein Teil des großen Masterplanes der Stiftung, in dem diese auch mit der Stadt Oranienbaum-Wörlitz die Einrichtung eines Welterbezentrums im Gelben Haus festlegt.
Verbunden ist mit all diesen Aktivitäten die Hoffnung, die Wörlitzer Anlagen und auch die Gartenreich-Stätten in der Region aus einer rein saisonalen Nutzung in ein ganzjähriges touristisches Ziel zu führen. „Mit der Winteröffnung des Schlosses kommen wir in eine Ganzjahresbespielung“, sagt Brigitte Mang.
Haseloff spricht von Besucherwellen, die geglättet werden sollen
Haseloff sieht das ähnlich und spricht von Wellen, die sich glätten ließen, wenn im Gartenreich und speziell in Wörlitz übers komplette Jahr etwas zu erleben sei. „Wir brauchen einen Grundsockel, der nachgefragt ist und dann Appetit auf mehr macht“, meint er. Das Ausstellungszentrum soll dieser Grundsockel sein.
Zu tun gibt es laut Julia Ott-Stolze bis dahin eine Menge. Dach, Fassade, Haustechnik – all dies wird erneuert und in Abstimmung mit den Denkmalpflegern so hergerichtet, dass es den modernen klimatechnischen Anforderungen für ein Ausstellungshaus entspricht. Die Expositionen sollen allein im Grauen Haus zu sehen sein. Auch die sich rechter Hand anschließende Galerie im gotischen Stil wird restauriert.
Mit dieser künftigen Nutzung endet der Dornröschenschlaf des Gebäudes, das nach dem Tod der Fürstin von der Familie von Anhalt weiter genutzt wurde und unter anderem auch Wohnhaus von Gartendirektor Hans Hallervorden war. 2006 war der letzte Mieter ausgezogen. (mz)